Die Magie des Seelensturms

65 18 0
                                    

"Wir können den Drachen nicht einfach so weiter leben lassen, das ist sicher", betonte Astryd. "Wir müssen auf jeden Fall weiter und dann sehen wir, was wir machen. Ich glaube zwar nicht daran, aber vielleicht gibt es auch eine friedliche Lösung. Wir müssen mit Arokh reden. Dadurch könnten wir herausfinden, wie es wirklich um die Welt steht. Bis jetzt mutmaßen wir ja nur."
Alaron nickte:" dann lasst uns weiter reisen und nicht noch mehr Zeit an diesem gottverdammten Ort vergeuden". Er zog seine Stute am Zügel und wollte loslaufen, aber sie verweigerte und wieherte nervös. "Na komm schon du störrisches Vieh". Er zerrte erneut an den Lederriemen, diesmal bestimmter und stärker. Daraufhin stieg die Stute und versuchte sich los zu reißen.
"Ser Alaron hört auf", ich griff nach den Zügeln und versuchte das Pferd zu beruhigen. "Es hat keinen Sinn. Sie merkt, dass dies ein Ort des Todes ist. Wir können von ihnen nicht verlangen, dass sie mit uns durch die Ödnis reisen."
"Ihr wollt also das wir laufen? Den ganzen Weg?", Alaron deutete auf die Berge die so fern schienen, dass sie mit dem Himmel verschmolzen.
"Ja das will ich. Die Pferde würden eh keinen Schritt gehen und Nahrung gibt es für sie auch nicht. Nach wenigen Tagen wären sie tot!"
Ich löste den Sattel und ließ ihn in den Staub fallen. Dann trenste ich die Stute ab. Kaum war sie frei, drehte sie sich um und galoppierte zurück in den Wald.
Shaytan begann zu wiehern und ebenfalls zu steigen.
"Schon gut, du darfst auch gehen", beruhigte mein Bruder ihn, der zu dem Hengst gelaufen war. Er hatte eigentlich schon aufsteigen wollen, verstand aber meinen Entschluss und entfernte Zaumzeug und Sattel.
Auch Shaytan verschwand im knorrigen, düsteren Wald, der zwischen uns und der noch heilen Welt lag.
Wie gerne wäre ich auch mit ihnen zurück nach Simaris gereist, doch unser Schicksal war es den tagelangen Fußmarsch durch die Ebene zu nehmen.

Wir schnappten uns unsere Sachen, die an den Sätteln gehangen hatten und begaben und auf den Weg.

Schnell war der Wald hinter uns verschwunden und man sah in drei Richtungen nichts als ein Meer aus trockener Erde. Wären die Berge des Sirus nicht direkt vor unserer Nase, so hätten wir bestimmt die Orientierung verloren und uns hoffnungslos verirrt. Die ersten Tage war es immer noch sehr schwül und drückend. Der Himmel war stetig grau, mit einem Hauch von Braun und Gelb. Es erinnerte mich an die Farbe von Schwefel, welcher manchmal aus Vulkanen aufstieg.
Zu dieser drückenden Atmosphäre kam auch noch, dass wir Tag und Nacht nicht mehr voneinander unterscheiden konnten. Tagsüber war der Himmel generell sehr dunkel gewesen, doch ich hatte erst noch auf die Dämmerung gewartet. Aber sie blieb aus.
Deswegen rasteten wir einfach dann, wenn wir zu müde waren, um noch einen Fuß vor den anderen setzen zu können.
Der Proviant war knapp und so mussten wir sehr sparsam sein. Wir konnten nicht einschätzen wie weit der Weg noch zu den Ausläufern des Gebirges sein mochte, glaubten aber Astryd, als sie uns versicherte, dass wir die Hälfte hinter uns hätten.

Mit jedem Tag, den wir den Bergen nun näher kamen, wurde der Wind kräftiger. Zunächst war er willkommen abwechslungsreich gewesen und bei der Hitze auch erfrischend, aber nun brauste er um uns herum. Der trockene Staub vom Boden wurde aufgewirbelt und brannte auf der Haut und in den Augen. Als wir eine Pause machten, konnten wir kaum noch schlafen, so ungemütlich und wild war die Umgebung, die keinerlei Schutz bot.

Wie zu Beginn der Reise redeten wir kaum ein Wort miteinander. Diesmal lag es aber an der Erschöpfung und dem Wind, der so laut war, dass man schreien musste.
Der Tod des Drachen lastete auf dem Land und es schien mir so, als wolle es einen Teil seiner Qualen und des Schmerzes an uns abgeben.
Mein Kopf dröhnte und die Sinne waren getrübt. Schritt für Schritt stolperte ich voran. Alles verschwamm und bald wusste ich nicht mehr wo oben und wo unten war. Einzig die Berge waren mein Anker, dass ich nicht das Gleichgewicht verlor.

Den anderen erging es auch nicht besser.
Die Gruppe hatte sich gelockert und so lief nur Pyero relativ nahe bei mir. Astryd war einige Meter vor uns, ihr schien es generell noch am besten zu gehen. Sie schwankte nicht und wenn der Wind zu stark wurde, nutzte sie einfach ihre Wolfsgestalt, die viel mehr aushielt, als der verletzliche Körper eines Menschen. Alaron war weit hinter uns und mein Bruder gut hundert Meter zu meiner Rechten.

Time to Reign 2 - Das vergessene LandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt