XVII ●Der Sohn des Hades●

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Heros
Als mein Bewusstsein zurückkam, fühlte ich mich wie überfahren. Alles an meinem Körper tat mir weh. Außerdem konnte ich aus irgend einem Grund nichts mehr hören. Ich probierte, meine Arme zu bewegen - scheiterte jedoch kläglich. Vorsichtig drehte ich meinen Kopf, um zu sehen, wo ich gelandet war. Ich erschrak - neben mir auf den trockenen Steinen lag eine Person. Ich hatte anscheinend einen ziemlich verstörten Laut von mir gegeben, denn der Fremde öffnete blinzelnt seine Augen. Er war blass. Und wenn ich blass meine, dann meine ich das er gut als Vampir in einem Horrorfilm durchgehen konnte. Seine Haare waren tiefschwarz und einige Strähnen hingen ihm verstrubbelt ins Gesicht, was ihn jedoch nicht zu stören schien. Aber das Meekwürdigste an ihm waren seinen Augen. Sie waren so dunkel, dass sie fast schwarz wirkten. Der Junge setzte sich stöhnend auf und stemmte seine Arme links und rechts neben ihn in den Boden. Schließlich starrten wir uns an. Keiner schien das erste Wort ergreifen zu wollen. Plötzlich streckte er die Hand aus und kam auf mich zu gekrochen. Leider konnte ich immer noch nichts hören. (Was nebenbei echt nervtötend war)
Anschließend zog er mir etwas vom Kopf - wobei er beachtete, dass er meine Haut nicht berührte - und plötzlich konnte ich wieder etwas hören. Zuerst war da das leise Plätschern des Wassers, aber dann hörte ich erneut dieses wundervolle Lied - nur diesmal klang es, als wäre es weiter weg. ,,Hör nicht hin!" Sagte der Junge auf einmal und starrte mich intensiv aus seinen dunklen Augen an. (Ja gut, ich hatte jetzt auch nicht die normalste Augenfarbe - aber wenigstens waren meine Augen golden und nicht schwarz) ,,Wenn du dem Lied nicht wiederstehst, dann bist du für immer ein Gefangener des Wassers." Fuhr er fort und deutete mit der Hand in Richtung See. Ich folgte seiner Geste und starrte auf das blau glitzernde Wasser. Einerseits wollte ich nicht glauben, dass so etwas schönes gleichzeitig so gefährlich sein kann. Jedoch hatte ich am eigenen Leib erfahren, dass man sich schnell täuschen konnte. Ich versuchte dem Jungen zu antworten, doch aus meinem Hals kam nur ein seltsames Krächzen. Der Fremde verzog seinen Mund zu einem Lächeln. ,,Macht nichts - deine Stimme kommt wieder. Das ist nur eine Nebenwirkung des Wassers." Sagte er. Ich nickte als Zeichen, dass ich ihn verstanden hatte und schließlich fiel mein Blick auf seine Hände. Sie waren schwarz und stark verbrannt. Ich machte große Augen. ,,Das warst du. Als ich dich aus dem See gezogen habe, hast du wie die Sonne gestrahlt, ich habe mich an deiner Haut verbrannt." Der Junge seufzte. ,,Aber das ist nicht schlimm - kannst du aufstehen?" Fragte er mich und deutete mit einem Nicken auf meine Beine. Da ich mich jedoch immer noch nicht wieder bewegen konnte, schüttelte ich den Kopf.
,,Ach ich bin übrings Nico." Sagte der Junge, dann stand er auf und beugte sich zu mir runter. Anschließend nahm er mich auf seine Arme und lächelte mich an. ,,Dann trage ich dich eben. So schwer bist du ja auch nun wieder nicht." Ich gab einen Laut von mir, der sich irgendwie zwischen einem Krächzen und einem Jaulen anhlrte und klammerte mich an seiner Schulter fest. Der Junge war nett - aber trotzdem traute ich ihm nicht so wirklich über den Weg. Schweigend lief er mit mir auf dem Arm in einen Tunnel. Woher er wusste, wohin wir gingen wusste ich nicht aber ich vertraute darauf, dass er den Weg schon finden würde.

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10 Minuten später liefen wir immer noch in dem selben Tunnel wie zuvor. Manchmal zweigte ein anderer Weg von unserem Tunnel ab, doch Nico lief immer weiter geradeaus. Ich wimmerte. Als er zu mit runtersah, bemerkte ich die Schmerzen in seinem Blick. Seine Hände müssten extrem wehtun, da er mich den ganzen Weg trug. ,,Ist schon in Ordnung." Flüsterte er und drückte mich etwas enger an seine Brust. Gerade als ich es nicht mehr länger aushielt, bemerkte ich ein Licht am Ende des Tunnels. Ich wimmerte erneut und zuckte in seinen Armen. (Das war das einzige, was ich noch konnte, da mein Körper ja beschlossen hatte nicht mehr auf mich zu hören) ,,Wir haben es gleich geschafft." Sagte er und rannte plötzlich schneller. Nach einer gefühlten Ewigkeit stolperte er plötzlich ans Tageslicht. Zuerst blendete das Licht der Sonne meine Augen, sodass ich nichts mehr sehen konnte. Als sich meine Augen jedoch an das helle Licht gewöhnt hatten und ich wieder einigermaßen sehen konnte, bekam ich gleich den nächsten Schock. Denn die Sonne war bereits dabei, hinter dem Half Blood Hill zu verschwinden. Jedoch konnte ich mich daran erinnern, dass ich ungefähr um die Mittagszeit abgehauen war. Wie lange war ich bewusstlos?
Ich zappelte in Nicos Armen und versuchte mich bemerkbar zu machen. ,,Du musst aufhören zu zappeln!" Beschwerte er sich und gab sich Mühe, nicht hinzufallen. Aber das konnte er vergessen. Mit der Sonne kam auch mein Kampfgeist zurück. Ich wollte runter und nicht mehr getragen werden. Aber das schien er nicht zu wollen. Als ich nicht aufhörte, mich zu wehren, seufzte er und ging auf die Schatten nahe dem nächstgelegenen Baum zu. Täuschte ich mich, oder wurden die Schatten plötzlich länger? Ängstlich drückte ich meinen Kopf an Nicos Hals. (Was denn?! Damals konnte ich eben noch nicht wissen, dass Söhne des Hades Schattenreisen können)
Aufeinmal wurde alles schwarz und ich hatte das Gefühl mein Körper würde auseinandergezogen. Aber das war gar nichts zu den Schmerzen, die mich aufzufressen drohten. Als ich dachte, ich müsste sterben, verließ mich mein Bewusstsein erneut und ich fiel in eine wohltuende schwarze Leere.

Heros ~ Der Fluch Der Zeit Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt