Kapitel 23

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Was macht Chrisi hier? Normalerweise schläft sie nach einer Feier immer bei sich Zuhause und ist bestimmt nicht so früh auf.

Außerdem, was läuft hier?
„Chrisi?", fragte ich, so dass sie mich aber noch hören sollte und siehe, es hat eine Wirkung. Sie hatte ihre Hand von Lukes Wange genommen.
„Gut, dass ich dich sehe.", erklärt sie mir euphorisch. Was ging hier ab?
„Ich feuere dich." Auf ihrem Gesicht war ein gequältes Lächeln.
„Wie bitte?" Entsetzt sah ich sie an und konnte ihren Worten keinen Glauben schenken. „Was habe ich bitte falsch gemacht?"
„Ich feuere dich.", fing sie an. Ich schüttelte den Kopf. „Ich habe gestern eine E-Mail bekommen.", fuhr sie fort und kam zu mir.
„Sie wollen dich." Ich zog meine Stirn in Falten und sah zu Luke, der lächelnd die Situation beobachtete. Aber als er bemerkte, dass ich ihn anschaute, war das Lächeln sofort wieder weg.
Ich konzentrierte mich wieder auf meine Schwester. „Wer will mich?" Sie lächelte. „Die royale Familie Englands.", antworte sie nur und mein Mund ging leicht auf.
„Ich soll nur für euch arbeiten? Als was?", fragte ich Luke. Er räusperte sich kurz. „Deine Schwester hat mir gerade gesagt, dass sie zustimmt. Du wirst somit für uns arbeiten. Aber erst ab der nächsten Woche." Er machte eine kurze Kunstpause. „Dein Job wird es sein, Kleidung für Alexandra und ihre beiden Kinder zu schneidern, manchmal auch für Henry und mich. Erstmal. Du hast uns gezeigt, dass du in kurzer Zeit viele schöne und aufwendige Kleider herstellen kannst und eigentlich auch sehr gut im Designen bist. Letzteres gehört nicht zwingend zu deinen Aufgaben. Wir wollen, dass du uns Kleidung schneiderst oder nur besorgst, immer wenn eine Veranstaltung ansteht und wir etwas besonders benötigen." Ich legte meinen Kopf schief.
„In Kurzfassung, du sollst die Schneiderin und eine Art Stylistin sein.", mischte sich meine Schwester ein.
Luke nickte. „Henrys und meine Stylistin ist vor kurzem in Mutterpause gegangen, oder wie man das nennt. Wir fanden, dass du am besten zu uns passt. Alexandra findet es außergewöhnlich, wie gut du mit diesen Stoffen arbeiten kannst. Als deine Schwester sagte, dass du gelernte Stylistin bist und auch noch im Thema Maskenbildung oder so ähnlich gute Fähigkeiten besitzt, waren alle einverstanden. Besonders unser Ludwig. Er meinte nur, dass wir noch so jemanden gebrauchen könnten."

Ich konnte mein Glück nicht fassen und nickte einfach.
Gerade als ich mich umdrehen wollte, machte Luke nochmal seinen Mund auf.
„Wir haben um zehn Uhr morgen Vormittag noch einen Termin mit dem Manager, um deinen Vertrag zu besprechen." Ich dachte mich verhört zu haben.
„Wir?", fragte ich nach. „Wir! Ich habe mich dazu bereit erklärt, mit dir über alles zu reden. Bei Fragen komm erst zu mir und geh dann wenn es noch nötig ist zu Ludwig."
Ich konnte mein Glück nicht fassen und rannte auf Luke zu und umarmte ihn. „Danke.", flüsterte ich. Luke legte auch seine Arme um mich.
„Komm nach dem Gespräch mit deiner Schwester zu meinen Räumen. Wir müssen reden.", sagte Luke, ohne irgendwelche weiteren Andeutungen. Er löste sich von mir, nickte meiner Schwester zu und ging davon.
Ohne über das Gespräch nachdenken zu können, wurde ich schon wieder umarmt.
„Ich freue mich so sehr für dich." Meine Schwester lächelte mich an. „Auch wenn ich es gemein finde, dass du wieder etwas besser machst als ich. Aber ich bin stolz auf dich." Ich schaute sie verwirrt an. „Das Kleid für den Ball. Deines." Ein Licht ging bei mir auf.
„Chrisi, ich weiß, das war-" Meine Schwester stoppte mich, indem sie eine Hand auf meinen Mund legte.
„Vergessen. Ich war wütend, ja. Doch als du rein kamst, da wusste ich, ich habe alles richtig gemacht. Du hast gelernt etwas so schönes zu gestalten und das ohne meine Hilfe, deswegen bin ich dir nicht böse."
Ich umarmte sie auch noch einmal.
„Blue, das ist aber nicht der eigentliche Grund, warum ich kommen wollte." Sie fing an über beide Ohren zu strahlen und streckte ihre Hand vor.
An ihrem Ringfinger steckte ein Ring, wie eigentlich immer. „Ja?", fragte ich vorsichtig nach.
Chrisi schnaufte. „Blue." Sie nahm sich den Ring vom Finger und gab ihn mir. Ich schaute ihn mir genauer an. Anscheinend war ich zu langsam, denn meine Schwester nahm mir den Ring wieder ab und drehte ihn richtig. Innen war ein Schriftzug zu erkennen.
Ein Unendlich-Zeichen und ein Datum mit zwei Buchstaben dahinter. Nicht die Buchstaben von ihr und ihrem Freund.
„Du willst heiraten?", fragte ich nach drei Versuchen.
Ich glaube, meine Schwester klatschte sich innerlich gegen die Stirn. „Liebste Schwester. Der Ring, den du in deinen Händen hältst, ist mein Ehering.", erklärte sie mir jetzt langsam. Währenddessen wurden meine Augen groß.
„Wann hast du geheiratet?"
„Gestern Abend. Ich habe nur die Eröffnung abgewartet. Danach sind ich und mein ehemaliger Freund zu einem Standesbeamten gefahren und haben geheiratet. Ist das nicht romantisch?!" Ich nickte mit einem zu großen Lächeln. Meine Schwester lud mich nicht zu ihrer Hochzeit ein, mit einem Mann, den ich nicht einmal kannte. „Was ist mit Eric", verwirrt sah ich von dem Ring hoch in ihr Gesicht. „Eric und ich hätten nie wirklich funktioniert." Erklärte sie. „Als ich dann wieder meinen Ex-Freund sah. Es war wie als hätten wir uns nie getrennt."

„Okay, wenn du denkst, dass ist das Beste für dich, dann wünsche ich dir viel Glück." Ich umarmte sie leicht.

„Leider muss ich jetzt aber gehen." Ich lächelte sie an. „Wir telefonieren heute Abend, ja?"

Chrisi nickte benommen. Ich drehte mich nur um und ging in die Richtung von Lukes Räumen.

Meine Hand ließ ich senken, als ich an der Zimmertür geklopft hatte.
Leicht ungeduldig verlagerte ich mein Gewicht von dem einen Bein auf das andere. Immer wieder und wieder.

Was brauchte er- Die Tür wurde geöffnet. Luke sah mich mit leicht gerunzelter Stirn an.
„Hey." Ich hob meine Hand und winkte ihm leicht, wofür ich mir eigentlich eine klatschen könnte, da ich keine acht mehr war.

„Das Gespräch ging ja gar nicht lang.", meint er verblüfft, anstatt mich zu grüßen.
„Oh, danke. Mir geht es gut und dir?", redete ich einfach darauf los, wofür ich mir einen komischen Blick von ihm einheimste.
„Mir geht es auch gut.", kam es zögerlich als Antwort.
Ich nickte zufrieden.
„Über was müssen wir denn jetzt reden?", fragte ich Luke, der mir seinen typischen „Dein-ernst?!"-Blick zuwarf.
Luke räusperte sich und setzte sich in einen der beiden Sessel vor seinem Fernseher.
„Du kannst dich auch setzten, wenn du willst." Er deutete auf den Sessel schräg gegenüber von sich. Ein Ohrensessel in dunkelblau, genauso wie der andere.
Ich nickte und platzierte meinen Hintern auf dem gemütlichen Sessel.
Perfekt zum Schlafen.
„Also.", fing Luke an. „Ich habe eine Frage." Ich sah ihn kurz an und musterte dann weiterhin seinen Raum. Er war bequem eingerichtet. Hauptsächlich in dunkelgrün.
„Blue?" Luke schnippte vor meinen Augen rum. Ich blinzelte ein paarmal, um Luke wieder wahrzunehmen.
„Dein ernst? Du hörst mir nicht einmal zu." Er sah mich belustigt an. Jetzt fiel mir auch erst auf, dass er vor mir in der Hocke saß.
„Kannst du die Frage nochmal stellen?", bat ich Luke entschuldigend. Er nickte, legte seine Hände jeweils auf einen meiner Oberschenkel.
„Ich wollte dich fragen ob es wirklich für dich in Ordnung ist, wenn wir dich als normale Mitarbeiterin in den Palast aufnehmen." Er war etwas zögerlich.
„Natürlich, es ist der Traum vieler Frauen hier in diesem Haus arbeiten zu dürfen."
„Also überhaupt kein Problem für dich?" Fragte er nochmal nach. .

„Auf was willst du hinaus Luke?" Ich klang äußerst verwirrt, denn ich habe die Frage nun schon mehrmals beantwortet.

„Ich will einfach nur sicher gehen, dass es für dich kein Problem ist", erklärt er mir. Er sah mir jedoch nicht in die Augen.

„Also, wolltest du nichts anderes fragen?", erkundigte ich mich misstrauisch, jedoch schüttelte er den Kopf. Langsam stand ich deswegen aus dem bequemen Sessel auf und ging zu seiner Zimmertür.
Mit meiner Hand griff ich zum Türgriff und drehte mich noch einmal halb um.
„Kann ich gehen oder brauchst du noch was?", fragte ich Luke, der gedankenverloren einen Punkt neben mir fixierte.

Gut, dann gehe ich halt. Der Türgriff wurde runter gedrückt und die Tür öffnete sich.
Ohne noch einmal zu Luke zurückzuschauen, machte ich mich auf den Weg zu meinem Zimmer.
„Blue! Warte!" Ich drehte mich um und musste lachen. Der Prinz rannte aus seinem Zimmer, aber hatte anscheinend die Pflanze im Flur neben seiner Tür vergessen und flog geradezu über den Busch.
„Danke für deine Unterstützung.", grummelte er vor sich hin und legte seinen Kopf einfach auf den Boden.
Ich ging die paar Schritte zurück und hockte mich vor ihn hin.
„Alle okay?", erkundigte ich mich und legte meinen Hand auf seinen Rücken.
„Ja, passt schon." Ich nahm meine Hand weg und er setzte sich auf.
„Warum bist du überhaupt hier?", fragte er mich jetzt verwirrt. Ich fing schallend an zu lachen.
„Weil du mein lieber Luki Buki mich zurück gerufen hast." Um meinen verniedlichten Satz noch mehr zu unterstützen, verstellte ich meine Stimme und tippte ihm einmal auf die Nase.
„Nenn mich nie wieder so." Er schlug meine Hand weg. Ich lachte einfach. „Das werden wir noch sehen." Schnell stand ich auf und hielt Luke meine Hand hin.
„Möchten Sie, Luke of Wales, ihren royalen Arsch vom Boden erheben?", fragte ich ihn ganz sachlich.
„Aber sicher doch, Bedienstete." Er nahm meine Hand an und ich wollte eigentlich los lassen, zum Scherz natürlich, da ich nicht wirklich seine „Bedienstete" bin, sondern die Schneiderin und Stylistin.

Jedenfalls hatte ich die Rechnung ohne Luke gemacht. Dieser musste geahnt haben, dass ich ihn jetzt loslassen würde, da er meine Handgelenke stark fest hielt. Ich rechnete nicht damit und fiel nach vorne.

Ein Quieken entwich meiner Kehle, was dem eines Ferkels ähnelte.
Ein „Uff" kam aus Lukes Mund, als ich auf ihm landete und ein Schreien kam von einem Ende des Ganges, was Luke und mich sofort hochschrecken ließ.

Blue - The BeginningWo Geschichten leben. Entdecke jetzt