Kapitel 2

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Begin: November 2016
End: November 2016
Processed: 26.06./11.07.17
Words: 2317
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Ich habe mir vorher viele Gedanken darüber gemacht, wie es sein wird in Kalifornien anzukommen und ob Los Angeles wirklich so toll ist, wie alle immer sagen. Die Waisenkinder haben mich praktisch zugetextet, wie neidisch sie auf mich wären und wie gerne sie auch bei dem Hilfsprogramm mitmachen würden. Ich habe ihnen nicht zugehört. Es war ihnen nicht einmal klar, was sie sich mit diesem Wunsch wünschten. Sie wünschten es sich, geistig krank zu sein, verwirrt, verrückt, gestört, psychisch labil - all das was man eigentlich nicht sein will, bis es ein Hilfsprogramm gibt und man die Möglichkeit hätte an einen Ort zu fahren, wo man sonst nie hin käme. Ich würde gerne mit ihnen tauschen, doch das habe ich nicht gesagt, denn dann wäre die Antwort gewesen: Wieso fährst du denn dann? Jedoch verstehen sie das genauso wenig wie ich das mache, denn ich habe keine Ahnung wieso genau ich nun hier stehe, vor dem Auto der Familie Scale und dem Mann namens Clint dabei zusehe wie er meinen Koffer mit meinem einzigen Besitz in den Kofferraum hebt. Ich habe mir so viel ausgemalt und doch war keiner meiner Träume vergleichbar mit dem jetzt, keine Vorstellung von den Gefühlen kam annähernd an das hier heran. Die Aufregung und Angst, die ich fühle, ist gar nicht fähig dazu, vorhergesehen zu werden.

„Du kannst ruhig schon einsteigen, Liebes." Grace weiche Stimme in Verbindung mit dem schmeichelnden Wort am Ende ihres Satzes bewegt mich dazu ins Auto einzusteigen. Lieb, wer ist das schon? Ich jedenfalls nicht. Während ich mich anschnalle höre ich die Autotüren vorne auf und zugehen als meine Pflegeeltern einsteigen. „Du darfst dich nicht wundern, falls wir mal auf Deutsch mit dir sprechen. Clint und ich haben 4 Jahre in Deutschland gelebt und da in dieser Zeit unser Sohn Aaron geboren ist, haben wir ihn zweisprachig erzogen", erzählt mir Grace, überrascht hebe ich die Augenbrauen. Das ist eine Neuigkeit die mich mehr als erfreut, denn das wird mir den Einstieg wesentlich einfacher machen. Wieso mir das niemand gesagt hat, als ich die wenigen Informationen über die Familie erfahren habe, weiß ich nicht, doch um ehrlich zu sein ist es mir sowieso egal. Grace beginnt darüber zu erzählen, welche Arbeiten sie in der Firma erledigen und wie sie es geschafft haben den Durchbruch zu erlangen. Allerdings bin ich viel zu müde um wirklich zuzuhören und weil mich das Thema ohnehin nicht wirklich interessiert, drifte ich immer wieder ab. Auch wenn ich dagegen ankämpfe, meine Augen zu schließen, kann ich nicht gegen das lastende Gefühl ankämpfen. Mit Grace Stimme im Hintergrund schlafe ich ein, sehe Los Angeles nicht und kann nicht beurteilen, ob die Stadt ihrem Ruf gerecht wird.

Mein Lachen ist durch das ganze Gebäude zu hören und erfüllt meinen Körper mit Glücksgefühlen. Meine nackten Füße patschen auf dem Fußboden als ich durch das Zimmer hetze und mich hinter der Couch verstecke, schnaufend und nach Atem ringend. „Ich weiß das du hier bist." Eine fremde Stimme und doch läuft mir ein Schauer über den Rücken, habe ich Gänsehaut. Ich bleibe still, halte den Atem an. „Hab ich dich!" Ich quietsche lachend auf als sich Hände um meinen Bauch legen und ich über eine Schulter geworfen werde. Mein Instinkt will mich dazu treiben das Weite zu suchen, doch es scheint als gäbe es meinen Instinkt nicht mehr. Da gibt es nur die Berührung die ich so sehr genieße, das raue Lachen des unbekannten Mannes und ich – glücklich.

Das einzige, was ich von meinem Traum noch weiß als ich aufwache ist, dass ich gelacht habe und dass es um meine Zukunft ging, um eine Wunschvorstellung von etwas unerreichbarem. Das Glücksgefühl pumpt immer noch durch meine Adern, verlässt mich nur langsam. Benommen von den Empfindungen während meines Traumes, blinzle ich ein paar Mal. Noch bevor ich mich richtig orientieren kann, höre ich erneut die Stimme meiner Gastmutter – kann ich sie wirklich so nennen? Ich schüttle den Gedanken ab und richte meine Aufmerksamkeit auf sie, um auch wirklich alles zu verstehen und nicht direkt am Anfang ein schlechtes Bild von mir zu zeigen.

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