Kapitel 13

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Als ich am nächsten Tag aufwache, steht Luke angezogen vor meinem Bett und sieht mich an. Ich lecke mir über meine Lippen, die sich rau und trocken anfühlen, während ich mich langsam aufsetze, schlucke. Meine Augen brennen und meine Haut ist straff. Das Gefühl ist mir bekannt genug, um zu wissen, dass ich in der Nacht geweint habe. Ich keuche auf, wende meinen Blick von dem Jungen ab, der immer noch wortlos vor mir steht und fahre mir beschämt durch die Haare. „Ich hoffe, ich habe dich nicht vom schlafen abgehalten.“ Meine Stimme klingt belegt und kratzig, ich hoffe so sehr, dass ich im Schlaf nicht geredet habe. „Hast du nicht“, erwidert er leise.

Ich sehe wieder zu ihm, mustere ihn eingehend. Unter seinen Augen zeichnen sich dunkle Ringe ab, die beweisen, dass er diese Nacht nicht oder nur wenig geschlafen hat. „Du lügst“, flüstere ich leise, ziehe meine Knie näher an meinen Körper. Diese Situation ist so komisch, so beschämend. „Ja“, antwortet Luke und fährt sich durch die Haare, „aber ich habe nicht nicht geschlafen, weil du geweint hast.“

Noch bevor ich mir Gedanken darüber machen kann, was sonst ein Grund sei, nimmt er mir die Aufgabe. „Ich war die Nacht über in der Stadt. Eigentlich wollte ich gestern schon zurück fahren, aber Sam meinte, du wärst krank.“ Ich nicke nur, glaube ihm nicht, will ihm nicht glauben. „Ich gehe noch kurz zu Fynn und Evan. Komm in 30 Minuten an mein Auto – Essen habe ich eingepackt.“ Diesmal ist er derjenige der mir den Rücken zuwendet und den Raum verlässt, ohne dass ich hätte antworten können.

Leise hört man meine Schritte auf dem Boden die mich Richtung Badezimmer führen. Auch wenn ich mich alles andere als ausgeruht fühle und ich am liebsten im Bett liegen bleiben würde, muss ich mich beeilen. Ich will Luke nicht unnötig ärgern und zu spät kommen, wobei 30 Minuten für mich sehr viel Zeit ist und ich sogar duschen gehen könnte. Im Spiegel fahre ich meine Konturen nach, versuche in meinen Augen die goldenen Sprenkel zu sehen, die Sam beschrieben hat, doch nach wenigen Sekunden wende ich bereits meinen Blick ab, da ich meinen Anblick nicht mehr ertrage. Verdammte scheiße. Ich sehe extra noch einmal hin, um mich selbst zu überwinden. Dann mache ich mich fertig.

Obwohl ich zehn Minuten zu früh bin, da ich nicht noch mehr Zeit schinden konnte, wartet Luke bereits am Auto auf mich. Als ich bei ihm ankomme, steigt er ein und ich mache es ihm gleich. „Hast du etwas dagegen, wenn wir vorher noch für Aarons Party einkaufen gehen oder soll ich dich zuerst nach Hause fahren?“ Wieso fragt er auf einmal nach meinem Einverständnis? Ich bin so perplex, dass ich mit den Schultern zucke. „Mir egal, können wir machen.“ Ob ich das bereuen werde?

„Okay, gut. Ich hab dir eine Brezel vom Buffet mitgebracht. Sie liegt in der Tüte vor dir.“ Ich nicke dankend, lasse die Tüte dort liegen wo sie liegt und lehne meinen Kopf an das Fenster. Luke sieht mich kurz an, dann die Tüte, beschließt jedoch nichts zu sagen und richtet seinen Blick wieder auf die Straße. Gut so.

„Brauchen wir noch etwas?“, frage ich Luke und sehe das Regal vor mir an, in welchem unzählige von Süßwaren stehen. Ich habe mich zum Einkaufswagenschieber erklärt, ohne zu wissen, dass somit eine Menge Arbeit auf mich zukommt. Der Wagen ist voll. Wie viel Geld das wohl ist? „Nein, aber du kannst dir ruhig noch etwas aussuchen.“ Verwirrt sehe ich den Braunhaarigen an, der meinen Blick erwidert. „Ist was?“, fragt er.

„Wieso bist du auf einmal so nett?“, stelle ich meine Gegenfrage gerade heraus. Sonst komme ich noch um, vor Verwirrung. Jedoch erlöst Luke mich nicht von meinem Leiden, sondern nimmt eine Packung Marshmallows in die Hand und hält sie mir vor das Gesicht. „Die sind doch gut, nicht?“ Ich schiebe seine Hand mit der Tüte zur Seite, damit ich ihn ansehen kann. „Luke-“, beginne ich verzweifelt, runzle meine Stirn, will noch etwas sagen, doch sein Blick verhärtet sich. „Nerv mich nicht, Kanela.“

Seine Worte verletzen mich mehr als ich dachte und als sie tun sollten, jedoch lasse ich es mir nicht anmerken. Seine Worte sind nur Show, sage ich mir, Show um von sich abzulenken. Oder doch nicht? „Marshmallows sind gut“, erwidere ich seufzend und schiebe den Einkaufswagen zu der Kasse.

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