Kapitel 13

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Am nächsten Morgen konnte ich ausschlafen, denn unser grandioser Stundenplan hielt für mich nur Unterricht zwischen zehn und zehn vor vier bereit. Deutsch, Religion und Bio, also alles keine superspannenden Fächer, aber das würde schon gehen.

Exakt so war es auch und, abgesehen von dem heutigen Baguette in der Mittagspause, welches alles andere als frisch gewesen war, verlief der Tag normal. Fast schon langweilig, denn auch nachmittags machte ich nichts außer lesen und noch einmal die Choreografie für den morgigen Projektkurs durchgehen.

Der Freitagmorgen verging so ereignislos, wie der Donnerstagabend geendet hatte. Geschichte und Englisch LK waren keine allzu schlimmen Fächer und die Freistunde vor Projektkurs Tanz verschlimmerte den Vormittag auch nicht.

Um zwanzig nach zwei hastete ich in die Aula, in der sich schon die anderen Leute vom Projektkurs warmmachten. Es regnete so komisch von allen Seiten und statt die zwei Kilometer Rad zu fahren, hatte ich mich in den Bus gesetzt, der nur leider Verspätung hatte, weswegen ich nun spät dran war. Ich ließ meine Tasche einfach auf einen der Tische segeln, die in der Klausurordnung vor der Bühne aufgereiht waren. Alessia schaute mich an, als hätte ich sie mit dieser Aktion persönlich angegriffen. Sollte sie doch.

Ich schaute mich nach Can um, der das Duett mit mir tanzte, doch ich sah ihn nicht. Vielleicht kam er mal wieder zu spät...

Herr Laßbei betrat die Aula und wir versammelten uns alle auf der Bühne. Ich nahm mein Tape mit in die Runde, denn ich konnte einfach nicht länger als ein paar Minuten barfuß tanzen, ohne mir Blasen oder Schürfungen zu holen. Ganz auf meine Füße und das schwarze Tape fokussiert, bemerkte ich nicht, dass Herr Laßbei heute in Begleitung erschienen war, bis die Begleitung mich mit einer mir sehr bekannten Stimme ansprach.

Lass, verarschst du mich?" Nach dem kurzen Schreck, den er mir eingejagt hatte, weil er direkt neben mir stand, lachte ich auf.

„Finn, zur Hölle, ich wusste du stalkst mich und nicht umgekehrt! Seit dem ersten Tag, ich weiß nicht, wie oft ich es dir schon erklärt hab!"

„Ihr zwei kennt euch also Finn?", bemerkte Herr Laßbei erfreut. Erfreut? „Dann wird es dich freuen, dass du ihren Partner ersetzt!" Ich verschluckte mich fast.

„Can fällt aus?" Herr Laßbei nickte.

„Es tut mir leid, Robin, aber Can hat sich beim Fußball den Mittelfuß gebrochen. Du wirst dein Duett mit Finn tanzen müssen, doch keine Sorge wegen der Schritte, Finn schafft das schon!"

„Äh...", machte ich, wenig intelligent, wie ich zugeben muss.

„Was ist, lass, hast du kein Vertrauen in meine tänzerischen Fähigkeiten?" Während er das sagte zwinkerte er mir zu. War das sein Ernst? Ich verdrehte die Augen.

„Ich habe es choreografiert, komm schon!" Wie bitte?!

„Du?", meine Güte, meine Beiträge zu diesem Gespräch wurden von Mal zu Mal geistreicher. Finn streckte mir die Hand hin.

„Ich. Können wir jetzt oder willst du noch ein paar Lobeshymnen auf mich loswerden?" Ich nahm seine Hand und ließ mich von ihm hochziehen. Erst jetzt fielen mir die Blicke auf, die die anderen aus dem Kurs uns zuwarfen. Finn war immerhin der bekannteste Junge der Schule. Und offensichtlich auch noch begabt in dem, was uns alle in diesem Kurs verband. Oha und Alessia schaute mich an, als wollte sie mich töten. Ich ließ Finns Hand los.

„Himmelherrgottnochmal!", murmelte ich leise.

„Was?", fragte Finn.

„Ich sagte ‚Himmel Herr Gott nochmal'. Sie schauen dich alle an, als seist du der fleischgewordene Jesus. Oder Channing Tatum.", flüsterte ich in sein Ohr. Er lachte.

„Channing Tatum? Ich fühle mich geschmeichelt."

„Okay Leute, fangen wir an! Nächste Woche kommt der Fotograf, ich möchte euch dann alle in Kostümen sehen!" Diese Aussage rief erst einmal Verwirrung hervor. Wir hatten noch nie über die Kostüme gesprochen! Großes Stimmengewirr brach aus.

„Ruhe! Leute, bitte! Finn hat sich das alles ausgedacht, er hat auch schon Kostüme im Kopf, sagte er zumindest heute Mittag?", fragend wandte sich Herr Laßbei meinem neuen Tanzpartner zu. Dieser nickte.

„Alle Mädchen, die ‚See you again ' tanzen, können vom letzten Jahr die marineblauen Kleider aus dem Fundus holen, die zugehörigen Jungs tragen bitte schwarze Hemden und schwarze Hosen, schließlich ist das ein sehr emotionsgeladener Tanz! Alle, die ‚Ex's & Oh's' tanzen ganz simpel knallbunte Shirts, egal welche Farbe, sprecht euch ab, dass nicht zweimal die gleiche Farbe nebeneinander steht. Dazu Jeansshorts, die Jungs einfach Baggies, klar soweit? Soooo... Die ‚Sax'-Tänzer tragen die gleichen Shirts wie eben, ach eigentlich könnt ihr gleich bleiben. Ansonsten... Um es kurz zu machen, die klassischen Stücke haben wir im Fundus und für die aktuellen Dinger einfach mal bunte Shirts, die genannten Hosen und komplett schwarzes Trainingszeug für so Sachen wie ‚Sound of Silence' mitbringen, okay? So, ich hoffe irgendwer konnte sich das merken, ich nämlich nicht!"

Es folgte allgemeines Gelächter. Kein Wunder, dass er Schülersprecher wurde, nachdem er nur eine einzige Rede gehalten hatte.

Herr Laßbei mischte sich wieder ein: „Was ist mit eurem Duett?"

„Naja, es geht doch eigentlich darum, dass diese Sweater die beiden irgendwie zusammenbringen, also dachte ich, tanzen wir auch in Sweatern?", rutschte es mir heraus und ich schaute zu Finn. Der nickte zum Glück, schließlich war das seine Choreografie.

„Gut, dann fangen wir mit Proben an. Wir folgen der Reihenfolge der Tanzabende, also Eröffnung mit ‚Ex's & Oh's'!"

Wir stellten uns auf. Und die Quälerei begann. Klar, ich liebte das Tanzen, aber Finn war unglaublich streng mit seinen Choreografien. Und manchmal glaubte ich, auf mich achtete er ganz besonders. Zu meiner großen Freude ließen wir Sweater Weather erst einmal aus und er piesackte lieber Alessia, die bei den ersten drei Stücken noch so tat, als könnte sie ja alles und als würde Finn ihr Talent vergöttern, nur weil sie nicht korrigiert wurde. Tja, dann kamen langsamere Stücke. ‚Sound of silence' in der Version von Disturbed, ‚See you again' und einer meiner Lieblinge als Finalstück ‚The time of my life' aus Dirty Dancing, lagen nicht so in Alessias Fähigkeitenbereich. Zu ihrem Unglück ersetzte Finn deshalb ihren Vortänzerpart im Finale. Okay, genug Schadenfreude. Ich sollte mich lieber zusammenreißen, schließlich war es echt hart, aus einem Stück, für das man schon neun Monate probte, geschmissen zu werden. Tatsächlich brachte ich sogar einen mitfühlenden Blick zustande. Alessia schaute mich nicht einmal an. Bis Finn mich zu ihrem Ersatz machte.

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Wieder im Rythmus! Habt Spaß beim Lesen!

LadyBrisingr

Supposed to be a LadyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt