Die schmerzverzerrten Schreie des Ritters wollten in meinem Kopf nicht verschwinden. Ich hörte sie noch lange. Auch noch, als wir nach einer gefühlten Ewigkeit den Ausgang dieses Labyrinths erreicht hatten und durch ein großes Tor in den Gang dahinter traten. Astryd schloss die Tür hinter uns wieder und verwandelte sich zurück.
Wir schauten uns alle erschöpft und am Ende unserer Kräfte an. Sie alle wussten, was ich getan hatte. Dass ich Alaron einfach dort gelassen hatte, dem Tod überlassen. Doch keiner von ihnen verlor je wieder ein Wort über den Ritter.
"Wir haben es gleich geschafft", brach Astryd die Stille. "Nur noch dieser Gang hier und dann sind wir auf der anderen Seite."
Ich ging zu meinem Bruder und half ihm mit Pyero. Eigentlich wollten wir langsam den Rest hinter uns bringen, doch waren da auf einmal schon wieder die widerlichen Geräusche der Monster hinter der Tür.
"Die wird nicht stand halten", bemerkte ich und begann schneller zu laufen.
"Was sind das nur für Viecher?", fragte mein Bruder genervt, der auf der linken Seite von Pyero lief.
"Mein Vater kann das erklären", sagte das Wolfsmädchen. "Lauft so schnell ihr könnt. Ich werde Hilfe holen." Und schon rannte ein pechschwarzer Wolf den Gang entlang.
Ohne sie, die so viel über diese Welt hier wusste fühlte ich mich gleich noch viel unsicherer.
Meter für Meter schleppten wir uns den Tunnel entlang. Bald sah ich an Ende ein Licht. Licht, ganz normales strahlendes Licht einer Sonne, die ich seit Wochen nicht mehr gesehen hatte.
Mit neuer Kraft beschleunigten wir noch einmal unser Tempo. Der Prinz stöhnte. Er konnte immer weniger mit uns Schritt halten. Wir schleiften ihn mehr über den Boden als, dass er noch einen Fuß vor den anderen setzte.
Die mehrstimmigen Geräusche der Kreaturen wurden immer leiser hinter uns. Doch dann gab es einen lauten Knall und uns war klar, dass die Tür ihnen nun nicht mehr im Weg stand. Schnell kamen die Monster näher. Ihre Schritte dröhnten in unseren Ohren, als der runde Weg die Laute verstärkte.
Nevary warf mir einen verzweifelten Blick zu. Dann begann er zu rennen. Mein Bruder nahm fast das ganze Gewicht des Prinzen auf sich, wodurch ich halbwegs mithalten konnte.
Mein Atem ging immer schneller, während mein Herz mir bis zum Hals schlug. Angst stieg in mir auf, dass wir es nicht mehr rechtzeitig schaffen würden hier heraus zu kommen. Ich wusste nicht, wie wir es hinbekommen sollten dutzende dieser Wesen zu töten, waren wir doch nur noch zu zweit und mussten einen Verletzten beschützen.
Die Monster waren nur noch wenige Meter entfernt, als wir den Ausgang erreichten und Schnee unter unseren Füßen zu knirschen begann. Die Sonne war gleißend hell und der Schnee reflektierte dazu auch noch die Strahlen, wodurch ich nichts als Weiß sah. Meine Augen waren nach der langen Dunkelheit nicht mehr an normales Licht gewöhnt. Mit tränenverschleiertem Blick stolperten wir weiter durch den gut einen halben Meter tiefen Schnee. Eisiger Wind peitschte um uns herum und rauschte in den Ohren, dass ich alle anderen Geräusche nur noch dumpf vernehmen konnte.
Ich konnte wie aus weiter Ferne die Schreie der Kreaturen hören, als sie ebenfalls ins Licht traten. Ich hatte gehofft, sie würden die Sonne meiden und es im Tageslicht durch ihre verwesten Körper nicht aushalten können, doch hatte die Lichtveränderung sie nur für wenige Sekunden gestoppt.
"Sie sind zu nahe", rief Nevary zu mir herüber und hielt abrupt inne. Er ließ Pyero zu Boden sinken, dass ich gar keine andere Wahl hatte ebenfalls zu halten.
"Was hast du vor?", schrie ich gegen den Wind an. "Mache nicht schon wieder einen Alleingang." Ich hatte Angst, dass er den Held spielen wollte und die Gefahr überschätzte, die sich uns näherte. Doch mein Bruder warf mir nur einen Blick zu, den ich nicht ganz deuten konnte und drehte sich um. Mit gezücktem Schwert rannte er wieder zurück, den Monstern entgegen. "Nevary, komm zurück." Meine Worte wurden vollkommen verschluckt von einem neuen Geräusch, welches sich näherte. Ich drehte mich wieder in die Richtung, in die wir gelaufen waren.
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Time to Reign 2 - Das vergessene Land
FantasyDies ist Band zwei meiner Time to Reign Reihe. Salira hat ihren Bruder besiegt und der Welt den Frieden gebracht. Während Nevary sein restliches Leben in den Kerkern von Lumres verbringen wird, steht die Hochzeit von Salira und Pyero kurz bevor. Do...