XXIV ●Blut ist dicker als Tränen●

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Ich stand vor meinem alten Zuhause, wo ich all die Jahre mit meiner Mutter zusammen gelebt hatte, ohne auch nur zu ahnen, dass es Grichische Götter und mythische Wesen gab. Keine rätselhaften Weissagungen und vorallem keine Monster, die jederzeit aus den Schatten traten und versuchten mich umzubringen. Ich sah mich um. Die Sonne strahlte noch einmal mit letzter Kraft, bevor sie vom Mond abgelöst wurde und der Himmel strahlte noch einmal in blutrotem Rot. Unsere Straße war um diese Uhrzeit nicht mehr viel belebt. Nur ein paar Fußgänger liefen den Bürgersteig entlang. Ich starrte ihnen nach. Was für ein sorgloses Leben sie führen konnten. Soetwas würde ich nie wieder haben können. Aber wollte ich das auch? Ich hatte Freunde und eine neue Familie im Camp gefunden. Und früher oder später hätte ich trotzdem mit meinen Fähigkeiten Bekanntschaft machen müssen und niemand hätte mir helfen können. Als ich schließlich meinen Blick von den Sterblichen losreißen konnte, verschwand die Sonne gerade hinter dem Horizont. Wie lange hatte ich hier gestanden? Neugierig wollte ich die Haustür öffnen, doch sobald ich meine Hand ausstreckte, schwang sie von alleine auf und zeigte mir einen dunklen und leblosen Flur. Das war der Moment in dem ich begriff, dass hier irgendwas nicht stimmte. Ich rannte ins Haus (ein Vorteil im Traum - hier gab es keine Verletzungen) und rief instinktiv nach meiner Mutter. Hinter mir knallte die Tür ins Schloss und sperrte mich ein. Einzig und allein das Mondlicht, dass durch die Fenster unterm Dach fiel, verhinderte, dass ich komplett im Dunkeln stand.

Deine Schuld!

Schien eine Stimme zu flüstern. Sie hallte durch die Räume und grässliche Gedanken nahmen in meinem Kopf Gestalt an. ,,Was ist meine Schuld?" Schrie ich und setzte mich in Bewegung. Es wirkte alles so vertraut und gleichzeitig fremd. War das wirklich mein altes zuhause, oder war ich am Ende doch irgendwo anders und sah jetzt bloß eine Illusion - das was ich sehen wollte?

Warum bist du gegangen? Siehst du nicht, was du angerichtet hast? Du bist Schuld!

Das Flüstern wurde zu einem Brüllen. Es schwang so viel Boshaftigkeit in der Stimme mit, dass mir kurz schwindelig wurde. ,,Wer bist du?!" Meine Stimme hörte sich schwach und zerbrechlich an. Ich bekam keine Antwort, aber mir schien, als ob meine Umgebung plötzlich kälter wurde. Auf einmal wollte ich nur noch hier raus. Zurück in die wärmenden Sonnenstrahlen und fort von diesem Ort - wo auch immer ich war. Aber eine unsichtbare Kraft schien mich nach vorne zu ziehen. Ich konnte mich nicht wehren und wurde erneut ein Opfer meiner Fantasy. Ich fühlte mich, als ob ich erneut in diesen grässlichen Tunneln umherirrte, aus denen einfach kein Ausweg existierte. Ich verfluchte mich selbst für diese Gedanken! Das hier war nicht die Realität!
Ich stolperte durch das Wohnzimmer. Es schien noch genauso auszusehen, wie damals. Die Glasscheibe, durch die ich gesprungen war, lag immernoch in Scherben auf dem Boden verteilt. Von draußen wehte ein eiskalter Wind ins Haus - vielleicht die Kälte, die ich im Flur verspürt hatte? Aber warum erst jetzt?

Komm und sieh dir dein Werk an.

Wieder wurde ich fortgezogen, diesmal in die Küche. Was soll ich da? Was habe ich getan?
Die Küche sah unverändert aus. Es stand noch der selbe klapprige Tisch an der Wand, meine Kinderzeichnungen hingen noch am Kühlschrank und allerlei Küchenutensilien lagen hier und da verstreut auf der Ablage. Ich verstand nicht, was das mit mir zu tun haben sollte.

Sieh es dir an!

Die Stimme wurde drängender. Ich ließ meinen Blick nocheinmal im Raum umherwandern, bis ich die Fliesen bemerkte. Waren sie nicht mal weiß gewesen? Oder täuschte ich mich? Ich bückte mich und berührte die Farbe. Sie fühlte sich flüssig und warm an. Ich hielt mir den Finger mit dem Zeug näher vors Gesicht, um es besser betrachten zu können. Mir war nicht klar, was ich gerade berührt hatte, als mir der Geruch in die Nase stieg. Sofort zuckte ich zurück und stieß einen Schrei aus. Das war keine Farbe - das war Blut! Mein Herz klopfte bis zum Hals. Woher kam das? ,,Warum zeigst du mir das?" Schrie ich, doch die Stimme schwieg.
Erst als mein Herz sich wieder beruhigt und meine Gedanken wieder etwas klarer wurden, traute ich mich, der Ursache für das viele Blut auf den Grund zu gehen. Mein Unterbewusstsein schrie, ich sollte umkehren und das hier vergessen. Denn eigentlich wusste ich bereits, was mich erwarten würde - ich wollte es bloß nicht wahrhaben. Mein Unterbewusstsein wurde nicht enttäuscht - der Anblick raubte mir den Atem und meine Beine gaben unter mir nach. Mit einem Knall landete ich in der Roten Suppe und starrte auf den Körper vor mir. Ihre Augen, die sonst nur so vor Leben gesprüht hatten, waren jetzt leer und schauten glasig an die Decke. Ihr Körper lag komisch verdreht auf dem Rücken und das Blut kam aus einer großen Fleischwunde an ihrem Bauch. Ich kroch auf meine Mutter zu und obwohl ich wusste, dass es bereits zu spät war, schüttelte ich sie und rief nach ihr.

Verstehst du jetzt? Du bist nichts weiter als eine kleine Made, die es zu zerquetschen gilt. Angefangen mit deiner Mutter, werde ich dir alles nehmen, was dir am Herzen liegt. Es sei denn, du kommst freiwillig zu mir.

,,Waruum?!" Heiße Tränen flossen wie Sturzbäche meine Wangen hinab und vermischten sich mit dem Blut auf dem Boden. ,,Warum tust du mir das an?!"
Statt zu antworten, verdichtete sich die Luft auf dem Tisch. Die Schatten schienen sich zusammenzuschließen und ein Wesen daraus zu formen. Über 4 Meter groß, ragte der Höllenhund über mir auf. Vor lauter Angst klammerte ich mich an meine Mutter. Als der Hund sprach, bewegte er nicht seine Schnauze, doch seine glühenden Augen verfolgten jeder meiner Bewegungen.

Du bist ein Niemand. Deine Mutter war nur die erste von vielen. Was ist mit deinen neuen Freunden? Würdest du dich für sie opfern? Oder bist du genauso ein Feigling wie dein Vater?

Seine Stimme war samtig weich, aber uralt. Es schien, als ob dieses Wesen schon Jahrtausende gelebt hatte.
,,Wer bist du?" Brachte ich schwach hervor.
Eine Weile musterte mich die Kreatur, ehe sie antwortete.

In 2 Wochen, zur Tag und Nachtgleiche erwarte ich, dass du mir den kostbarsten Besitz deines Vaters bringst. Wenn nicht - wird die Göttin die nächste sein, die ich vernichte!

Dann, ohne Vorwarnung stürzte er sich auf mich und riss mich in Stücke. Ich hatte nicht mal mehr Zeit zu schreien.

Heros ~ Der Fluch Der Zeit Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt