Der Morgen brach heran und erst jetzt, im Licht der aufgehenden Sonne, konnte man die Ausmaße der Zerstörung des Gewitters erkennen.
Die Hütte an sich war nur leicht beschädigt, aber überall auf der Lichtung lagen abgebrochene Äste und Zweige, aber auch ganze Bäume.
Alaron entschied sich dazu, noch bei seiner Familie zu bleiben und beim Aufräumen zu helfen, während wir uns auf den Weg nach Simaris machten. Er würde dann gegen Abend zu uns stoßen.
Ich überließ ihm Shaytan, damit er schneller vorankam und nach einem kurzen Frühstück machten wir uns auf den Weg.
Dass der Ritter eine Weile nicht bei uns sein würde schien meinen Bruder glücklich zu stimmen. Seine Miene war fröhlich und er ritt auch beschwingter als sonst. Ich hoffte, dass es kein Fehler war, den starken Ritter nicht sofort mitzunehmen. Aber nachdem seine Mutter uns so viel Gastfreundschaft erwiesen hatte, obwohl wir den Mann bei uns hatten, der ihren Sohn sechs Jahre in die dunkelsten Verliese gesperrt hatte, konnte ich sie nicht mit dem Chaos alleine lassen.Er war ein schöner, sonniger Morgen und je näher wir dem Schloss kamen, desto breiter wurden die Wege und bald ritten wir auf einer Straße.
Die Gegend schien verlassen und so fürchteten wir uns nicht von unliebsamen Gästen entdeckt zu werden.
Lexaya versuchte ein Gespräch mit mir zu beginnen, aber ich war so angespannt, dass ich ihren Worten nicht folgen konnte.
Schnell hatte mein Pferd einen guten Abstand zu den anderen bekommen, so trieb ich die Stute an. Ich konnte nicht länger warten, jetzt wo meine Heimat in greifbarer Nähe war. Die Angst, dass ich nicht das zu sehen bekommen würde, was ich mir erhoffte, verdrängte ich unbewusst.Die Sonne stand hoch am Himmel, als sich der Wald lichtete und ein riesiges Gebäude in mein Blickfeld trat.
Hätte ich nicht gewusst, dass es sich um das Schloss von Simaris handelte, so hätte ich das alte Gemäuer nicht wieder erkannt.
Von der alten Pracht meines Geburtsortes war nicht mehr viel zu erkennen.
Der hellgraue Stein der Mauern, war schwarz vom Feuer, welches in jener Nacht gewütet hatte. Sechs Jahre des Dahinwilderns hatten dafür gesorgt, dass sich Dornen und Efeu an den Mauern emporrankten und einen Großteil des Schlosses verbargen.
Viele der hohen, filigranen Türme waren eingestürzt oder hatte ihr Dach verloren. Ein Vogelschwarm stob krächzend auf, als ich mich dem Hinterhof näherte.
Tränen standen mir in den Augen, als ich mir mit der Stute den Weg durch das hohe Gras bahnte, wo eins eine Straße gewesen war.
Je näher ich den Schlossmauern kam, desto mehr Steine und Schutt lagen auch im Gras. Trümmer, die von den hohen Wänden und Türmen gestürzt waren.Als die Stute mir das Vorwärts verweigerte, sprang ich ab und bahnte mir die letzten Meter zu Fuß durch das Gestrüpp.
Niemand schien hier gwesen zu sein. Niemand in fast sieben Jahren.
Mir wurde bewusst, wie schwer es sein würde, alles wieder aufzubauen und zivilisiert zu machen.
Wie sollte ich meinem Volk helfen, wenn alle Dörfer und selbst das Schloss zerstört waren?
Es würde viele Sommer und Winter brauchen, bis es wieder so war, wie einst.Endlich durchschritt ich den runden Torbogen, der den Eingang zum Hinterhof bildete. Hier lag der Zugang zu den Ställen, ganz ähnlich wie im Schloss von Lumres.
Zwischen den Steinplatten am Boden hatten sich Gräser und Blumen gezwängt, auch hier waren die Steinmauern mit Efeu berankt, aber im gesamten war der Urzustand noch gut zu erkennen. Ich hatte die Hoffnung, dass doch nicht alles so heruntergekommen war, wie es auf den ersten Blick gewirkt hatte.
Als ich über den gepflasterten Boden lief, sah ich mich wieder dort stehen, an der Tür. Wie ich auf meinen Vater zulief, als er mir Adoris schenkte. Ich war so glücklich gewesen. Die Welt war vollkommen in Ordnung. Doch schnell veränderten sich meine Erinnerungen und ich sah mich auf Adoris, fliehend in jener Nacht. Wie zurückblickte zu Ser Alaron, der mich gerettet hatte.
Wie versteinert stand ich um Hof und konnte mich nicht von meinen Erinnerungen reißen.
Erst als ich Hufgetrappel vernahm, wischte ich eilig meine Tränen fort uns drehte mich zu meinen Reisegefährten um.
Lexaya hatte meine Stute am Zügel und reichte sie mir.
Dann stieg sie ab und blickte mich mitleidvoll an.
Ihre Augen wollten sagen: es tut mir leid, was mit deiner Heimat geschehen ist.
Pyero trat neben mich und legte mir seine Hand auf die Schulter.
"Alles im Ordnung?", fragte er besorgt.
Ich nickte hecktisch und schluckte hart meinen Klos im Hals herunter. Ich wollte auf gar keinen Fall vor ihnen allen weinen. Und vor allem nicht vor meinem Bruder.
Dieser kam nun auch mit Astryd durch den Torbogen und beäugte die hohen Mauern.
"Steht ja doch noch mehr, als ich dachte. Da haben meine Ritter das Feuer wohl nicht richtig gelegt", beurteilte Nevary das Schloss.
Schwungvoll stieg er ab und führte sein Pferd zu den Ställen.
Fassungslos blickte ich ihm nach. Meine Hoffnung, dass er Reue zeigte, war auf einem Schlag zerstört.
Gleichgültig ließ er seinen Wallach in einer halb vermoderten Box stehen und begann das Schloss zu erkunden.
Ich beeilte mich die Stute in die nächste Pferdebox zu stellen und während Lexaya sich um die Tiere kümmerte, folgten Astryd, Pyero und ich meinem Bruder.
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Time to Reign 2 - Das vergessene Land
FantasyDies ist Band zwei meiner Time to Reign Reihe. Salira hat ihren Bruder besiegt und der Welt den Frieden gebracht. Während Nevary sein restliches Leben in den Kerkern von Lumres verbringen wird, steht die Hochzeit von Salira und Pyero kurz bevor. Do...