Jakob Brewler

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Damit war Weihnachten für mich gelaufen. Ich war verstört von mir selbst, von meinem unüberlegten Verhalten. Was hatte ich mir davon denn erhofft? Was wäre passiert wenn Jan nicht in der Tür gestanden hätte? Meine Gedanken rasten mir durch den Kopf, die Gespräche mit der Familie waren komplett an mir vorbeigerauscht. Ich bekam kaum etwas mit. Das Päckchen hatte ich in der Nacht, nachdem Nele, Aaron und Jan verschwunden waren, eingesammelt und in meinem Nachttisch verstaut. Ungeöffnet. Ich musst damit aufhören an ihn zu denken. Das war natürlich wahnsinnig einfach nach diesem unfassbar intensiven Kuss der mir nochimmer auf den Lippen brannte wenn ich daran dachte. An seine kratzigen Wangen, die geübten Lippen und dieses verzehrende Gefühl... es war unbeschreiblich ihn zu küssen. Etwas völlig neues. Aber genug, es machte die Sache auch nicht besser und den Fakt das ich Ewan jetzt so gut wie verloren hatte. Nachdem dieser Kuss ihm doch gezeigt hatte das da etwas war. Zumindest von meiner Seite aus. Was hatte ich mir nur dabei gedacht? Einfachso einen verheirateten Mann anzufallen? Er hatte erwidert. Er hatte den verdammten Kuss genauso hungrig erwidert. Das konnte doch kein schlechtes Zeichen sein...? Was bildete ich mir nur darauf ein verdammt!

So gut es ging konzentrierte ich mich auf meine Familie und lauschte den Geschichten über ihr perfektes Leben. Eines Abends, ich hatte mich bloß mit Jan verabredet um etwas Zeit mit meinem Bruder alleine zu verbringen, wir saßen mit unseren Bier Flaschen vor der Bar in der wir uns getroffen hatten, sprach er mich auf Ewan an. "Lou, ich will mich da in nichts einmischen aber..." Er kratzte sich am Hinterkopf, "ich mache mir etwas Sorgen, Casey..., du sagst du hast nur Lizzy und Phil als Freunde und sie sind auch eher gute Bekannte und dann noch der Typ letztens im Treppenhaus. Ich weiß das du kaum noch Kohle hast, du bist so abwesend die ganze Zeit. Wer war das letztens? Dein Freund?" Ich schluckte,"Nein, nein Ewan ist nicht mein Freund. Wir...ich...keine Ahnung." brachte ich mit gebrochener Stimme hervor. Jan schien eine Weile zu grübeln. "Darf ich dich ein paar Sachen über ihn fragen? Ich glaube von alleine kommt da nicht viel." Ein winziges schmunzeln huschte über meine Lippen. Jan strich mitfühlend über meinen rücken. "Woher kennst du ihn?" Unweigerlich musste ich lächeln wenn ich an Ewan dachte. " Über seinen Hund, Sid." "Magst du ihn?" "Natürlich 'mag' ich ihn. Er ist toll. " "Wie toll?" "Wird das hier ein interview? Soll ich dir jetzt noch sagen wie gut er Küssen kann oder wie lang..." Jan lachte laut über meinen trockenen humor. "Okay, okay, so genau brauche ich es nicht." er wurde wieder ernst, "es ist nur, Ich will dich wieder glücklich sehen Luise. Macht Ewan dich glücklich?" Ich nickte schwach. Er machte mich sehr glücklich. "Wo ist der Haken?" "Star Wars?" Mein Bruder war irritiert. "Ja?" "Ewan McGregor? Obi-wan irgendwas?" Fragte ich weiter. Er riss seine Augen auf. "Du willst mir nicht erzählen das der Typ Obi-wan Kenobi ist! Er ist schauspieler?" "Sonst würde ich dir nicht die Schlagwörter geben oder?" "Okay das ist krass aber... Lou, wo ist der Haken?" Ich schüttelte wieder den Kopf, energischer, " Vielleicht bei vier Kindern und einer Ehefrau? Achso, und 20 jahren altersunterschied?" Jan stöhnte und vergrub das Gesicht in den händen. "Meine Güte. Kleine schwester, was stellst du nur immer an?"
Jan steckte mir etwas Geld zu als sie abreisten. Ich hasste es und hätte es ihn am liebsten sofort wieder zurückgegeben aber ich brauchte es mehr als dringend. So konnte ich doch damit die nächsten Wochen halbwegs sorgenfrei meine Miete zahlen.

Auch der letzte Schnee Matsch war geschmolzen und die ersten zarten Sonnenstrahlen bahnten sich ihren weg durch die dicke Wolkendecke. Ich saß auf einer Bank vor der Uni und las in einem Buch welches ich vor ein paar Tagen in Phils Treppenhaus gefunden hatte. Manche bräuche blieben gleich, egal wo man war. Ich blickte auf als sich plötzlich jemand neben mich setzte. Verwundert musterte ich den jungen Mann. Er war ziemlich groß. Bestimmt mindestens 1.90. Schlaksig und leicht gelockte dunkelbraune haare. Er kratze sich verlegen am bärtigen Kinn. "Hey, ich bin Jackob Brewler, wir sind im selben Kurs bei Mrs Lees." "Lou Melchior, sehr erfreut." lächelte ich, ehrlich erfreut. Es war eine halbe ewigkeit her das mich der letzte Mann angesprochen hatte. "Entschuldige aber ich kann mich nicht erinnern." sprach ich weiter. Er winkte nur sanft lächelnd ab. "Also, ich, du bist mir schon öfter aufgefallen und ich wollte dich fragen ob wir vielleicht mal zusammen was essen gehen können."
"Oh sehr gerne!" Ich studierte sein Gesicht. Interessant geformte Lippen, hohe Wangenknochen... doch seine Augen! Sie erinnerten mich an jemand und es lag mir auf der Zunge doch trotzdem wollte es mir nicht einfallen. Sie waren von einem erfrischenden blau-Grün... "Hast du nach dem letzten Kurs schon was vor?" Riss er mich aus meinen Tagträumen. Ich schüttelte den Kopf. "Okay, treffen wir uns am Haupteingang?" "Ja, ich freue mich." antwortete ich.
Nachdem Jakob sich verabschiedet hatte überkam es mich wie ein Stromschlag. Natürlich, wie konnte ich nur vergessen an wen mich seine Augen erinnert hatten! Eine Gästehaut breitete sich auf meinem Körper aus als ich an Ewan dachte. Ewans Augen. Ewan. Ich vermisste ihn so schrecklich. Auch wenn wir uns nicht so oft gesehen hatten war es immer das gefühl von 'nachhause kommen' wenn er in meiner nähe war. Seit 1/2 Monaten hatte ich ihn nicht mehr gesehen. Ich hatte nicht mal einen Film mit ihn gesehen. Aber was sollte schon wieder das schwelgen in Erinnerung. Ich würde mich gleich mit Jakob treffen! Jakob nicht Ewan.

Leicht aufgeregt wartete ich vor der Uni. Jakob kam mir entgegen geschlendert. Schlecht sah er nicht aus, eigentlich war er sogar total mein Typ. Er trug ein graues Hemd darüber einen hübschen Parka und ausgewaschene Jeans.

Wir kauften uns sandwiches und setzten uns auf eine kleine Mauer. "Was hast du so vor nach der Uni?" Fragte ich ihn gutgelaunt. "Ich möchte in irgendeiner Redaktion Arbeiten und interviews mit überbewerteren Stars führen. Nenn mich ruhig Jake" lachte er. "Und du?" ich trank einen schluck Kaffe. "Keine Ahnung."

Wir saßen lange so herum und unterhielten uns. Es war wirklich interessant und Jake gefiel mir. Wir verabredeten uns für Freitag Abend. Ein Date. Das erste seit ewig. Lizzy war ganz aus dem Häuschen als sie davon erfuhr. "Ich komme am Freitag zu dir und dann machen wir dich richtig hübsch! Diesem Jakob werden die Augen ausfallen!" Ich lachte. "Ist ja gut Lizz!" Wir reden noch etwas über ihn und sie verabschiedete sich durchs Telefon. Sicher freute ich mich über die Verabredung doch etwas bitter schmeckte es schon. Natürlich war es toll sich mit einem gutaussehenden, jungen Mann zu treffen der dazu noch ausgesprochen nett und höflich war aber es war jemand anderes mit dem ich zeit verbringen wollte, dem ich meine aufmerksamkeit und zärtlichkeit schenken wollte aber so sollte es vielleicht einfach nicht sein.

Unser Date verlief super, wir gingen essen, hatten Spaß und unterhielten uns gut. Jakob brachte mich noch zur Tür. Er überragte mich ziemlich , so groß wie er war. "Es hat mir sehr gefallen Lou. Vielleicht können wir es ja wiederholen...?" Ich lächelte. "Ja, mir hat es auch sehr gut gefallen, jederzeit gerne!" Er beugte sich mit einem leichten lächeln auf den Lippen herunter. Angespannt wartete ich ab. Würde er mich jetzt küssen? Ich fand es ein wenig zu früh um ehrlich zu sein. Vielleicht war ich bei soetwas etwas old school und eigentlich war es schwachsinn wenn man betrachtete wie schnell ich Ewan damit überfallen hatte. Aber in wirklichkeit war es überhaupt nicht meine Art sofort an die Sache zu gehen. Ich war wenn eher etwas schüchtern in solchen Dingen. Tatsächlich rückten Jakes Lippen immer näher und mein unbehagen wuchs. Zum glück küsste er mich blos auf die wange. "Gute nacht." murmelte er leise. Ich erwiderte den und er stieg in seinen alten BMW. Ich wollte jetzt nichts lieber als mich in mein warmes bett zu kuscheln. Das tat ich dann auch, mit den gedanken bei blau-grünen schlief ich ein.




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Sorry für das kurze Kapitel, kann Momenten nur auf dem Handy schreiben...
Ich hoffe das Kapitel gefällt, nachdem ich jetzt nach einer ziemlich inspirationslosen Phase wieder angefangen habe weiter zu schreiben.
Gute Nacht!

Lou & EwanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt