~ 20. Kiss and Kill ~

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Wir saßen im Wagen, Vi, Liz, Aura, Azur, Arian, Runa und ich. Ich konnte die Anspannung beinahe riechen. Was ich wirklich riechen konnte, war Liz' Angstschweiß und Runas beinahe...freudige Erwartung. Ich schüttelte den Kopf, lehnte mich gegen meinen Sitz und schloss die Augen. Ich versuchte, mich zu beruhigen, indem ich in Gedanken mit meiner Wölfin sprach.
Alles wird gut, Wölfin. Hab keine Angst. Meine Wölfin schnaubte. Nein, SIE war es nicht, die Angst hatte.
Ich öffnete die Augen wieder und sah, wie Arian mich vom Fahrersitz aus besorgt anstarrte. "Konzentriere dich auf die Straße, Partner", knurrte ich. Vi lachte leise. "Nervöse Wölfinnen sollte man nicht reizen, Ari."
Ich griff an meinen Waffengürtel und spürte das kalte Metall unter meinen Fingern. Irgendwie beruhigte mich das.
"Wir sind fast da", sagte Arian.
Ich blickte aus dem Fenster. Eine karge Landschaft breitete sich vor mir aus, nur einige leerstehende Häuser standen in der Nähe.
Das Auto bog um die Ecke und ein verlassenes Fabrikgebäude tauchte in meinem Blickfeld auf. Ich richtete mich auf. "Das ist es."
"Okay." Mit einem letzten, besorgten Blick in meine Richtung wandte sich Arian an das Rudel. "Ihr wisst, was ihr zu tun habt? Wir gehen immer zu zweit. Vi, du gehst mit Liz, ihr zwei nehmt noch Aura mit. Runa, du nimmst Azur. Und ich werde mit Moon gehen. Wir kreisen das Gebäude ein und locken die Soldaten raus."
Die Rudelmitglieder nickten. Plötzlich hatte ich wahnsinnige Angst, einen von ihnen zu verlieren. "Leute... Viel Glück da draußen", sagte ich. Liz lächelte. "Dir auch."
"Ja, dir auch", sagte Vi.
"Du wirst das schaffen, Moon. Keine Sorge, jeder Neuling hat beim ersten Mal Schiss", feixte Runa.
Ich fühlte mich gleich besser.
Der Jeep stoppte. "Okay, alle aussteigen und in Deckung", rief Arian und riss die Fahrertür auf. Ich drängte mich nach Runa durch die Tür und duckte mich hinter den Wagen. Einige Sekunden lang herrschte Stille. Kein Schuss zerschnitt die Stille, kein Lärm peitschte durch die Luft.
"Entwarnung. Wir trennen uns hier. Viel Glück", befahl Arian und packte mich am Arm. "Komm, schnell."
Ich wollte protestieren, doch da war er schon losgelaufen. Er hatte Recht.
Je länger wir uns auf offenem Terrain aufhielten, desto wahrscheinlicher war es, dass man uns bemerken würde. Ich machte mich ärgerlich von Arian los und rannte schneller. Als wir das Gebäude erreichten, drückte Arian sich in den Schatten. Ich glitt an seine Seite und lauschte. "Sie sind drinnen", flüsterte ich. Arian nickte. "Lass uns die Party starten, Partner."
Er hob seine Pistole. "Halte deine Waffe bereit."
Ich nickte und zog sie aus dem Gürtel. Die Waffe war schwer, ich entsicherte sie, es klickte leise. "Du kannst immer noch einen Rückzieher machen, wenn du möchtest", erklärte Arian. Ich seufzte. "Ich will das hier. Ich habe mich schließlich dafür entschieden, als ich mich für dieses Rudel beworben habe."
Mein Mate stöhnte. "Ja, du hast Recht. Also dann..."
Er feuerte drei Schüsse in den Himmel ab. Sie hallten mir in den Ohren wieder und ich zuckte zusammen. "Jetzt müssten sie bald kommen."
Wir warteten.
Dann ertönte ein Fluch. "Die Bestien sind hier!" Sie bezeichnen uns als Bestien?
Mehrere Schüsse fielen. Dann tauchte auf einmal ein Mensch in unserem Sichtfeld auf. Er hatte uns noch nicht gesehen. Arian reagierte blitzschnell und feuerte einen Schuss auf ihn ab. Mit einem Schrei stürzte der Soldat zu Boden, ich sah schnell weg. Arian hat gerade jemanden getötet.
"Jetzt!", schrie Arian und stürzte nach vorne. Ich rannte ihm hinterher, feuerte ebenfalls. Aber keiner der Kugeln traf jemanden.
Jetzt hatten uns die Soldaten gesehen, sie richteten ihre Waffen auf uns. "Keine Bewegung!"
Arian knurrte laut. Dann ließ er seine Waffe fallen und sprang. Sehr weit.
Währenddessen verwandelte er sich.
Die Menschen schrien in Panik auf, ich schoss. Und traf einen Soldaten im Arm. Er ließ seine Waffe fallen und wurde gleich darauf von einem rasenden Werwolf namens Arian zu Boden gerissen.
Ich sprang ebenfalls einen Soldaten an und schlug ihm meine Pistole gegen die Schläfe. Als er umkippte, schoss ich auf zwei weitere, während Arian den Rest erledigte. Beide traf ich jedoch an nicht-tödlichen Stellen. Ich sah weg, als Arian sie endgültig tötete.
Plötzlich spürte ich etwas in meinem Nacken und schrie erschrocken auf.
Arian lachte. "Ich bin's doch nur!"
Er küsste meinen Nacken und ich drehte mich um. Er war wieder in Menschengestalt, mit einer Pistole in der Hand, blutverschmierter Kleidung und einer Schramme im Gesicht.
Plötzlich wurde mir bewusst, dass ich ihn zuvor noch nie in seiner Wolfsgestalt gesehen hatte. "Dein Wolf ist wunderschön", hauchte ich.
"Und du siehst sexy aus, so voller Blut."
Ich grinste und sah an mir hinunter.
Das Grinsen gefror auf meinen Lippen, als ich das Blut bemerkte. "Was? Das Blut habe ich gar nicht bemerkt."
Auf einmal spürte ich Arians Lippen auf meinen und seufzte. "Das ist kein guter Zeitpunkt, Partner."
"Du hast Recht, Partner." Arian löste sich von mir und lächelte mich an. "Aber du hast dich gut geschlagen."
"Danke, Partner."
"Komm. Das waren noch nicht alle. Vielleicht brauchen die anderen Hilfe."
Wir rannten um das Gebäude herum. Ich hielt meine Waffe gesenkt auf Kniehöhe, umklammerte den Abzug mit beiden Händen.
"Wo zum großen Alpha sind die?", fauchte Arian, als wir im das halbe Gebäude herumgelaufen waren.
"Vielleicht sind sie rei..."
Ein Schuss peitschte durch die Luft. "In Deckung!", brüllte Arian und warf sich auf mich.
Alles geschah plötzlich irgendwie wie in Zeitlupe.
Ich wollte ausweichen, doch Arian rammte mich frontal und riss mich zu Boden. Zur gleichen Zeit zischte eine Kugel an mir vorbei. Knapp.
Sie schlug neben meinem Kopf ein.
Arian hielt mich weiter auf den Boden gepresst, seine Hände stützte er links und rechts von meinem Gesicht ab, schirmte meinen Körper mit seinem ab.
Er drehte sich halb, hob die Pistole, suchte mit seinen Augen nach dem Angreifer. Ich umklammerte meine Waffe ebenfalls, bereit, zu schießen. Arian zu verteidigen. Meinen Mate.
Doch dazu kam es nicht.
Denn vor mir stand ein Soldat, er schlenderte fast unbesorgt auf uns zu, eine Pistole in der Hand, mit der er auf Arian zielte.
Doch nicht das machte mir Angst.
Es war der Soldat selbst.
Denn ich kannte ihn.
Es war... Erik.

MatedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt