Kapitel 18

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Die Ballvorbereitungen begannen schon kurz vor Sonnenaufgang, und das war gegen sechs Uhr morgens. Seitdem kann ich auch nicht mehr schlafen. Immer wieder waren angeregte Gespräche vor der Tür meines Zimmers zu hören und ich musste mich jedes Mal zusammenreißen, um nicht da draußen jeden zusammen zu schreien. Das sie Ruhe geben sollen.

Zwar bin ich es gewohnt früh aufzustehen nach einer langen Nacht, aber ich bin noch sau müde von den letzten Tagen.

Gestern Abend war ich noch mit Ellie und Lea etwas trinken in der Bar, die eine Straße vom Schloss entfernt war. Naja, wie man sich denken kann, wurden aus einem Glas zwei und aus diesen dann so um die acht. Ich war noch gut. Die anderen haben versucht, den jeweils anderen unter den Tisch zu trinken. Resultat: Ich durfte zwei Besoffene mit in mein Zimmer schleppen.

Lea hat sich schon des Öfteren heute Nacht übergeben und liegt sehr wahrscheinlich in der Badewanne, denn in meinem Zimmer ist sie nicht mehr. Ellie hat mir die Decke schon vor zwei Stunde geklaut.

Mein Blick huschte zum Wecker auf meinem Nachttisch. 8:23 Uhr.

Ruckartig drehte ich mich zu Ellie um und versuchte sie aufzuwecken.

„Ellie....Ellie." Ich rüttelte an ihr, aber sie rührte sich nicht. Leicht verzweifelt versuchte ich sie aus meinem Bett zu schieben, was mir auch nach mehreren Versuchen gelang. Mit einem stumpfen Ton küsste Ellie den Boden. So

schnell ihr Flug zu Ende war, so schnell stand sie auf zwei Beinen und sah mich böse an.

„Wir sind zu spät.", erklärte ich ihr. Ihr Gesichtsausdruck wechselte von böse zu erschrocken. Ich sprang aus dem Bett und zog mir schnell eine schwarze Hose an, dazu ein einfaches Shirt. Schnell huschte ich ins Bad, wo schon Ellie ihr Gesicht wusch und gleichzeitig eine Zahnbürste im Mund hatte.

Ich schaute zur Badewanne und meine Vermutung bestätigte sich. Lea hatte die Nacht hier verbracht. Auch mit einer Zahnbürste im Mund ging ich auf sie zu und rüttelte an ihr. Sie war viel leichter wach zu bekommen als Ellie.

„Mhm...", murmelte sie, als sie mich ansah. „Wir sollten jetzt schon halb neun haben.", erklärte ich ihr und gleichzeitig wurden Leas Augen größer. Sie versuchte sofort schnell aufzustehen, rutschte aber nach hinten weg und haute sich den Arm an. „Au...", jaulte sie. Beim nächsten Versuch half ich ihr auf.

Die nächsten fünfzehn Minuten verbrachten wir drei damit, uns so schnell wie möglich fertigzumachen.

Um acht Uhr fünfzig standen wir dann vor meinem Zimmer und verabschiedeten uns von Lea bis zum Abend.

Ellie und ich eilten zu meinem Atelier und öffneten mit Schwung die Tür. Meine Schwester stand gerade da und redete mit ihrem Freund.

Beiden drehten sich gleichzeitig zu uns um. „Blue!" Chrisis Freund kam euphorisch auf mich zu und zog mich in eine Umarmung. „Eric." Ich stellte mich auf meine Zehenspitzen, denn Eric ist ein Riese.

„Na, wie geht es dir?" Eric war schon immer höflich und nichts konnte ihn aus der Ruhe bringen. Nicht mal meine Schwester.

„Mir geht es super." Ich lächelte. Eric widmete sich Ellie hinter mir und begrüßte auch sie.

„Ich habe dir deine Lieblingsgebäcke aus meiner Bäckerei mitgebracht, Blue." Grinsend deutete er auf den Tisch in der Mitte.

Mit großer Freude huschte ich zum Tisch und wollte in die Tüte schauen. „Danke. Diese Muffins sind so lecker. Du musst einen probieren Ellie." In dem Moment wo ich die Packung auf machen wollte, hielt meine Schwester ihre Hand drauf.

„Ihr seid zu spät.", meinte Chrisi schroff. „Tut mir ja leid, aber es..." Sie ließ mich nicht ausreden. „Es gibt keine Entschuldigung. Du. Bist. Zu. Spät." Sie drehte sich um und holte irgendwelche Skizzen raus.

„Als wärst du nie zu spät.", grummelte ich. Meine Schwester hörte mich aber und drehte sich zu mir um.

„Blue, ich darf zu spät kommen, denn das alles hier", sie blickte sich um, „gehört mir und die komplette Ausstattung, bis zur letzten Nadel, mit der du arbeitest. Es gehört mir, also hör auf dich über mich zu stellen."

Was war los?

„Okay, beruhig dich." Ich redete in einem ruhigen Ton mit ihr, um ja keinen neuen Konflikt ausbrechen zu lassen.

Chrisi atmete tief durch. „Ich will dich heute nicht mehr sehen. Nimm dein Kleid und verschwinde. Wir werden heute Abend reden." Mir klappte der Mund auf. „Was soll die Scheiße hier?! Ich helfe dir immer, bin einmal zu spät und schon tickst du aus?" Ich hatte noch nie meine Schwester angeschrien und war von mir selbst von meinem Verhalten überrascht. Chrisi anscheinend auch. „Du hilfst mir, du bist einmal zu spät - OK. Aber du übernimmst meine Arbeit." Ihr Blick huschte kurz zu meinem Kleid. Sie ist eifersüchtig.

„Geht es darum, dass ich mein Kleid selber gemacht habe, ohne irgendwelche Hilfe von dir? Bist du eifersüchtig? Wenn ja, es gibt keinen Grund."

Meine Schwester sah mich zähneknirschend an. „Ich bin nicht eifersüchtig. Du bekommst nur alles und jetzt kannst du auch noch mein Handwerk. Das hier." Sie hob die Kleidung hoch, die sie entworfen hatte. „Das ist alles mein Werk. Ich kann designen und das ist das einzig Besondere an mir. Du kannst einfach alles und wenn du keinen Bock auf das alles hier hast, kannst du gehen. Geh einfach."

Bis zu meiner Geburt war Chrisi das Lieblingskind meiner Eltern und sie behandelten sie wie eine Prinzessin. Nach meiner Geburt war ich diese Prinzessin und damit kam sie nicht klar.

„Tut mir leid. Aber ich kann nichts für mein Können." Ich nickte Ellie und Eric zu, bevor ich mich umdrehte und aus dem Raum verschwand.

Ich schaute kurz auf mein Handy. Es war gerade einmal kurz vor halb zehn. Gerade als ich weiter gehen wollte, fiel mir auf, dass mein Kleid noch im Atelier hing. Ich drehte schnell um und holte es mir, ohne ein Wort zu sagen, aus dem Raum.

Im meinem Zimmer legte ich das Kleid auf mein Bett und schaute in den Schrank, ob ich überhaupt passende Schuhe hatte.

Und ein Wunder, keine da.

Mit meinem Autoschlüssel bewaffnet machte ich mich auf den Weg in die Stadt.

Blue - The BeginningWo Geschichten leben. Entdecke jetzt