Zuhause

106 6 6
                                    

Er fuhr sich durch die zerzausten Haare. Müde vom Flug und dem schlechten Gewissen. Die Kinder schliefen endlich, nicht das er sich nicht gefreut hätte sie wieder zu sehen, er liebte sie doch über alles.
Jedoch ließen die Gefühle so eingeengt zurück das er kaum Luft bekam. Das tat ihm nicht gut, es tat niemanden gut.

Sie hatten bei der Einfahrt gewartet, waren in Ewans Arme gesprungen wie jedes Mal wenn er wieder länger weg gewesen war. Es war ein Ritual.

Eve verhielt sich abnormal, Ewan war sich sicher das die etwas ahnte. Das war auch der Grund warum er so plötzlich gegangen war. Eine SMS war das einzigste das er Lou bei seiner beinahe panischen Flucht aus London hinterlassen hatte. Die Panik war gekommen als er realisiert hatte das Eve sich anders verhielt.
Ganz ohne Vorwarnung. Am Telefon hatte sie ungewohnt reserviert geklungen, im Versuch ihre bisher unbestätigte Sorge zu verdecken. Ohne wirklich drüber nachzudenken war er in das nächste Flugzeug gestiegen, hatte Sid mitgenommen. Er wusste nicht wie lange er bleiben würde.

Eve war nie eifersüchtig gewesen. Nicht einmal besorgt. Dabei war es Teil seines Jobs viel mit anderen Frauen in Kontakt zu sein, Nähe und große Gefühle zu simulieren aber als er dieses Mal durchs Telefon ihren Tonfall wahrgenommen hatte, hatte blanke Angst ihn ergriffen.
Angst das alles auffliegen würde. Das er seine Familie Verlieren würde. Lou verlieren würde. Er hatte nicht nachgedacht, die heftigen Befürchtungen waren aufgekommen und so lähmend das kein Platz für andere Gedanken war.
Dazu kam noch das ihr Hochzeitstag anstand diese Woche. Das hatte Ewan komplett vergessen. Er hatte es noch nie vergessen vorher. Niemals. 

Das Haus bedrückte ihn. Wie sehr sie sich gefreut hatten als sie eingezogen waren, damals. Ein großes Haus, beinahe eine Villa im Spanischen Stiel, mitten in LA. Mit der kleinen Tochter. Er fühlte sich wie ein verräter, und vielleicht war er das auch. Mit der Familie am Esstisch zu sitzen und die neusten Ereignisse auszutauschen.
"Ich muss die Woche in London bleiben, es lohnt sich nicht. Freitag und Samstag stehen Nachdrehs an... Ein Meeting... Press Junk." Die Dinge die er bereits in London durchs Telefon gesagt hatte, waren genau die selben wie die, die er immer am Esstisch sagte wenn sie dann so da saßen. Doch nicht dieses Mal. Er hatte viel zu tun gehabt, entschuldigte sich dafür das er so lange weg gewesen war. Er war ein elendiger Lügner.

Seine Töchter kamen ihm fremd vor, verändert. Es war viel zu lange her das er sie gesehen hatte. Richtig gesehen. Keine gehetzten Umarmungen an Flughäfen oder treffen für ein paar Tage die er in Amerika war. Er wollte sie in seiner Nähe haben, sie wachsen sehen und nicht nach Hause kommen und sich fremd fühlen. 

"Du hast dich verändert die letzte Zeit." Meinte seine Frau, neben ihm liegend. Ewans Herz raste sofort. Ertappt.
Er lächelte sie beruhigend an, während er innerlich das Gefühl hatte zerquetscht zu werden. Zu viel. Es fraß ihn auf. 
Eve suchte seine Nähe, das Geschenk das er ihr gemacht hatte zum Hochzeitstag lag auf der Kommode. Ein andauerndes Gefühl der übelkeit welches in ihm herrschte. Sie schmiegte sich an ihn, er wusste das sie mit ihm schlafen wollte.
Kein großes Wunder, das letzte mal war eine halbe Ewigkeit her, sie taten es kaum noch. Dieses Mal schob er es auf seine Erkältung.
Die romantik war verschwunden, es gab kein verlangen mehr, kein knistern, selbst weniger als das was man aus Ehen kannte an unaufgeregter Romantik. Ein Tiefpunkt. Dabei waren die Jahre davor immer voll mit solchen Dingen gewesen. Er hatte sie so sehr geliebt.
Es tat Ewan leid ihr nicht das geben zu können was sie brauchte, aber er konnte nicht. Eve brauchte die Nähe zu ihrem Mann, wenigstens die Körperliche. Im Versuch irgendwie wieder zueinander zu finden, eine Brücke zu schaffen.
Emotional befanden sie sich bereits seit Monaten in verschiedenen Welten. Seine Gedanken waren bei Lou. 

Ewan konnte nicht schlafen, nicht in dem Haus, nicht neben Eve. Er ging leise hinunter ins Wohnzimmer. 
All die fadenscheinigen Lügen die er zwischen auslaugenden Interviews und stressigen Meetings ins Telefon sprach rotierten in seinem Kopf herum. Sie drückte ihn herunter, zogen ihn in einen Strudel aus Selbstzweifel und Vorwürfen.
Er war hier wegen seiner Familie. Das war was zählte. Die Familie die er sich immer Gewünscht hatte, das Leben das er immer gewollt hatte und auch die letzten Jahre gelebt hatte. Die Frau die er geheiratet hatte.
Hatte, hatte, hatte. Nichts davon schien real zu sein. Es kam ihm alles vor wie aus der Vergangenheit, dabei war alles jetzt da.
Ewan versuchte nicht an das zu denken was in London war.
Es ging einfach nicht.





Sooo, mal ein etwas anderes Kapitel. Ich bin gespannt wie es euch gefällt und ob ich vielleicht mehr davon machen soll.... Oder es vielleicht lassen soll weil es nicht reinpasst....? Was haltet ihr davon?
Naja. Mal sehen. See ya next chapter!
















Lou & EwanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt