Kapitel 28

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Und so liegen wir einfach nur da, unsere Atemzüge gehen schnell. Ich zähle seine mit, bin bei 354 Stück, als er sich regt. Er stützt seine Arme unter seinen Körper und stemmt sich nach oben, stellt sich hin, greift nach meinem MP3-Player und schaltet die Musik aus. Dann hält er mir seine Hand hin, die ich ergreife und an der er mich auf die Füße zieht.

Mittlerweile ist unsere Atmung wieder normal, nur mein Herz rast immer noch vor Anstrengung. „Du hast übrigens den Test bestanden", verkündet er, tätschelt meinen Kopf und klatscht dann begeistert in die Hände, wie ein Kind, welches Eis bekommt oder Menschen bei einem Konzert, die im Rhythmus des Liedes mit klatschen.

„Welcher Test?", frage ich gleichermaßen verwirrt und neugierig, ziehe das Haargummi aus meinen Haaren, so dass sie nun wirr abstehen müssen. Ich fahre hindurch, greife mit beiden Händen hinein und massiere meine Kopfhaut, dann binde ich sie wieder zusammen, fange sie im Zopf. So wie meine Seele in mir gefangen ist.

„Du darfst auf meine Party kommen", meint er, völlig begeistert. Ich greife nach meiner Wasserflasche, trinke einen Schluck, spüre wie das Wasser mich von innen heraus kühlt. „Welche Party?" Ich kann mich nicht daran erinnern, dass er etwas von einer Party erzählt hat. „Ich habe kurzfristig beschlossen, dass ich heute Abend eine Party schmeiße, ein paar Leute einlade und so", erwidert er lässig und ich nicke nur langsam, runzle die Stirn, zucke dann mit den Schultern.

„Ich weiß nicht...", murmle ich und weiche seinem Blick aus. Ich hasse Partys. Ich hasse Alkohol. Und Aarons Party hat mir für die nächsten Jahre vollkommen gereicht. Er verzieht beleidigt das Gesicht und sieht mich vorwurfsvoll an. „Wieso willst du denn nicht kommen? Meine Partys sind die Besten überhaupt, besser als alles was du jemals gesehen hast!", versucht er mich zu überreden, völlig überzeugt von sich selbst.

Ich lache verzweifelt auf, weil ich merke wie wichtig ihm das ist und fummle an einer hellen Haarsträhne herum. Bisher war ich genau auf einer Party gewesen und besser zu sein als das, ist nicht sonderlich schwer. „Ich will deine Gastgeberqualitäten wirklich nicht anzweifeln, aber ich mag einfach keine Partys. Dort sind lauter betrunkene Leute, die eng aneinander tanzen und nicht mehr wissen, wo ihre Grenzen liegen."

„Nur weil man etwas trinkt, bedeutet das nicht, dass man gleich seine Wahrnehmung verliert. Du kannst doch nicht gleich alle Leute in eine Schublade stecken, die Alkohol trinken. Erst recht, wenn du scheinbar noch nie getrunken hast. Außerdem musst du ja auch gar nichts trinken, das hast du auf Aarons Party ja auch nicht getan", meint er nun ruhiger, einfühlsamer.

„Ich habe bisher nur schlechte Erfahrungen mit Alkohol gemacht, Luke und deswegen hasse ich es. Und ich habe Angst, mich darin zu verlieren, wenn ich ein Mal betrunken war." Luke seufzt leise und streichelt mit seinem Finger über meinen Handrücken. „Du kannst doch auch wieder gehen, wenn es zu schlimm wird, aber ich würde mich wirklich freuen, wenn du wenigstens kurz rüber kommst."

Sein Blick. Dieser Blick. Bei diesem Blick kann ich nicht anders. Er sieht nicht traurig aus und auch nicht wütend, weil ich seine Party ablehne. Da ist nur Hoffnung. Hoffnung, dass ich zu der Party komme. Hoffnung die mich zerreißt.

„Na gut", gebe ich nach und die Freude in seinen Augen reicht aus, um es nicht zu bereuen. Dann ein verschmitztes Grinsen, welches nichts Gutes erahnen lässt. Und welches mich glücklich macht.

„Du bist wirklich ein Schatz!", meint er überschwänglich, macht Anstalten mir einen Kuss auf die Stirn zu geben, doch dann rümpft er die Nase. „Du solltest vorher auf jeden Fall duschen gehen." Seine Stimme klingt nasal, als würde er sich die Nase zuhalten. Ich verdrehe die Augen, boxe gegen seine Schulter. Gleichzeitig schlängelt sich Überforderung durch meinen Körper, weil er kurz davor war mich tatsächlich auf die Stirn zu küssen.

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