22. Kapitel

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Reika Pov.

Beschämt versuchte unsere Mutter Akinas Frage zu umgehen.
Doch wohin wollte sie diesmal flüchten?

,,Rück endlich raus mit der Sprache!" drängelte ich sie irgendwann, als ich begann langsam ungeduldig zu werden.

,,Ihr wusstet die Antwort bereits damals, wie auch heute." nuschelte die Gefangene seuftzend.

,,Das heißt du hast Verstorbene wieder ins Leben zurück gebracht? Wer war es?" fragte Akina interessiert nach.

,,Die Zeit damals war nicht leicht für unsere Familie. Wir bekamen allerlei Anfragen von Adeligen die unsere Töchter zur Frau nehmen wollten.
Ein gutes Bild abzugeben wurde zur Notwendigkeit. Ekarius und ich arbeiteten hart für das Ansehen, welches wir besaßen. Wie erwartet gab es eine erschütternde Wende in dieser idyllischen Geschichte."

,,Du sollst uns keine Geschichte erzählen, sondern die Wahrheit!" fügte Ayato genervt ein. 
Leonore ignorierte dies kalt.

,,Wie ihr wisst, hat Ekarius eine Schwester. Eure Tante Sylva und euer Vater haben sich öfters in die Haare bekommen, gerade auch was euch anbelangte. Sie war der Meinung, euer Cousin solle der Mann von Yasu werden. Dies konnten wir nunmal auf keinen Fall unterstützen. Wie es der Zufall so wollte, stritten die beiden gerade nach einem Zusammentreffen aller Verwandten. Ich bemerkte es zufällig, nachdem ich einige Zeit nach meinem Gatten gesucht habe. Als ich in unser gemeinsames Zimmer eintrat war es getränkt in Blut. Genau wie euer Vater. Ich wusste schon seit Anbeginn unserer Beziehung, dass er verrückt war und dass er mich damit eines Tages anstecken würde. Ich werde nie diesen Blick in seinem makellosen Gesicht vergessen. Völlig geistesabwesend mit aufgerissenen Augen. Er betrachtete eine Zeit lang den Kadaver von Sylva, bis er sich beruhigt hatte. Ich machte einen Schritt auf ihn zu, als er sich plötzlich panisch zu mir wandte. Er fiel zu Boden und zog mit seinen blutigen Händen an meinem Kleid. Ich trug ein weißes Kleid, das weiß ich noch ganz genau. Er sah mich bettelnd an und zitterte am ganzen Leibe. 'Hilf mir' hatte er gesagt. Er bittete mich darum, seine Schwester wieder zu beleben, wobei ich ihm gegebenenfalls half. Wir vertuschten all das über die Jahre hin. Sylva versprach mir, nichts zu erzählen als Gegenleistung ihrer Rettung. Und Ekarius. Er hatte damals nur zugesehen, ohne jegliche Emotionen zu zeigen."

Keiner hatte den Mut auch nur ein Wort auf diese Wahrheit auszusprechen.
Ich überlegte eine Zeit lang.
Akina und Ayato rührten sich ebenfalls nicht.
Er hielt ihre Hand und beobachtete sie.
Da musste ich an Shu denken.
Ich schweifte ab und bemerkte erst gar nicht, dass Ayato und Akina wieder das Gespräch mit ihr begannen.
Als wäre ich in einer anderen Welt, konnte ich kein einziges Wort ihrer Konversation hören. Ich versuchte mich wach zu rütteln, doch es ging nicht!
Verzweifelt machte ich einige Schritte auf Akina zu, ob ich sie erreichen konnte, bekam ich leider nicht mehr mit.
Das letzte was ich mitbekam, war mein schmerzhafter Sturz auf den harten Zellenboden.

Was nun in unserer Wirklichkeit passierte, werde ich wohl erst erfahren, wenn ich aus diesem Trauma wieder erwachen werde.
Es war wirklich so, als würde ich träumen.
Es war zwar alles undefinierbar, jedoch unglaublich bunt und außergewöhnlich.
Irgendwann klarte meine Sicht und ich befand mich in einem alten schwarz weiß Film.
Nach genauerem umschauen erkannte ich einige bekannte Merkmale, die das Haus, in welchem im stand, aufzuweisen schien.
Es war unser Elternhaus.
Momentan war ich alleine, jedoch hörte ich leise Musik ertönen.
Ich erinnerte mich an diesen Klang.
Es war ein Lied, welches ich meist nur an Familienfeiern gehört hatte.
Die Melodie kam aus dem Ballsaal.
Unser Anwesen war schon immer kleiner gewesen, als jenes der Sakamaki Brüder.
Doch kaum als ich mich wagte, einen Schritt vorwärts zu machen, öffnete sich links neben mir eine Türe.
Ein kleines, blauäugiges Mädchen mit weißem geflochtendem Haar kam mir entgegen gelaufen.
Gefolgt von einem rotäugigen Mädchen gleichen Alters.
Ihr langes schwarzes Haar war zu zwei Zöpfen gebunden, genau wie ich sie damals immer getragen hatte.
Diese Kinder waren ich und Akina.
An diese Kulisse konnte ich mich noch ganz genau erinnern, sowie an das, was gleich passierte.
Ich sah den beiden zu wie sie vergnügt die Treppe zum Zimmer unserer Eltern empor rannten. 
Glücklich lächelten sie. 
Die Türe zu genau diesem Zimmer begann sich langsam zu öffnen.

,,Halt! Bleibt stehen!" brüllte ich die beiden verzweifelt an.
Ich streckte ihnen meinen Arm entgegen und versuchte sie kläglich davon abzuhalten, das zu sehen, was sich dahinter verbarg.
Es war unsere Mutter, die nun mit bluttriefendem Gewand vor ihnen stand.
Den Tränen nahe wollte ich den drein entgegen laufen, die Mädchen beschützen.
Mich beschützen.
Jedoch war mir das nicht länger möglich.
Wie aus Zauberhand öffnete sich hinter mir ein schwarzes Loch, welches mich aus dieser Erinnerung zerrte.
Kurz bevor ich verschwand, stachen die plötzlich blutroten Augen meiner Mutter aus dieser grautönigen Welt hervor.
Sie sah mich grinsend an und streckte ihre Hände dem kleinen ich von mir und Akina entgegen.

,,Lass sie!" rief ich noch einmal aus tiefster Seele, bevor meine Sicht sich erneut verdunkelte und der furchtbare Trip in die Vergangenheit zu ende war.

Von wegen Opferbraut! 2 (Diabolik Lovers FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt