Kapitel 35

4.5K 167 5
                                    




Meine Zimmertüre schloss sich hinter mir und ich konnte endlich tief durchatmen. „Was war das denn jetzt?"
Luke stellte den Korb auf meinem Couchtisch ab und sah mich belustigt an. „Das, was ich tun musste. Ich wurde schon so oft von meiner Familie geärgert oder beschuldigt, da reicht es doch auch einmal. Oder?" Ich zog meinen Mantel aus und hängte ihn in den Schrank.
„Vielleicht. Meine Familie war eigentlich immer ganz okay, außer mein Dad. Ich stehe natürlich hinter dir. Als dein Freund." Luke lächelte zu mir und war sich nicht im Klarem über seine Worte.
„Mein Freund, also? Hatte meine Schwester etwa doch Recht." Ich lachte. Zwei erschrockene Augen sahen mich an.
„Blue, ich... Du weißt doch, wie ich das meine." Nervös kratzte er sich an der Stirn.
„Natürlich, wir sind Freunde, die auf Dates gehen.", erklärte ich unsere Situation.
„Genau." Luke grinste mich dankend an. „Jetzt sind wir aber Boss und Angestellte und müssen mit unserem Designer reden." Meine Miene verrutschte ein bisschen. Ich hatte keine Lust nochmal mit meiner Schwester zu reden.
„Na dann, auf geht's." Ich ging zu der Tür und öffnete sie. Wie zu erwarten standen Chrisi und Jason vor der Tür.
„Ach, ihr schafft es auch einmal." Jason konnte sich auch keinen Kommentar verkneifen.
Innerlich verdrehte ich die Augen und ignorierte ihn.
„Blue, warte." Luke war noch im Zimmer hinter mir gewesen. Schnell drehte ich mich zu ihm um, was hatte er denn jetzt vergessen.
Ich hörte, wie eine Schublade geöffnet und mit einem leisem Knall wieder geschlossen wurde.
„Hier." Luke schwang die Tür auf und hielt mir einen Ring hin. Dieser Ring bereits bei meiner Ankunft im Zimmer und eigentlich wollte ich ihn jemanden gegeben haben, dennoch hatte ich dies bis jetzt vergessen.
„Was ist das?" Meine Schwester sah mir über die Schulter auf den mit Steinen besetzten Ring.
„Oh, sie und Miss Focelli hatten anscheinend wirklich schlechten Kontakt in den letzten Tagen. Ich hatte gedacht, dass sie Sie heute Morgen angerufen hatte." Was hatte Luke vor? Er wollte doch nicht. „Das hier ist ein Verlobungsring. Wir haben in dieser so kurzen Zeit erkannt, dass wir zusammen gehören. Deswegen habe ich ihr einen Antrag gemacht." Luke grinste mich an und ließ alles so echt aussehen, dass ich selber beinahe darauf reinfallen könnte, wenn ich die Wahrheit nicht wüsste.
„Ihr- Was?" Meine Schwester sah mich überrascht an. Meine rechte Hand wurde hoch gehoben und mir wurde der Ring auf den Ringfinger geschoben.
Luke fasste mit seiner anderen Hand an meine Wange und zog mich leicht zu sich. „So kann dir wirklich keiner blöd kommen." Er legte seine Lippen auf meine und hinterließ auf meinem Körper eine Gänsehaut.
„Als er sich vor mich gekniet hatte, konnte ich meinen Augen gar nicht trauen. Es war alles so schön. Wenn ich jetzt an unser erstes Treffen zurück denke, wäre mir nie im Leben in den Sinn gekommen, zu ihm Ja zu sagen und dies in so kurzer Zeit." Diese Worte verließen meinen Mund einfach; ich dachte nicht mehr darüber nach. Ich drückte Luke kurz noch einen Kuss auf seine Lippen, bevor ich mich meiner Schwester und Jason widmete.
„Wollen wir runtergehen? Jetzt, wo du es ja weißt, muss ich ja nichts mehr verheimlichen." Ich grinste noch einmal zu Luke, bevor ich den Gang runter ging.
Der Weg zu meinem Arbeitsplatz verlief ruhig, sie schlichen alle hinter mir die Treppen runter. Erst als ich die Tür zu der kleinen Schneiderei schloss, machte meine Schwester als erste den Mund auf.
„Ich denke, ihr fragt euch sicherlich, was Jason hier will." Sie sah mich kurz entschuldigend an, was ich nur mit einem Nicken quittierte.

„Er wollte mit euch reden, nicht wahr?" Die Frage ging an Jason, doch es kam keine Antwort. „Jason? Jason!" Sie drehte sich zu dem Mann um, dieser Mann aber schaute sich die Stoffe an und fasste sie auch an.
„Finger weg. Das sind alles teure Stoffe. Bist du verrückt?" Weil ich ziemlich nah bei ihm stand, haute ich ihm auf die Finger.
„Immer so stürmisch." Jason lachte. Ich verdrehte meine Augen.
„Wärst du so freundlich und stellst dich neben Christina, dort kannst du nämlich nichts anfassen.", wies ich ihn an. Grummelnd stellte sich Jason neben Chrisi und ich gesellte mich neben Luke, der sofort nach meiner Hand griff.
„Also, würdest du jetzt erklären, was du hier machst?" Luke war genervt, seine ganze Körperhaltung war angespannt.
„Sag doch gleich, dass ich verschwinden soll." Jason will provozieren. Der Griff um meine Hand wurde fester.
„Nein, das würde ich nicht machen. Denn ich warte noch auf eine aufrichtige Entschuldigung." Luke lächelte Jason freundlich an.
„Warum sollte ich mich entschuldigen? Du hast mich ins Krankenhaus gebracht, nicht ich dich." Jason machte einen Schritt auf ihn zu. „Warum wohl. Du hast mich bedroht und mir klar machen wollen, dass du Blue sowie ihr Geld zurückbekommen wirst." Luke wollte einen Schritt nach vorne mache, ich hielt ihn aber zurück.
„Welches Geld?" Meine Schwester sah zu Jason. „Ich brauchte etwas Geld zum Leben. Das verstehst du doch sicherlich." Jason drehte sich zu meiner Schwester um und fing an mit ihr zu diskutieren.
„Um zu leben? Du hast einen Job, da musst du doch nicht meine Schwester fragen. Was ist mit deinem Vater? Er gibt dir doch sonst auch immer Geld. Vor allem hast du aber auch mich. Ich bin immerhin nun deine Frau." Chrisi verstand nichts mehr.

Ich keuchte. „Jason ist dein Ehemann?" Fragte ich überrascht. Chrisi drehte sich zu mir um. „Warum weiß ich das nicht?" Fuhr ich fort.

„Du hast nie gefragt." Meinte Jason arrogant. Mein Blick ging von ihm zu Chrisi. „Wieso hast du  mir nicht gesagt, dass er nun dein Ehemann ist?" Flüsterte ich traurig. „Du warst nie da und als ich dir gesagt habe, dass ich geheiratet habe warst du direkt wieder weg." Ihr Blick ging von mir wieder zu Jason. „Können wir das jedoch gleich klären." Langsam nickte ich.

Sobald ihr Blick Jason traf, war sie wieder Todes ernst und dies merkte er auch. „Chrisi, versteh mich doch bitte." Jason flehte Chrisi an. Diese schüttelte nur ihren Kopf.
„Ich glaub es nicht. Für dich habe ich meinen Freund aufgegeben. Ich dachte, wir hätten die Chance auf eine gemeinsame Zukunft. Aber wenn du mich anlügst..."
Sie tat mir leid. So viele Menschen waren schon auf Jason reingefallen und jetzt gehörte sie auch zu denen.
„Du hattest doch nicht wirklich geglaubt, dass ich mit dir einfach so zusammen kommen würde." Mein Ex-Freund lachte kurz auf. „Fast keiner will mit jemandem liiert sein, der krankhaft eifersüchtig ist."
„Hey!", meine Stimme war laut und deutlich. „Rede nicht so mit ihr, sie hat es definitiv nicht verdient." Ohne weiter nachzudenken, schritt ich auf Jason zu und hob meine Hand.
Ein Klatschen war im Raum zu hören und der Kopf des Mannes mir gegenüber flog zur Seite.
„Blue!" „Blue!" Luke und Chrisi sahen mich weit aufgerissenen Augen an. Dennoch wurde mir kurz darauf von Luke auf die Schulter geklopft. „Das hätte ich nicht besser machen können." Lachend kümmerte er sich um Jason, der prüfte, ob sein Kiefer gebrochen war.
„Also, so ein fester Schlag war es auch wieder nicht." Lachend sah ich zu ihm.
„Du kleines verlogenes Miststück!" Vor Wut brodelnd wollte er sich auf mich stürzen, seine Hand war zu einer Faust gekrümmt.
„Das würde ich lassen." Luke hielt den Arm von Jason fest und sah ihm direkt in die Augen. „Was willst du eigentlich immer?" Der Mann, der keinen Titel besaß, sah Luke fordernd an.
„Sie beschützen, was schon lange jemand anders hätte tun sollen. Die Frage ist eher, was willst du noch hier. Wie du siehst, will dich keiner mehr hier." Die Stimme des Prinzen war ruhig.
„Ich will zwei Sachen noch sagen." Jason erhob seinen Zeigefinger und drehte sich zu Chrisi. „Es tut mir nicht leid, dich ausgenutzt zu haben. Es tut mir lediglich leid, dass dein Freund dich über Jahre hinweg aushalten musste."
Der Mund meiner Schwester klappte ein wenig auf und sie war den Tränen nahe. „Nun zu dir Blue. Ich hätte dich damals auseinandernehmen müssen, einfach dein ganzes Vermögen. Da hab ich wohl einen Fehler begangen. Mit anderen Frauen zu schlafen. Tut mir leid." Mit einem verhöhnenden Gesichtsausdruck zeigte er nun auch seinen Mittelfinger. Fing an zu sprechen, bevor er sich umdrehte.
„Luke, eine Sache. Auch, wenn ich zu euch allen Scheiße war oder vielleicht auch noch seien werde, sei nicht so behindert wie ich und lass Blue einfach gehen." Er nickte Luke noch einmal zu, bevor er zu der Tür meines Ateliers ging und sich vom Sicherheitspersonal raus bringen ließ.
„Warum wusste das Personal hiervon?" Ich drehte mich zu Luke, er zuckte mit den Schultern. „Wahrscheinlich hat jemand das Geschrei gehört und hat zur Sicherheit Security geschickt.", erklärte er mir.
Mein Blick ging zu Chrisi, diese sah zum Boden. „Chrisi?" Ich ging auf sie zu und hob ihren Kopf am Kinn an. „Es war nicht deine Schuld."
Dann brach der Damm. Sie fing an zu Schluchzen und zu Weinen. Ich suchte mir Hilfe bei Luke, doch dieser formte nur das Wort ‚Sorry' und verließ den Raum.
Jetzt musste wohl ich dran glauben. Die jene, die am schlechtesten im Trösten ist.

Blue - The BeginningWo Geschichten leben. Entdecke jetzt