~ 18. My girl~

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Als ich am nächsten Tag wieder ins College ging, erwarteten mich Liz und Vi mit ihrem Auto vor Arians Haus. Ich küsste Arian zum Abschied und stieg dann ins Auto.
"Guten Morgen!", begrüßte ich die beiden. Liz sah irgendwie müde aus und Vi musterte mich besorgt. "Wie geht's dir?", wollte er wissen. "Ach, geht schon. Immerhin habe ich keinen Kater mehr." Vi musste ein wenig lächeln. "Hast du eigentlich vorgestern noch etwas mitbekommen?", fragte Liz und sah mich durch den Rückspiegel an. "Äh...nicht direkt." Ich rutschte unruhig auf dem Sitz herum. "Wieso?" Liz kicherte. "Ach, das merkst du dann schon." Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch schwieg ich die ganze Fahrt über. Als wir am College ankamen, stieg ich aus dem Auto und schulterte meine Umhängetasche. "Also, verratet ihr es mir endlich?" Liz schüttelte den Kopf und deutete mit dem Kopf über die Wiese, als ich ihrem Blick folgte, erkannte ich Erik. Er schlenderte über den Rasen auf uns zu und winkte. Ich winkte zaghaft zurück. "Frag Erik mal, was zwischen ihm und Aura vorgestern passiert ist", lachte Liz und ließ mich dann einfach stehen. Sie ging mit Vi laut lachend davon. "Wartet mal! Was soll das?", wollte ich sagen, doch da war Erik schon bei mir angekommen. "Hallo, Momo. Wie geht es dir heute?" Ich lächelte. "Gut. Danke für deine Hilfe vorgestern. Aber sag mal..." Eigentlich wollte ich gar nicht wissen, was zwischen ihm und Aura war. Waren sie zusammen? Und warum passte mir das nicht? Arian war mein Mate. "Ja?" Erik fixierte mich mit seinen unglaublichen Augen. "Was ist vorgestern zwischen dir und Aura passiert? Liz wollte, dass ich dich das frage." Ich schluckte und erwartete das Schlimmste. Erik sah mich lange mit unergründlichem Blick an, dann fing er an, zu lachen. "Was ist denn daran so komisch?", wollte ich wissen. "Ach. Nichts. Nur, dass ich Raucher bin und Aura Raucher anscheinend nicht ausstehen kann." Verständnislos sah ich ihn an. "Komm." Erik bot mir seinen Arm an. "Gehen wir? Ich kann dir unterwegs zum Kursraum Details erzählen." Ich hackte mich bei ihm unter und wir gingen los. "Also, als du umgekippt bist, wollte ich dich zum Auto tragen. Deine Freundinnen waren auch da, Liz, jemand namens Sunlit und Aura. Aber als ich mir eine Zigarette angezündet habe, ist Aura auf mich losgegangen. Keine Ahnung, wieso. Ich habe mich natürlich gewehrt. Am Ende haben ich und sie eine Schlägerei im Nachtclub angezettelt. Die ganzen betrunkenen Leute haben natürlich mitgemacht. Dann wurden wir aus dem Nachtclub geworfen und als deine Freundinnen Aura endlich beruhigt hatten, haben wir dich zu deinem..." Er zögerte kurz. "...Freund gefahren." Irgendwie spürte ich den Drang, Erik zu erklären, dass ich und Arian nur deshalb zusammen waren, weil wir Mates waren. Weil es nicht anders ging. Weil sich niemand gegen seinen Mate wehren konnte. Moon, das ist Unsinn! Meine Wölfin knurrte bedrohlich. Als ich und Erik im Kursraum ankamen, setzten wir uns und gleich darauf kam der Lehrer. Ich seufzte. Wir hatten Biologie, und das Einzige, auf das ich mich konzentrieren konnte, war Erik.

Nach der Schule beschloss ich, dass es mal wieder Zeit wurde, mich zu verwandeln. Mir war aufgefallen, dass ich das schon lange nicht mehr getan hatte. Genau genommen seit letztem Vollmond. Eine regelmäßige Verwandlung half dem Werwolf, stark und schnell zu bleiben und dass seine Instinkte nicht abstumpften. Also verabschiedete ich mich von Erik, erklärte Liz und Vi, dass ich später nachkommen würde und rannte in den Wald, der direkt an das Grundstück des Colleges angrenzte. Vorsichtshalber ging ich noch etwas tiefer hinein - in der Menschengestalt - , um zu verhindern, dass mich vielleicht ein verirrtes Liebespaar entdeckte. Ich genoss die Herbstsonne in meinem Rücken, den immer leiser werdenden Lärm des Colleges, das Vogelgezwitscher. Ich schloss die Augen, breitete die Arme aus und drehte mich langsam im Kreis wie ein kleines Kind. Ich atmete tief den Geruch des Waldes ein, Laub raschelte unter meinen Füßen. Ich streifte meine Schuhe ab.
Hier war ich zuhause, hier gehörte ich hin. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich mich verwandelt hatte. Aber als ich die Augen aufschlug, war ich auf der Augenhöhe eines Wolfs. Ich sah an mir herunter, entdeckte pechschwarzes Fell, stieß ein aufgeregtes Heulen aus. Dieser Augenblick gehörte weder Arian, noch Erik, noch sonst jemandem, um den ich mir den Kopf zerbrach. Dieser Augenblick gehörte allein mir. Ich rannte blindlings los, Wind zerzauste mein Fell, ich fühlte mich frei. Ein Abhang kam in Sicht, ich beschleunigte. Dann sprang ich. Fühlte das unglaubliche, kribbelnde, adrenalinhaltige Gefühl in meinem Inneren. Ich flog. Und fiel. Geschickt federte ich meinen Sturz auf dem Waldboden auf, rannte weiter. Es ging weiter nach unten, meine Pfoten trommelten auf den Boden, stolperten. Irgendwann ließ ich mich einfach fallen, wirbelte Blätter und Erde auf, kugelte den Abhang hinunter. Ich bellte freudig. Dann war ich ganz unten angekommen und blieb einen Augenblick so liegen, mit geschlossenen Augen, lauschte meiner Atmung. Ich liebte meine Wölfin, sie liebte mich. Wir verschmolzen ineinander, ich gab jede Wand, die uns trennte, frei. Ich spürte sie, dicht unter der Oberfläche, wir atmeten im Gleichtakt. Dann spürte ich noch etwas. Gleichzeitig jaulte meine Wölfin in meinen Gedanken: Gefahr! Reflexartig sprang ich auf und knurrte. Vor mir stand ein anderer Wolf. Es war aber niemand aus dem Rudel, aber definitiv ein Werwolf. Er war sandfarben, also tippte ich, dass er in menschlicher Gestalt blondes Haar besaß. Außerdem hatte der Wolf eisblaue Augen. Wir starrten uns an. Dann verzog der Wolf ganz leicht sein Maul, diese Geste schien mir so vertraut. Cole!, schoss es mir durch den Kopf. Hallo, Moon. Überrascht, mich zu sehen? Ich hatte ganz vergessen, dass wir Werwölfe uns, wenn wir in der Wolfsgestalt waren und nah beieinander befanden, in Gedanken unterhalten konnten. Ehrlich gesagt, schon, antwortete ich und kam langsam näher. Was machst du hier? Ich wurde nach L.A versetzt, lachte Cole in meinem Kopf. Neuer Job. Ab jetzt sehen wir uns wohl häufiger.

MatedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt