Zugegeben, ich hatte nicht viel Erinnerung behalten. Ich wusste von meinem ersten Leben genau das, was ich Hedeon erzählt hatte. Dass ich mich bemüht hatte einen Weg zu finden dass Gabriel als sein Sohn und neuer Thronfolger anerkannt wird. Ich wusste dass ich eine falsche Prinzessin war. Mehr auch nicht. Mehr nicht. Aus einem ganzen verdammten Leben. Oh, pardon - aus einem verdammten ganzen 17? Jahrelangen Leben. Ich kann mich noch an meinen frühen stilvollen Selbstmord Abgang erinnern.
Aber Gabriel? Leon? Nein. Ganz blass vielleicht. Und dieser neue Typ Raphael mit dem Gabriel so prächtig klarkommt? Kein Schimmer. Es war fast schon traurig.
Ich saß seit Ewigkeiten? (diese verdammte Zeit hier) auf einer Treppe die die eine Hälfte des Raums ein Stück höher legte. Nicht dass diese zweite Hälfte überhaupt nötig wäre. Die Ebene auf der Raphael und Gabriel miteinander trainierten hatte gut 20 mal 20 m² Raum.
Die Wände waren wie meist überall aus grauem Backstein. Zahlreiche Bogenfenster schmückten die eine Wandseite. Eine andere Seite wurde von einem fetten (wen wundert's) Obsidian Schrank geziert hinter dessen dunkler Glasfassade zahlreich schwarz glänzende Waffen zur Schau standen. Oder viel eher zur Benutzung.
Raphael und Gabriel beim Kämpfen zu beobachten brachte viele Reaktionen und Gefühle mit sich. Anfangs schrie ich fast alle paar Sekunden auf, dann zuckte ich nur noch zusammen. Mittlerweile konnte ich ihnen beruhigt zusehen.
Am Anfang war es deutlich zu sehen dass Raphael weitaus besser mit dem Schwert umgehen konnte als Gabriel. Natürlich. Wie lange war Raphael auch schon tot und konnte mit dem Schwert umher fuchteln?
Doch Gabriel steigerte sich von Zeit zu Zeit. Er konnte Raphaels Angriffe immer besser abwehren und wurde dadurch nicht mehr so oft verletzt. Er schaffte auch gekonnte Hiebe mit dem Schwert dass er Raphael paar Mal verletzte auch wenn dieser ein guter - sehr guter - Verteidiger war. Schon bald waren die beiden ebenbürtige Gegner und es schien als würde Gabriel bereits genauso lange das Schwert schwingen wie Raphael.
Von da an wurde es fast schon öde den beiden zuzusehen. Ich brauchte mir keine Sorgen um Gabriel mehr zu machen. Raphael verwundete ihn nur um ihn eine Lehre zu erteilen, aber als Gabriel ausgelehrt hatte, wurde es langweilig.
Ich versuchte bei den Gesprächen dass die beiden führten mitzukommen, aber auch da fehlte mir das Wissen über meine früheren Leben oder eine mangelnde Erfahrung in der Gesellschaft der Demires.
Gabriel erzählte Raphael ziemlich viel. Ziemlich viel von unserem letzten Leben. Das was ich erfuhr schockierte mich nur. Ich sah teilweise überraschter aus als Raphael.
Für mich war diese ganze Sache Zeitverschwendung. Ich dachte andauernd nach das Anirys hinter mir her waren, meine Eltern töten wollten und mich stattdessen auf den Thron setzen wollten. Das war doch alles krankhaft. Und so etwas kam von den Gesandten des Lichts.
Da die beiden sich auch ohne mich köstlich zu amüsieren schienen, beschloss ich abzuhauen. Ich machte das nicht mal besonders heimlich. Die dachten wohl ich wäre so schlau und verlasse schon nicht das Geländer. Solche Idioten.
Ich ging natürlich in ein Waldstück spazieren dass dem Schloss sehr nah lag. Warum auch nicht? Schließlich konnte die Liste an Scheiße die ich gebaut hatte nicht noch länger werden. Könnte man zumindest annehmen.
Mir geschah auch eigentlich nichts. Ich traf auf keine Anirys. Und auf keine Killertiere aus Light. Ich traf auch nicht (zu meiner größten Freude) auf Eovin.
Ich schlenderte in Ruhe durch den Wald. Hörte heimischen Vögeln beim Zwitschern zu. Sah wie diese rauchigen feinen schwarz glänzenden Gestalten zwischen den mitternachtsblauen Blättern umherhuschten. Ich hörte wie meine Füße über die weiche Erde gingen. Meine Atmung.
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Bracelet (2) - Go into darkness
FantasyEinmal Applaus für mich bitte! Ich habe es geschafft. Ich bin endlich tot. Unzwar sogar richtig richtig tot. Ich bin sogar aus mehr oder weniger freien Stücken in die Hölle gegangen. Ach, ups... Die Leute hier mögen es ja nicht wenn der Ort Hölle ge...