Kapitel 2

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Um halb vier verließ ich in schwarzer Jeans und weißer Bluse unser Anwesen. Ich hatte meine Lederjacke darüber gezogen und setzte mich auf mein Rad, um zu der Adresse zu gelangen, die meine Chefin mir heute Morgen gemailt hatte. Ja, diese Frau benutzte tatsächlich noch E-Mails, die Freuden von SMS oder gar Whats App hatte sie noch nicht entdeckt.

Um kurz vor vier stand ich vor einem großen Haus in einer ganz hübschen Gegend und traf Mike, unseren Koch, der nervös vor den bereits aufgebauten Buffettischen auf und ab lief.

„Hallo mein Lieber, alles klar bei dir?", begrüßte ich ihn und er nahm mich kurz in den Arm. Dann warf er mir die weinrote Schürze zu, die mich als Mitarbeiterin des Caterings auszeichnete.

„Tarek, unser Hilfskoch ist krank geworden und ich muss mich heute allein um den Zustand des Buffets kümmern!", grummelte er mit seiner tiefen Stimme und ich grinste ihn an.

„Na, das wird doch zu schaffen sein, Chef!" Ich schlug ihm aufmunternd auf die Schulter. Das musste ziemlich lustig ausgesehen haben, denn mit seinen knapp 1,87 überragte er mich um genau 30 Zentimeter, von seiner enormen Masse mal ganz abgesehen.

„Aber ja doch, Prinzessin!", meinte er und zwinkerte mir zu. Ich gebe zu, die Bezeichnung Marzipanprinzessin war seine Erfindung, aber ich mochte die Bezeichnung irgendwie. Mike wusste, wer ich war und er machte sich nichts daraus, dass meine Eltern Millionen auf dem Konto horteten, er wusste meinen Fleiß zu schätzen und das vielleicht gerade weil meine Eltern Millionen horteten.

Frau Volde kam auf mich zu. Ich hatte sie schon ein paar Mal getroffen, denn dies war nicht die erste Gelegenheit, bei der sie unsere Dienste in Anspruch nahm. Ich schüttelte ihr die Hand.

„Hallo Robin, ich freue mich, Sie wieder zu sehen!", begrüßte sie mich, was ich nur zurückgab. „Wie Sie sehen gibt es heute ein Buffet, das heißt, Sie brauchen sich heute nur um Getränke zu kümmern und dafür zu sorgen, dass sich das Geschirr nicht auf den Tischen stapelt." Ich nickte und sie hetzte wieder weg. Normalerweise war sie nicht so gestresst.

„Was hat sie denn?", fragte ich Mike. „Das ist eine Kommunion heute, ihr Sohn ist der Gefeierte und ich meine sie hätte eben etwas von einer zu großen und chaotischen Verwandtschaft gemurmelt..."

„Aah,", machte ich, „Jetzt ergibt es Sinn." Ich mochte meine Verwandten schließlich auch nicht.

Um halb fünf kamen die ersten Gäste, die alle dem kleinen Robin gratulierten. Ihm war sofort aufgefallen, dass er genauso hieß wie ich, und ich glaube der kleine mochte mich schon allein wegen unseres gemeinsamen Namens. Auch wenn es ihn verwirrt hatte, dass ich ein Mädchen bin. Er war einfach super niedlich.

Um halb sechs eröffnete Frau Volde das Buffet und ich rannte förmlich zwischen den Tischen hin und her mit Tabletts voller Cola, Fanta, Bier und Sekt. Und, mein Gott, es waren mindestens 80 Leute, die hier in dem Garten des Hauses saßen, sich unterhielten und sichtlich das kostenlose Essen und Trinken genossen.

Um halb sieben waren wir bereits bei den Desserts angelangt und ich stand mit Mike kurz in der Küche, denn weil Mike einfach ein toller Kerl war, hatte er extra für mich eine kleine Schüssel mit Erdbeertiramisu vorbereitet und nicht zu den anderen Schüsseln gestellt. So stand ich jetzt mit ihm in der Küche und genoss meine kleine Pause. Mike machte das beste Erdbeertiramisu auf der Welt. Ich schloss die Augen und seufzte.

„Schmeckt's, Prinzessin?", fragte er grinsend. Ich konnte nur nicken, da ich mir schon den nächsten Löffel in den Mund geschoben hatte. Nach kurzer Zeit jedoch musste Mike wieder gehen, um zu kontrollieren, ob irgendwelche Dinge nachgefüllt werden mussten und ich schnappte mir mein Tablett, um nach leerem Geschirr Ausschau zu halten. Es war unglaublich viel...

Um halb acht hatte ich endlich alle Schüsseln und Teller von Nachzüglern wegräumen können und konnte mich voll und ganz auf die Getränke konzentrieren. Ich betrat gerade schwungvoll die Küche mit einem Tablett mit leeren Gläsern, als ich mit vollem Karacho in jemanden rein lief. Ich war definitiv zu schwungvoll unterwegs gewesen, denn zwei Gläser fielen vom Tablett und vier kippten darauf um.

„Verflucht, kannst du nicht aufpassen?", murmelte ich, mehr zu mir selbst, als zu der Person, mit der ich zusammen gestoßen war.

„Sorry, ich hab nicht hingeguckt", murmelt mir mein Gegenüber zu und bückte sich, um einige Scherben aufzusammeln. Erst jetzt blickte ich ihn an. Er ging, glaubte ich, bei mir auf die Schule, beziehungsweise, jetzt nicht mehr, denn er hat gerade sein Abitur geschrieben, was ich erst im nächsten Jahr tun würde.

„Ich habe mit mir selbst gesprochen, schließlich bist du hier Gast, du sollst Spaß haben und wenn möglichst gar nichts von der Arbeit hier bemerken. Du musst mir nicht helfen", fügte ich noch hinzu, doch er schüttelte nur den Kopf und sammelte weitere Scherben auf. Jetzt fiel mir sein Name ein. Finn. Er war erst als ich in der zehnten Klasse war auf unsere Schule gekommen, was ich gar nicht bemerkt hätte, da er ja einen Jahrgang über mir war, doch da er aus Schottland kam, hatten sein Name und seine Geschichte die Runde gemacht. Spätestens als er bereits in seinem ersten Jahr Schülersprecher wurde, kannte ihn jeder auf unserer Schule. Alessia kannte ihn sogar von außerhalb der Schule, da sie ihn in der Tanzschule getroffen hatte und sich gleich in ihn verknallt hatte. (Ja, er war der im Streit erwähnte Tanzpartner.) Ich war auf einer anderen Tanzschule gewesen, da meine Eltern mich nicht auf eine „gewöhnliche" Tanzschule schicken wollten. Naja, jedenfalls wusste ich nun, in wen ich gelaufen war. Hoffentlich beruhte dieses Wissen nicht auf Gegenseitigkeit, denn wenn ich jemanden träfe, der mich kannte, konnte es mit meinem eigenen Geld schneller vorbei sein, als ich „Marzipan ist scheiße" denken konnte.

„Du bist doch Robin aus der Elften, oder?", fragte er mich dann leider. Ich war wohl zusammengezuckt, denn er schob hinterher:„Machst du dir Sorgen, ich würde erzählen, dass du Kellnern gehst?" Ich zuckte nur mit den Schultern, nickte aber dann doch. „Okay,", sagte er, „Wenn du das geheim halten willst, sind meine Lippen versiegelt!" Mit diesen Worten tat er, als würde er seine Lippen verschließen und den Schlüssel wegwerfen. Ich musste lachen, doch ich brach abrupt ab, als Frau Volde durch die Küche kam. Sie war zwar nicht mehr annähernd so gestresst wie noch vor knapp vier Stunden, doch als sie die Scherben sah, verfinsterte sich ihre Miene. Finn drehte sich schnell um und redete auf meine Auftraggeberin ein. Er sprach unglaublich schnelles Englisch, doch ich hatte nicht umsonst Englisch Leistungskurs undverstand unter anderem, dass Frau Volde seine Tante war und er die komplette Schuld auf sich nahm. Ich merkte, dass ich rot wurde, weil ich sie belauscht hatte, drehte mich schnell weg, kehrte die letzten Scherben zusammen und warf sie in den Müllsack neben der Tür.

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Uuuuund Kapitel 2! Ihr kennt jetzt also Mike. Wie findet ihr ihn? Ich bin gespannt, was ihr so sagt!

Schönen Mittwoch! LadyBrisingr

Supposed to be a LadyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt