"Ihr seid wirklich wunderschön", bewunderte Halia mich, während sie den Tüll meines weiten Brautkleides zurecht strich. Ich schmunzelte, während ich mich langsam vor meinem Spiegel hin und her drehte, um mich von allen Seiten ausgiebig zu betrachten.
Mein trägerloses Kleid hatte einen ausladenden Reifrock mit einer langen Schleppe. Berge von Tüll umgaben mich, sie waren schwer, aber ich konnte mich durch das Rockgestell, welches extra für mich angefertigt wurde, immer noch sehr gut bewegen und sogar tanzen.
Ich hatte einen schweeweißen Stoff gewählt, die Farbe, die eigentlich jede Braut zu ihrer Hochzeit trug, doch hatte ich darauf bestanden, dass man silberne und goldene Fäden in den gesamten Stoff einwob, die Farben der Sonne und des Mondes, die auch die Farben von Pyeros und meinen Haaren waren.
Es waren verspielte und schwungvolle Muster zu sehen, die sich auf meinem Korsett ballten und dann sich über den ganzen Rock ausbreiteten.Schon mit dem Morgengrauen war ich an diesem Tag aufgestanden, hatte die ganze Nacht kein Auge zu getan und den ganzen Vormittag damit verbracht mich zurecht zu machen.
Meine beiden Zofen, die mittlerweile schon gute Freundinnen von mir geworden waren, kamen und badeteten mich. Anschließend schminkten sie mich und machten meine Haare.
Die gesamte Zeit war ich abwesend in Gedanken, die nur um diesen Tag kreisten.
Erst als ich nun vor dem Spiegel stand und mich in meinem Kleid betrachtete, wurde ich mir meiner Realität erst richtig bewusst.Als Romina mir nun noch ein Diadem in den selben Farben, wie die des Kleides in meinem schneeweißen Haar befestigte, wusste ich, dass mein großer Moment nur noch wenige Minuten bevorstand.
Monate waren vergangen seit dem wundervollen Antrag von meinem Prinzen.
Damals in jener Nacht war mir alles wie ein wundervoller Traum erschienen und so unglaublich weit entfernt. Doch schneller, als ich es für möglich gehalten hatte war der Tag, dieser Tag, gekommen.
Nach dem Fest über meinen Sieg war der Sommer schnell zur Neige gegangen.
Kühlere Tage traten auf den Plan, doch auch als es Winter wurde, war es in Alayron so warm, dass man an sonnigen Tagen gut ohne dickere Jacke das Schloss verlassen konnte. Kein Schnee hatte jemals die Klippen der Hafenstadt bedeckt.
Das einzige, was mich an Winter erinnert hatte, waren die kürzeren Tage und häufigerer Regen.
Doch schnell war auch der Winter vergangen und nun herrschte der Frühling. Es war bereits deutlich wärmer geworden und die Sonne strahlte unaufhaltsam.
Die Vorbereitungen für meine Hochzeit hatten früh begonnen und so gab es keinen Tag, an dem ich nichts zu tun hatte.
Pyero und Skylar hatten wirklich keine Mühen und Kosten gescheut, dass dies ein wirklich unvergesslicher Tag wurde. Die Königin selbst hatte ja nicht gerade die tollste Hochzeit mit meinem Bruder gehabt und wollte wenigstens bei meiner alles perfekt machen.Meine Hände waren mittlerweile eiskalt vor Aufregung, als ich mir einen filigranen Armring überstreifte. Doch auch wenn ich zitterte, wusste ich, dass es nur die Vorfreude war.
Zufrieden musterten Romina und Halia mich von allen Seiten. Die beiden waren wirklich großartig und hatten ganze Arbeit geleistet.
Ein leises aber bestimmtes Klopfen riss uns alle aus unseren Gedanken. Ein Ritter betrat auf mein Geheiß hin den Raum: "Prinzessin, Ihr werdet erwartet. Alle sind bereit."
Ich nickte lediglich und während ich langsam zum Ausgang schritt, nahmen Halia und Romina die Enden meiner Schleppe hoch und folgten mir.
Ich ließ meine Zimmer hinter mir, die ich nun nur noch selten bewohnen würde, denn ab heute Nacht würde ich mir Gemächer mit meinem frisch Angetrauten teilen.
Zusammen brachten wir die langen Flure hinter uns. Mit jedem Schritt, der mich näher an den Thronsaal brachte schlug mein Herz schneller, bis ich es kaum noch aushielt.Wir erreichten die große geschlossene Tür und der Ritter entfernte sich. Nur noch meine beiden Zofen waren bei mir. Unsicher blickte ich mich um. Da drinnen standen sie alle, warteten auf mich. Nach all dem, was mir in meinem Leben schon widerfahren war, hätte ich niemals gedacht, dass ich jemals an so einem Punkt stehen würde. Gleich würde ich den Prinzen von Alayron heiraten und in wenigen Monaten würden wir gemeinsam nach Nuvyenne ziehen, um dort das Reich neu aufzubauen. Sie würden mich zu ihrer Königin krönen und mein Liebster und ich würden über ein ganzes Reich herrschen. Das alles war nur möglich, da ich meinen Bruder besiegt hatte. Nevary saß seit jenem Tag in einen dunklen Verlies, dort würde er noch viele Jahre verweilen und ich hatte mir geschworen ihn niemals aufzusuchen, denn ich hatte dieses grausame Kapitel meines Lebens für abgeschlossen erklärt und er sollte niemals Teil meines neuen Lebens werden.
DU LIEST GERADE
Time to Reign 2 - Das vergessene Land
FantasiaDies ist Band zwei meiner Time to Reign Reihe. Salira hat ihren Bruder besiegt und der Welt den Frieden gebracht. Während Nevary sein restliches Leben in den Kerkern von Lumres verbringen wird, steht die Hochzeit von Salira und Pyero kurz bevor. Do...