XXV ●Juhu! - Heulparty auf dem Boden●

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Und zum dritten Mal in dieser Nacht, wachte ich schweißgebadet nach einem Alptraum auf. Kerzengerade saß ich auf meinem Bett - die Decke war mir bis zu den Hüften heruntergerutscht und bedeckte nur noch das nötigste. Schwer atmend versuchte ich meine Gedanken zu ordnen und mich an Einzelheiten aus meinem Traum zu erinnern. Schon allein der Gedanke an das Szenario, was sich mir geboten hatte, ließ mir die Galle hochkommen.

War sie wirklich tot? Oder hatte man mich nur vorgewarnt?

Zitternd strich ich mit den Fingern um meinen Verband. Jetzt im Licht der aufgehenden Sonne, sah mein Missgeschick von letzter Nacht schlimmer aus, als es eigentlich war. Zudem bekam ich langsam Hunger. (mein Magen fühlte sich bereits an, als würde er sich selbst verdauen) Und außerdem pochte mein Arm wieder unangenehm und erschwerte mir das Denken erheblich. Leise - um die anderen nicht zu wecken, krabbelte ich vorsichtig bis zum Ende meines Bettes und stellte langsam einen Fuß auf die Leiter. Dabei knarrte das Holz so übertrieben laut, dass ich mich schon wunderte, dass davon niemand wach wurde. Schnell warf ich einen kurzen Blick durch den Raum und blieb dabei bei Alina hängen. Sie schien unruhig zu schlafen. Ihre Haare waren zerzaust und standen in alle Richtungen ab, ihre Augen waren blutinterlaufen und verquollen. Anscheinend hatte sie erst kürzlich geheult.

Wegen mir? War mein Tod so schwer zu verkraften gewesen? Auch wenn wir uns doch erst seit kurzem kannten?

Kopfschüttelnd stieg ich langsam und darauf bedacht, nicht noch mehr Geräusche zu machen die Leiter nach unten. (Was mit nur einem Arm nicht gerade zu meinen Hobbys zählte. Man: sowas sollte man echt als Sportart einführen. Ich wette es ist anstrengender als ein 200 Meter Sprint. Was aber auch daran liegen könnte, dass ich der so ziemlich unsportlichste Mensch / Halbgott auf Erden war)
Als ich unten ankam (Den Göttern sei Dank ohne weitere Verletzungen) schnappte ich mir frische Kleidung aus meinem Schrank und zog mir die kurze Hose und das T-shirt über. Anschließend schlich ich zu Tür und überlegte gerade, wo ich Nektar herbekommen sollte, als ich hinter mir ein Keuchen vernahm. Ich zuckte zusammen und wäre fast gestolpert.

,,Heros?!" Ihre Stimme hatte den fröhlichen Klang verloren und hörte sich kratzig und verloren an.
,,Bist du es wirklich?" Fragte sie nocheinmal. Widerwillig drehte ich mich zu ihr um und starrte direkt in ihre trüben Augen.

Warum konnte auch nichts einfach sein?!

Minuten vergingen, in denen wir uns gegenseitig anstarrten. Niemand wollte die nun anhaltende Stille zuerst brechen. Meine Gedanken schwiffen ab, kehrten zurück zu meinem vergangenen Traum und zeigten mir erneut die Bilder, die ich mit aller Kraft versuchte zu vergessen.
Aufeinmal hörte ich Schritte. Ich blinzelte und fixierte Alina, wie sie verunsichert auf mich zu gewankt kam. Irgendwie war sie unbemerkt aus ihrem Bett geklettert und hatte sich mir genähert.

,,He.." Ihre Stimme brach und sie fing an zu weinen.

1 Minute....
2 Minuten...

Schließlich hielt ich es nicht mehr aus und nahm sie in den Arm. Sie hatte gelitten - wegen mir. Sie krallte sich in meine Schulter und ich musste einatmen, als sie meine Wunde streifte. Sie bemerkte es nicht einmal. Ich weiß nicht, wie lange wir uns in den Armen lagen, aber irgendwann fanden wir uns auf dem Boden sitzend wieder - noch immer in der Umarmung des jeweils anderen.

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,,Jetzt erkläre mir, wie du hier herkommst junger Mann!" Verlangte sie zu wissen und verschränkte die Arme. Nachdem wir fertig damit waren, uns in den Armen zu liegen und zu heulen, sah ich schon etwas von der alten Alina in ihr wieder. Ihre Stimme wurde selbstsicherer und bekam etwas von ihrer alten Stärke zurück. Als ich sie mir so ansah, konnte ich garnicht anders als ihr von meinen Erlebnissen zu erzählen. Meinen Traum ließ ich dabei jedoch weg - ich brauchte nicht noch einen Grund um Mitleid zu erregen. Und außerdem musste ich meinen Traum erstenmal von selbst deuten. Die nächste halbe Stunde verbrachte ich also damit, Alina auf den neusten Stand der Dinge zu bringen (den Schmerzen in meiner Schulter ignorierend) und wartete am Ende meiner Erzählung auf ihre Reaktion. Im Moment schien ihre Miene zwischen "Du verarscht mich doch" und "Das ist jetzt nicht dein Ernst" zu schwanken, bis sie schließlich bei "Omg du Armer" stehen blieb.

,,Dann bist du also wirklich gestorben?" Sie starrte an mir vorbei.
,,Ja, so weit ich weiß schon. Aber irgendwie bin ich zurückgekommen."
,,Du warst also nicht bei Hades?" Fragte sie und sah mich stirnrunzelnd an. ,,Und Thanatos hast du auch nicht gesehen?" Ich gab keine Antwort und wartete darauf, dass sie zu einer Schlussfolgerung kam. Schließlich sagte sie: ,,Wenn du wieder da bist, haben die Götter höchstwahrscheinlich ihre Finger im Spiel. Anders kann ich es mir nicht vorstellen. Vorallem, da Hades noch nie jemanden hat gehen lassen, der bereits tot war - Naja abgesehen von Eurydike. Aber das ist eine lange Geschichte und hat nichts mit dir zu tun." Sagte sie und lockerte ihre Haltung mir gegenüber. Ich zuckte mit den Schultern, mir war es sowas von egal - ich war wieder am Leben, nur das zählte. Plötzlich schüttelte sie sich und schwang sich auf die Füße.

,,Komm - lass uns das ein andernmal besprechen! Ich habe einen Mordshunger und kein Bock mehr auf den Boden zu sitzen und mir den Hintern abzufrieren!" Ich seufzte: gegen ein ordentliches Frühstück hatte ich nichts einzuwenden. Ich hielt Alina meine unverletzte Hand hin und ließ mich von ihr auf die Füße ziehen. (Wie sie den Verband nicht bemerken konnte, war mir ernsthaft ein Rätsel)

5 Minuten später, trotteten wir nebeneinander den Weg zur Mensa und genossen die morgendliche Stille um uns herum. Mir war das nur recht: Stille bedeutete, keine anderen Halbgötter und das letzte was ich wollte war, von Halbgöttern umringt zu werden und über meinen Tod ausgequetscht zu werden. Die Sonne schien mir ins Gesicht, sodass ich die Augen zudammenkneifen musste, um etwas zu sehen. Ich roch den Wald um uns herum und hörte dem singen der Vögel in den Bäumen zu. Kurz: ich genoss das Leben, welches mir genommen worden war mit jedem Atemzug und dankte den Göttern oder wer auch immer dafür verantwortlich war, dass ich eine zweite Chance bekommen hatte.

Heros ~ Der Fluch Der Zeit Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt