Eigentlich hatte ich noch zu Pyero gehen wollen, bevor ich mich ausruhte, doch Cellica war nicht davon abzubringen gewesen, dass ich mich erst einmal um mich selbst kümmern sollte. Sie versprach nach ihm zu sehen und sofort zu mir zu eilen, wenn es schlecht um ihn stehen sollte. Zwar war mir das auch nicht so ganz recht, meinen Verlobten trotzdem alleine zu lassen, doch war ich auch zu müde zum Diskutieren.
Langsam durchquerte ich den großen relativ quadratischen Raum, der für die nächsten Tage meiner sein sollte. An der Wand, links neben der Tür stand ein großer Schrank aus dunklem altem Holz. In das Material waren Wölfe eingeschnitzt, die miteinander spielten und über das Eis des Nordens rannten.
Aus demselben Material war auch das große Bett, welches an der linken Steinwand stand und übersäht war mit Fellen und Kissen. Doch bevor ich mich auf das Bett legte, lief ich auf das Fenster gerade aus zu. Ein großes rundes Loch war in den Stein und auch durch die dicke Eisschicht außerhalb des Kraters geschlagen worden. Die verbliebene Eisschicht vor dem Fenster war so dünn, dass ich das Schloss zu meiner rechten sehen konnte und die Berge, die hoch in den Himmel ragten. Von dort kam ich her und auch dorthin würde ich in kurzer Zeit wieder gehen, wenn alles gut verlaufen würde und Pyero bereit für die Reise nach Hause.
Schließlich ließ ich mich in die weichen Felle fallen und kuschelte mich tief hinein. Die Kälte war zwar hier in den Räumen aus Stein nicht allzu sehr zu spüren, doch war ich nicht an die eisige Luft gewöhnt, vor allem nicht nach den letzten Tagen.
Es war ein tiefer und traumloser Schlaf, in den ich verfiel. Keine Gedanken, Sorgen oder Ängste spukten durch meinen Geist, der einfach zu erschöpft war.
Als ich wach wurde, wusste ich zunächst nicht, wo ich mich befand. Noch im Halbschlaf roch ich den Duft von gebratenem Speck und frischem Brot. Ich genoss die angenehme Stille und die Wärme, die sich unter den Fellen gebildet hatte. Erst als ich langsam die Augen öffnete und die Umgebung betrachtete, merkte ich, wo ich mich befand.
Eilig, mit neuer Energie, sprang ich auf dem Bett. Es war dunkel geworden und jemand hatte einige Kerzen in meinem Zimmer angezündet. Auf einem kleinen Tisch unter dem Fenster stand das Essen, welches so sehr duftete. Hastig stopfte ich mir etwas von dem Brot in den Mund, welches ich eigentlich sehr viel lieber langsam genossen hätte, doch wollte ich Pyero so schnell wie möglich sehen.
Über einem Stuhl hing ein dicker langer Mantel aus weißem Stoff und Fell. Ich warf ihn mir über und bemerkte, dass ich noch immer die dreckig gewordene Kleidung der letzten Wochen trug. Ich konnte es kaum erwarten zu duschen und etwas Neues anzuziehen. 'Später', dachte ich und verließ mein Zimmer. Der Gang war leer und düster. Fackeln, die sacht in einem Durchzugswind wehten, wiesen mir den Weg zurück zum Ausgang aus dem Kraterrand. Ich lief einige Meter und blieb dann vor einer Tür an der linken Wand stehen. Hier war das Zimmer meines Bruders. Auch nach ihm wollte ich einfach mal sehen und klopfte so leise an die Holztür. Doch nichts regte sich dahinter. Vorsichtig drückte ich die Klinke herunter und betrat den dunklen Raum. Er sah fast genauso aus wie der meine. Ernüchternd musste ich feststellen, dass Nevary wirklich nicht hier war. Enttäuscht verließ ich wieder das Zimmer und lief weiter den Tunnel entlang. Wo war er nur? Warum ruhte er sich nicht genauso aus, wie ich es getan hatte?
Normalerweise hätte ich nun eine Wache angesprochen, die mir den Weg zu meinem Verlobten oder jemand anderem hätte zeigen sollen, doch ich fand niemanden. Es war still überall und ich hatte keine Ahnung wo sich meine Reisegefährten befanden.
Ohne genaues Ziel lief ich den Gang entlang, durch den uns Cellica geführt hatte. In einigen Abständen standen kleine Metallbottiche am Boden, in denen schwache Feuer brannten. Ich trat an die dünne Eisschicht und betrachtete die Landschaft. Wolken waren aufgezogen und verdeckten Sterne und Mond. Ich konnte kaum mehr sehen, als die Umrisse des Kraters.
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Time to Reign 2 - Das vergessene Land
FantasyDies ist Band zwei meiner Time to Reign Reihe. Salira hat ihren Bruder besiegt und der Welt den Frieden gebracht. Während Nevary sein restliches Leben in den Kerkern von Lumres verbringen wird, steht die Hochzeit von Salira und Pyero kurz bevor. Do...