Kapitel 3

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Begin: November 2016
End: November 2016
Processed: 21.07.17
Words: 2221
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Was ich sehe, was meine Augen sehen, als die Tür sich öffnet, lässt mich die Sorgen über meine so ungenaue Zukunft vergessen. Denn was ich sehe – ist Meer. Blaues, tiefblaues Meer, einen Strand und einen Garten. Den Garten der Scales, denn dieser befindet sich direkt am Strand und der Strand befindet sich direkt am Meer. Wie erstarrt bleibe ich im Raum stehen, sauge diesen Anblick in mich auf und gehe dann, ganz langsam als wäre der Boden etwas heiliges, in die Richtung zum Fenster. Zum Balkon. Vorsichtig öffne ich die Balkontür und schiebe sie zur Seite, betrete das dunkle Holz und stütze mich an dem ebenfalls hölzernen Geländer ab. Meine Hände fühlen das raue Material und wenn ich nicht aufpasse, würde ich mir einen Splitter einfangen, jedoch passe ich auf. Ich passe so gut auf, dass ich meine Hände gar nicht erst bewege, denn ich befinde mich nicht länger im hier.

Ich befinde mich im Wasser, unter Wasser, außer Reichweite. Ich befinde mich im Meer, welches mich verschluckt und mitreißt, weg von allem, was real ist. Da gibt es nur mich und das Wasser und das Wasser und ich sind eins. Wir verschmelzen zu einem Ganzen und ich lasse mich tragen wo auch immer es mich hinbringt. Ich höre das Rauschen der Wellen und das Kreischen der Möwen und rieche das Salz und die Freiheit. Ich spüre den Wind, der meine Haare wehen lässt, in alle Richtungen hinfort weht und ich lasse sie. Lasse sie dem Wind folgen. Und dann schließe ich meine Augen und breite meine Arme aus und Lache. Ich lache laut und unbeschwert, lege meinen Kopf in den Nacken, sehe mit meinem Körper und nicht mit meinen Augen. Die Sonne wärmt mich, während der Wind mich wieder kühlt und dieses Zusammenspiel der Natur ist unheimlich faszinierend. So faszinierend, dass es mir egal ist, was Aaron gerade von mir denkt oder was irgendwer anderes von mir denkt, wenn er mich gerade sieht oder hört. Denn gerade spüre ich etwas, was ich schon lange nicht mehr gespürt habe und es ist auch nur kurz da und nicht intensiv, aber doch so intensiv für mich, dass es mich meine Umgebung vergessen lässt. Domenik würde es glücklich sein nennen, doch ich nenne es Freiheit. Freiheit von meinen Gedanken, meinen Zweifeln, mir. Es ist die Freiheit von mir selbst. Und vielleicht bin ich auch glücklich, aber das ist mir egal. Mir ist es egal wie man es nennt, denn es gefällt mir. Manchmal reicht es, etwas zu fühlen, auch wenn man es nicht beschreiben kann.

Aaron lächelt, als ich meine Augen wieder öffne, ihn ansehe und ich denke, das ist ein gutes Zeichen. „Es ist wunderschön“, teile ich ihm mit, obwohl ich mir sicher bin, dass dies nicht nötig gewesen wäre. Meine Reaktion hat alles gezeigt, was ich mit Worten nicht annähernd beschreiben könnte, jedoch wollte ich es ihm mitteilen. Dass es wunderschön ist. „Das freut mich, aber willst du dir dein Zimmer vielleicht auch noch anschauen oder weiter die Aussicht bewundern?“

Am liebsten würde ich sagen, dass ich genau das vor habe. Hier stehen und weiter die Aussicht bewundern, aber dann kommt mir Grace wieder in den Sinn, die das Zimmer selbst eingerichtet hat und sich über mein Kompliment im Eingangsbereich gefreut hat. Also nicke ich und drücke mich vom Geländer ab, folge Aaron in das Zimmer. Ich bin mir sicher, dass Grace sich bei Aaron erkunden wird, wie meine Reaktion war, als ich das erste Mal mein Zimmer gesehen habe, und dann will ich nicht, dass er irgendetwas Negatives antwortet. Ich finde alles an diesem Haus wunderschön, weil man es Haus nennen kann.

Außerdem ist alles farblich abgestimmt und eine Inneneinrichterin würde nichts an diesem Haus verbessern wollen. Das denke ich, obwohl ich nicht einmal das gesamte Haus gesehen habe. Mir gefallen die Eichenholz-Weißfarbenen  Möbel sehr, aber vor allem mag ich den Geruch dieses Gebäudes. Ich weiß nicht, ob ich die Einzige bin, der es so geht, da ich noch nie jemanden danach gefragt habe, aber ich bewerte Zimmer meistens nach ihrem Geruch und nicht nach ihren Möbeln. Und der Geruch der Scales ist eine Mischung aus frischem Holz, sauberen Böden und Meer. Ich liebe den Geruch. Ich liebe dieses Haus. Ich liebe dieses Zimmer.

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