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Ich kann ihn nur anstarren, zu etwas Anderem bin ich einfach nicht fähig. Harry steht nun putzmunter und mit erhobenen Zauberstab vor meinem Vater, sodass ich für einen Moment sogar an meinem gesunden Menschenverstand zweifle. Plötzlich geht ein ohrenbetäubender Applaus los und ich grinse. Im nächsten Moment rennt die komplette Masse auseinander und mir fällt wieder ein, dass wir uns ja eigentlich mitten im Krieg befinden. Harry ist ebenfalls verschwunden, doch Voldemorts Aufmerksamkeit hat sich gerade auf jemand komplett anderes gerichtet: Auf mich.
"Du bist das absolute Gegenteil von dem, was ich von einer Tochter meinerseits erwartet hätte!"
Ich schiebe Draco hinter mich und habe meinen Zauberstab fest umklammert. "Ach ja, und was hast du denn von mir erwartet?" Als Antwort werde ich mit Dray nach hinten geschleudert, doch meine Reaktionen haben sich innerhalb der letzten Monate unglaublich verbessert: Mein dunkler Gefährte schießt so schnell aus mir selbst hervor, dass Draco ein erschrockenes Quietschen entfährt. Aber es passiert genau das, was ich vorgesehen habe: Er schließt uns wie einen Schutzschild ein, um uns vor der Mauer und somit vor dem sicheren Tod zu bewahren. "Wie bei Merlins Bart hast du das gemacht?!" Ich richte mich auf und suche ihn mit den Augen, doch mein Vater ist bereits wieder verschwunden. "Sagen wir mal, ich habe experimentiert." Ich schnappe mir die Hand meines Freundes. "Wir haben keine Zeit. Jetzt wird es ernst, komm!"

Es herrscht ein einziges Chaos zwischen den Gerüsten, die mal einzelne Korridore gewesen sind. Wir springen über Schutt, größere Steine, selbst über Personen, die ihr Leben entweder für das Gute oder für das Böse gelassen haben. Plötzlich wirbelt Draco herum, wirft sich beinah vor mich und macht dem Todesser, der gerade wie aus dem Nichts aus der Nische erschienen ist, den Gar aus. Ich stehe da, vollkommen perplex, kann aber ein Grinsen nicht unterdrücken. "Das nenne ich mal Reaktionen und Reflexe, Malfoy. Respekt." Er muss ebenfalls grinsen. "Ich hatte auch eine ziemlich gute Lehrerin." Danach folgen wir weiter dem unvermeidlichen Lärm, denn Harry kann nicht mehr weit sein.

Wir rennen in die große Halle, zumindest in das, was davon übrig ist. Flüche gehen hin und her, es erinnert mich an ein buntes Feuerwerk an Silvester. Allerdings mit dem Unterschied, dass hier durchaus Leute dabei umkommen. Draco klebt an mir, sodass es beinahe unpraktisch wird. Gerade noch sehe ich, wie ein Todesfluch knapp an Ginnys Ohr vorbeirauscht. Er ist natürlich aus Bellatrix' Stab gekommen, von wem auch sonst?
Molly springt förmlich in mein Blickfeld und sieht Dracos Tante scharf an. "Nicht meine Tochter, du Schlampe!" Es folgen einige wechselnde Lichtblitze und plötzlich wird Bellatrix von einem grünen Strahl getroffen und fällt um. Tot. Dray hat es gesehen, schluckt, aber um zu zögern, haben wir jetzt keine Zeit. Ich wirble herum und schleudere einen Todesser, der Draco gerade eine verpassen wollte, gegen die Wand. Wäre es hier still, hätte man das Knacken seines Genicks sicherlich gehört. "Jetzt sind wir quitt, Malfoy!" "Das waren wir auch schon vorher!" Ich will gerade etwas erwidern, als George an uns vorbei prescht. "Diskutiert das irgendwann anders aus! Jetzt müsst ihr erstmal überleben!" Wo er recht hat, hat er recht. Auf einmal zieht sich in mir etwas zusammen. Meine Schlange ist vor mir, versucht mich in eine Richtung zu lenken. Drays Blick liegt auf mir. "Luce? Was ist los mit dir?" Ich weiß es selbst nicht. Es ist, als würde mich etwas rufen, als würde er mich rufen. "Lucy? Was hast du?" Die Hände meines Freundes an meinem Gesicht nehme ich kaum wahr, zu sehr zerrt das Gefühl an mir. Es ist, als würde ich schlafwandeln. Es ist eine Mischung aus Traum und Realität, die gleichzeitig auf mich einwirken. Fast schwerelos tragen mich meine Füße durch die Teile des zerstörten Schlosses. Egal wie oft Draco an meinem Arm zieht, egal wie oft er mich an den Schultern packt und schüttelt, ich laufe weiter. Ich folge weiter der Stimme meines Vaters, die mich in einem Teil meines Kopfes zu sich ruft.
"Lucinda, wir beide wissen, dass uns eines verbindet. Nun ist es an der Zeit dies zu nutzen... Komm zu mir..."
Meine Füße tragen mich weiter, doch zur selben Zeit sträubt sich mein dunkler Gefährte, sodass ich wie aus dem Nichts stehen bleibe und ich im nächsten Moment Dracos Hände auf meinen Wangen spüre. "Luce. Komm her. Bleib hier bei mir. Ich weiß zwar nicht, was gerade mit dir ist, aber wehre dich dagegen... Wir sind gerade erst wieder zusammen, ich kann dich nicht nochmal verlieren." Wieder höre ich Dracos Stimme weit entfernt, ich habe den Drang weiter zu laufen und tue es schließlich auch.

Nach einigen weiteren Metern komme ich endlich an meinem Ziel an. Harry steht an die Wand gepresst vor meinem Vater. Ich weiß, dass Draco noch immer hinter mir ist, doch jetzt wagt er es nicht irgendetwas zu sagen. Voldemort bemerkt meine Anwesenheit und lächelt. "Lucinda, wie schön, dass du dich zum Kommen entschieden hast. Du kannst es beenden. Du kannst Harry Potter ein für alle mal erledigen. Als meine Tochter hast du die Ehre." Ich trete mechanisch an seine Seite und halte meinen Zauberstab direkt auf sein Herz. "Noch irgendwelche letzten Worte?" Wäre ich nicht vernebelt im Gehirn gewesen, hätte ich mich sicher selbst vor meiner eigenen Stimme erschreckt. "Lucy, das bist nicht du. Deine Augen, sie sind nicht mehr braun. Sie sind strahlend grün. Lucy, wach auf. Bitte." Ich höre meinen Vater lachen. "Sie wird nicht mehr sie selbst werden. Schuld daran ist ein Teil von ihr. Ihr dunkler Gefährte ist das, was Slytherin selbst in sich trug. Er ist ein Beweis für Macht. Macht, die noch nicht einmal ich besitze." Ich bin bereit. Ich bin bereit zu töten. "Luce, hör mir zu-", setzt Draco an, doch Voldemort unterbricht ihn: "Hüte deine Zunge, du Verräter! Du bist eine Schande für deine Familie, du verdienst dein weiteres Leben nicht mehr! Sag Lebewohl zu deiner Lucy!" Doch genau in diesem Moment wache ich auf, meine Trance hat ein Ende. Ich lasse meinen Zauberstab von Harrys Brust sinken, drehe mich um und hetze meine Schlange auf meinen eigenen Vater. Ich weiß nicht, wie ich diese enorme Kraft aufbringe. Naja, eigentlich ist das gelogen. "Niemand wird es jemals wagen meinen Auserwählten umzubringen. Wie kannst du überhaupt noch am Leben sein? Du hast dein Gegenstück von deiner eigenen Tochter umbringen lassen, eigentlich hätte dich das zerstören müssen. Auf der Stelle solltest du vor Leid umfallen und den Tod herbeisehnen, um wieder bei meiner Mutter zu sein. Sie wäre mehr als enttäuscht von dem Monster, das aus dir geworden ist, wenn sie noch hier wäre. Aber sie konnte sich an dich erinnern, wie hatte sie also nicht wissen können, dass du es bist?", frage ich mich eher selbst. "Weil deine Mum diese Erinnerungen nicht mehr haben wollte. Sie hat Snape angefleht ihre Erinnerungen zu löschen. Er war dein Patenonkel, Lucy. Deine Mutter hat ihm unglaublich viel anvertraut. So auch das Tagebuch. Deine Mutter hat es verschlüsselt, kurz bevor sie alles hinter sich gelassen hat."  Harry erzählt das so plötzlich, dass ich für einen Moment vollkommen perplex bin. Noch immer habe ich Voldemort dank meiner Schlange im Griff, doch ich merke, dass das nicht mehr lange der Fall sein wird. Kaum habe ich es gedacht, bricht er förmlich aus der schwarzen Wolke heraus. Doch allerdings mit so einer heftigen Energie, dass ich nach hinten geschleudert werde und unsanft auf dem Boden aufkomme. "Lucy!" Draco ist natürlich sofort neben mir, aber ich schiebe ihn sofort weg, denn mein Vater hat sich mit Harry ernsthaft aus dem Fenster gestürzt.

Die Schlacht hat nun einen anderen Schauplatz. Der Hof. Sehr diabolisch und kreativ. Ich komme mir vor, als wäre bei einem Boxkampf der Muggel. Alle stehen um Harry und meinen Vater herum. Ein roter und ein grüner Lichtblitz prallen gegeneinander. Meine Hand findet die Dracos. Jeder scheint zu wissen, dass dies nun ganz allein eine Sache zwischen den beiden ist. Etwas, das man nicht mehr wirklich beeinflussen kann. Plötzlich schießt Nagini vor, um Harry von hinten anzugreifen, doch da hat wohl ernsthaft keiner mit Neville gerechnet: Er hechtet vor und durchtrennt Naginis Hals mit dem Schwert Gryffindors. Aber genau das ist der entscheidende Moment. Das letzte abgespaltene Seelenstück meines Vaters ist vernichtet und er ist schwach. Zu schwach, um den Todesfluch weiter von sich selbst fernzuhalten. Harry entwaffnet ihn und dann passiert es. Lord Voldemort wird von seinem eigenen Fluch berührt und zerfällt wie in Zeitlupe zu Staub. Harry bricht die Verbindung ab und steht einfach da. Es hat ein Ende. Es ist endlich vorbei. 

"Wie geht es dir?", höre ich hinter mir. Ich drehe mich um und erblicke das goldene Trio. Harry lächelt mich an und ich umarme ihn fest. "Du hast es geschafft, Potter..." "Nein, wir haben es geschafft." Ich umarme auch Ron und Hermine. Auch nach Stunden kann ich nicht fassen, dass es vorbei ist. Ich entschuldige mich und gehe dann an den schwarzen See, setze mich auf den Steg. Hier habe ich manchmal Stunden mit Fred verbracht. Ich beobachte den Kraken, der ab und zu mal winkt. Nach einigen Minuten setzt sich jemand neben mich. Ich lehne mich an meinen Freund. Er spielt mit meiner Locke herum. Irgendwann bricht er das Schweigen: "Ich habe geahnt, dass du hier sein würdest, Schönheit." "Er fehlt mir schon jetzt so schrecklich, Dray..." "Fred verlässt dich nie ganz, das weißt du." Ich kuschle mich an ihn. "Wie soll es jetzt weitergehen?", frage ich schließlich. Er lächelt und drückt mir einen Kuss auf die Schläfe. "So wie wir es wollen, Brandon. Wir haben die Wahl."

So Cookies, ich bin fast am Heulen, obwohl der Epilog noch kommt :')
Wie hat euch das Kapitel gefallen? Ich hoffe doch, dass es positiv ist :)
Mit etwas Glück kommt das allerletzte Kapitel diese Woche noch, aber ich kann nichts versprechen ;)
Read you next time ;*
Momofelton ❤

Good Inside ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt