Vergessene Post

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Ich wurde geweckt durch Ewan der sich etwas unruhig auf eine andere Seite drehte. Sid hatte sich schon längst auf den Weg gemacht meine Küche nach Essen zu durchsuchen. Das leise Schnarchen von Ewan störte mich keineswegs. Behutsam kroch ich unter der warmen Decke hervor, schlich in die Küche und machte Kaffe, nachdem ich mich erstmal im Bad etwas frisch gemacht hatte. Ein Dauergrinsen zierte meine wangen, es ekelte mich selber. Gedankenverloren rührte ich in dem heißen Getränk und beobachtete Ewan den man, wenn man leicht schräg am Tisch saß sehen konnte. Mein Flur war relativ klein und kurz und man musste durchs Wohnzimmer gehen bzw. Blicken um auf das Bett sehen zu können. Er lag quer im darin, ein Arm hing hinaus. Eigentlich waren Tattowierungen nicht so etwas für mich aber es gefiel mir sehr gut an ihm. Es verlieh seinem, manchmal etwas schüchternen oder braven Aussehen etwas kerniges. Erst später wurde mir bewusst das er auch ganz anders konnte. Mir war auch erst da das kleine Fahrrad aufgefallen das sich auf seiner rechten Wade befand. Es verging eine ganze Weile bis Ewan langsam blinzelnd den Kopf hob. Er sah mich nicht. Noch etwas verschlafen stand er auf, strich sich durch die zerzausten Haare. Ich senkte den Kopf als ich sah das er sich nach vorne bewegte. Das lächeln über seinen süßes Aussehen versuchte ich  mir zu verkneifen. Eine zweite Tasse Kaffe hatte ich betereits gefüllt. “Hey.“ grinste ich. “Gut geschlafen?“ ich schob ihm die Tasse hin. Gähnend legte er kurz dankend eine Hand auf meine Schulter und setzte sich mir gegenüber. “So gut wie lange nicht mehr.“ Seine stimme hatte eine raue Note durch den Morgen. Das freundliche Grinsen das er mir schenkte ging mir durch Mark und Bein. Schüchtern lächelte ich ihn an. “Hast du Hunger?“ Fragte ich ihn. Er nickte, “Ja ein wenig...“ Ich ging zum Kühlschrank. “Also ich habe Eier da. Und noch ein bisschdn Brot. Omelett? Ich muss dich warnen meine Kochkünste sind mehr als beschränkt.“ Lachend erhob er sich und stellte sich neben mich an den Herd. “Lass mich das machen. Du musst doch nicht mein Frühstück machen.“ Er nahm mir den Pfannenwender ab. “Du willst nichts essen?“ Ich schüttelte den Kopf und setzte mich. Ewans Anblick, so locker hinter dem Herd, die Jeans die beihnahe von seinen schmalen Hüften rutschte und wo die shorts hervorlugten, die Haare wild von Kopf abstehend. Er sah unwiederstehlich sexy aus.. träumend stütze ich mein Kinn auf eine Hand. Er sah so jugendlich aus. Ein breites Grinsen auf den Lippen als er sich umdrehte. Ich wurde meines gar nicht mehr los. Mit hochgezogenen Augenbrauen stellte er das Omelett auf den Tisch. Der köstliche Duft von Frühstück erfüllte die Küche. Wenn ich alleine war aß ich eher selten zu Frühstück, vor der Uni viel es einfach oft weg aus Zeitgründen. “Sicher das du keinen Hunger hast?“ genüsslich schob er sich die erste Gabel in den Mund. Ich schüttelte mit fest aufeinander gepressten Lippen den Kopf doch im selben Moment knurrte mein Magen laut auf. Lachend strich er sich die haare zurück, “ Ich habe extra mehr gemacht. Hör auf so gierig auf das Essen zu starren und iss endlich.“ “Gott das schmeckt gut!“ stöhnte ich überrascht, als ich den ersten Bissen runter schluckte. “ Es ist nur Ei Lou.“ “Nein, es schmeckt wirklich gut. Du kannst ja kochen!“ “Ich koche gerne, gut ist eine andere Sache.“ Belustigt trank ich an meinem Kaffee. Es war sehr angenehm, es herrschte ab und zu eine angenehme Stille. Es war keine peinliche Stille, jeder hing seinen Gedanken nach und es war gut so. Die durchs Fenster einfallende Sonne wärmte unsere Gesichter. Möglichst unauffällig beobachtete ich Ewan der so verträumt nach draußen starrte und auf seiner Unterlippe herumkaute. Seine Lippen... so verlockend. Hastig schob ich die Gedanken bei Seite die sich in meinem Kopf breit machten. Ich wollte nicht das dieser so wunderbare Morgen durch irgendeine falsche Handlung zerstört wurde. Er bemerkte meinen Blick und lächelte. “Ich fürchte ich muss gleich los,...“ Los... wohin wohl? Die Familie wartet natürlich. Die Realität schlug mir wieder mit voller Wucht in den Magen. “Natürlich“ murmelte ich nüchtern. Seine Hand ergriff meine und er strich mit seinem Daumen über sie. Mein Herz machte einen erschrockenen Satz, wie jedes mal wenn er mich berührte. So war es doch wenn man verliebt war oder? Ich betrachtete kurz unsere leicht verschränkten Finger. Was war das hier? Was war das zwischen uns? Was war mit seiner Familie Mit unserem Altersunterschied? Was, was was?! Es war zum verrückt werden. Doch gerade im Moment war es mir so egal, viel zu sehr genoss ich die nähe und harmonische Atmosphäre zwischen uns. Ewan sah auf seine silberne, bestimmt ziemlich teure Uhr. Er stand auf und auch ich erhob mich. Sid wurde an seiner schwarzen Leder Leine befestigt und wir gingen zusammen Hinunter. Ich musste noch die Post holen. Wir schwiegen, bis Ewan kurz vor dem Briefkasten wieder seine Stimme erhob. Sie klang so vertraut und angenehm in meinen Ohren. “Ich wollte mich noch mal bedanken dafür, Lou... das mit Sid, für das Frühstück. Für den ganzen Abend, also die ganze Zeit. Ich habe es sehr genossen.“ Ein kleines lächeln stahl sich in mein Gesicht. “ Du brauchst dich nicht ständig bedanken, außerdem hast du das Frühstück gekocht. Du hättest doch das selbe getan in sachen Sid.“ Ich deutete auf Ewans kleinen Bodyguard der dicht hinter ihm stand. Ewan lachte sein herrlich, ansteckendes lachen und sah mir tief in die Augen. Plötzlich wurde ich etwas schüchtern, traute mich kaum es zu sagen. “Mir hat es auch gefallen. Sehr sogar. Vielleicht können wir so etwas wiederholen?“ Ich spürte wie meine Wangen rot anliefen. Verlegen trat ich von einem Fuß auf den anderen. “Oh, nichts lieber als das.“ Er klang ehrlich erfreut, seine Arme zogen mich in eine innige Umarmung. Er presste mich eng an sich sodass ich seinen Herzschlag durch den dünnen Stoff des shirts spüren konnte. Ebenso heftig wie meiner, wie ein kleiner Vogel in einem Käfig  mit seinen Flügeln schlägt, pochte es gegen meine Brust. Der Herzschlag konnte nichts leugnen und nicht lügen. Seine Wange lag an meinem Hals und ich wagte kaum mich zu bewegen. Stunden hätte ich so stehen können, eng umschlungen, seine nähe spüren und seinen Geruch einatmen können. Wir lösten uns aus der Umarmung. Es ging nicht anders, meine Augen konnten sich einfach nicht von seinen Lippen abwenden. Sie wichen nur um flüchtig zu seinen Augen zu huschen die ebenso dunkel und unschlüssig schienen und dessen Fokus sich immer wieder zu meinem Mund verlagerte. Ewans Hände lagen auf meinen Hüften, während meine unsicher auf seinen Oberarmen ruhten. Dieses mal wollte ich ihn auf keinen Fall so überfallen wir beim ersten mal. Wenn es jetzt wirklich passieren würde. Ich wartete darauf und er tat den ersten Schritt indem er den Kopf etwas runter neigte und näher kam. Mein Hals war furchtbar trocken und vor nervosität bekam ich kaum Luft. Kurz bevor sein Mund meinen erreichte stoppte er und sah mir noch einmal in die Augen. Sein Blau-Grün leuchtete so strahlend. Ich erwiderte den festen Blick. Ab diesem Moment wusste ich das alles gut war, ich konnte mich fallen lassen, er hatte den ersten Schritt getan. Von sich aus. Der heiße Atem kam immer näher und endlich trafen sich unsere Lippen in einem hauchzarten Kuss. Wie eine Welle brachen die ganzen Eindrücke und Emotionen auf mich ein. Ich spürte wie Ewan Luft holte und sich wieder zurück zog. Wie auf eine Bestätigung wartend. Ich streckte mich ihm entgegen, brannte auf mehr. Als ich dachte der Kuss würde kommen, erwartete ich nicht das spielerisch-sanfte necken das er andeutete bevor er mich wieder küsste. Es fühlte sich wie eine Explosion in meinem Bauch an. Meine Finger legten sich an seinen Hals, ich strich mit meinen Daumen über seine Wange und fuhr in sein weiches Haar. Er verstärkte den Griff um meine Hüfte und gab ein leises seufzen von sich. Der Kuss war sehr zart. Ich konnte mich nicht mehr auf Zehenspitzen halten und er folgte der bewegung als ich zurück auf meine gesamten Füße sank. Es war ein relativ kurzer Kuss aber er war so zerbrechlich, vorsichtig. Ganz langsam entfernten wir uns wieder von einander. Seine Stirn gegen meine gelehnt und seine Hände streichelten über meine Seiten. Dann gab er mir noch einen ganz kleinen, sanften Kuss. Ich wollte nicht das er sich schon entfernte und reckte mich noch ein mal nach oben. Man konnte seine Zähne an meinen Lippen fühlen denn Ewan lächelte in den Kuss hinein. Liebevolle, süße Küsse. Er lies sich Zeit. Verträumt fuhr ich mit dem Zeigefinger über sein Kinn nachdem er etwas zurück getreten war. “ Bis bald sweetheart.“ Lächelte er. Ich fühlte mich wie ein Teenager nach dem ersten Kuss. Nicht Französisch aber so das es einen erröten lies. Schüchtern starrte ich auf meine Schuhe. “ Ja bis dann.“ Ich blickte erst auf als er mir noch schnell zum Abschied einen Kuss auf die Stirn hauchte und mit einem breiten Grinsen und Sid an der Leine aus der schweren Haustür verschwand. Ein kühler Wind strich über meine erhitzte Haut. Warum zu Hölle wurde mir auch immer erst im nachhinein bewusst was ich gerade wieder angestellt hatte? Was hatte der Kuss für uns bedeutet? War es ein Schlüssel Moment gewesen? Eine Aussage? Ich musterte die gesprungenen rot-blauen Fliesen und vergaß beim raufgehen die Post mitzunehmen.




Es ist nicht so lange geworden aber ich hoffe es gefällt!

Lou & EwanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt