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Ich kann mich nicht erinnern, dass ich in meinem Leben jemals so schnell gerannt bin. Ich bewege mich mitten in einem Schülerstrom, der auf Snapes Anordnung hin, in die große Halle marschiert. Und marschiert meine ich wörtlich. Noch nie habe ich Hogwarts so trostlos erlebt und es scheint Harry, der neben mir unter einer Kapuze läuft, ähnlich zu gehen. Selbst von hier kann ich seine angespannten Gesichtszüge erkennen. Die ganze Zeit suche ich nach dem weißblonden Haarschopf, doch ich kann ihn einfach nicht entdecken. Draco muss hier sein, sonst würde es mir, aufgrund unserer gemeinsamen Erinnerungen hier, noch schlechter gehen. Allerdings habe ich auch kaum Zeit nachzusehen, denn die Menge schiebt mich weiter nach vorn, ob ich will oder nicht. Nach ein paar weiteren Augenblicken stehen wir alle in Reih und Glied in der großen Halle. Snape kann ich nirgends entdecken. Nur dass McGonagall und der Rest des Kollegiums, zumindest der Teil, den ich kenne, äußerst angespannt neben uns steht. Plötzlich geht die Tür auf und mal wieder ertappe ich mich dabei, wie ich hoffe, es wäre mein Freund. Doch es ist, zur Überraschung aller, Filch. "Schüler außerhalb der Betten! Schüler in den Korridoren!" Währenddessen joggt er wie ein Idiot, falls man es überhaupt joggen nennen kann, durch die Halle. "Das war doch eine Anordnung des Schulleiters, Sie Trottel!", poltert McGonagall und lässt unseren Hausmeister somit verstummen. Apropos Schulleiter. Eine schwarze Rauchwolke erscheint und auf einmal steht mein ehemaliger Hauslehrer vor den Schülern. Ich bin erschrocken. Sein Blick ist noch viel kälter als sonst. "Ich weiß, dass ihr wisst, wo Harry Potter ist. Entweder ihr verratet es mir freiwillig oder ich muss es aus euch rausprügeln." Einer der Todesser zieht einen kleinen Jungen, meiner Meinung nach aus der ersten Klasse, aus der Menge heraus. Selbst von hier ist unschwer zu erkennen, wie verängstigt der Kleine ist. Für einen Moment bin ich echt so naiv, um zu glauben, dass man ihm nichts antun würde, doch spätestens als ich die Schreie höre, wird mir alles klar. Ich will meinen Gefährten gerade erscheinen lassen, um dem Ganzen ein Ende zu bereiten, als Harry die Kapuze abnimmt. "Wirklich traurig, dass Sie inzwischen auf solche Methoden zurückgreifen, Snape!" Es kommt mir vor, als hätte jemand den Regler für die Lautstärke heruntergedreht: Es ist totenstill in der großen Halle. Niemand scheint überhaupt noch zu atmen. Alle sind so auf Harry fixiert, dass keiner die Bewegung des Schulleiters und dessen Fluch wahrnimmt. Keiner, bis auf Professor McGonagall. Sie hechtet vor und wehrt sich mit schnellen Bewegungen. Selbst die Todesser können sich vor Schreck nicht rühren. Die Flüche gehen hin und her, bis Snape sich in seinen Mantel einhüllt, aufsteigt und das Fenster bei seiner Flucht zerspringen lässt. Dieser Anblick erinnert mich stark an eine Fledermaus. "Sie Feigling!", ruft meine Lehrerin ihm nach. Im selben Moment kommt wieder insofern Bewegung in die Halle, dass auch sämtliche Todesser verschwinden. Plötzlich schreit ein Mädchen. Der Schrei dringt durch meine Ohren und  bevor ich mich fragen kann, was los ist, höre ich es selbst: Die Stimme meines Vaters. "Das, was ich euch jetzt sage, geht an dich, Harry Potter... Wenn du dich mir bis Mitternacht im Verbotenen Wald stellst, passiert niemandem etwas. Solltest du dich dieser Frist widersetzen, werde ich angreifen und alle ohne zu zögern umbringen..." Damit ist alles wieder ruhig in meinem Kopf, allerdings nicht lange, denn jetzt bricht richtige Panik aus: Die Erstklässler fangen an zu weinen und alle reden durcheinander. "Ruhe!", ruft McGonagall und augenblicklich erstirbt das Chaos. "Ich ordne hiermit an, dass alle unter Personen siebzehn sofort aus der Schule und in Sicherheit gebracht werden-" Eine mir nur allzu gut bekannte Stimme unterbricht unsere Professorin. "Der dunkle Lord will Potter, also warum geben wir ihn ihm nicht? Potter soll auf der Stelle ausgeliefert werden!" Gott, hat Pansy denn keine anderen Vorschläge? "Professor Slughorn, bitte geleiten Sie die Slytherins in ihren Gemeinschaftsraum zurück." Dann dreht sie sich zu Harry um. "Potter, es ist gut Sie zu sehen."

Überall, wo ich hinsehe, sehe ich Leute durch die Gänge hasten. Ich habe gerade keine Ahnung was mit Harry und den anderen ist, ich habe nur ein Ziel vor Augen: Ich muss Draco finden. So schnell wie möglich. Ich irre seit sicherlich schon einer Stunde hier umher. Ich habe es satt, nicht zu wissen, was passiert ist. Ich bin mir sicher, dass er hier ist, er muss einfach hier sein. "Lucy!" Ich bleibe schlitternd stehen. Fred rennt auf mich zu und zieht mich in seine Arme. "Merlin sei dank, dir ist nichts passiert... Verdammt, ich könnte mir niemals verzeihen, wenn du verletzt oder getötet werden würdest... Ich..." Ich nehme sein Gesicht in die Hände. "Freddy, beruhige dich... Es wird alles gut, hörst du? Wir kriegen das hin. Wir sind gut genug." Er legt seine Stirn an meine. "Harry will, dass du in den Raum der Wünsche kommst. Ich weiß nicht wieso. Gott, ich habe echt Angst, dass dir was passiert..." Ich küsse seine Nase. "Ich bleibe am Leben, versprochen. Jetzt muss ich wirklich los." Mein bester Freund umarmt mich noch einmal fest. Ich löse mich sanft von ihm und lächle. "Fred?" "Ja Lucy?" Ich küsse seine Wange. "Lass dich nicht umbringen, versprichst du mir das?" Er lacht. "Ich schwöre es, Brandon." Ich sehe ihm noch einmal in die Augen, drehe mich um und renne weiter.

Ich stehe in dem Korridor, in dem sich der Raum befinden muss und schließe die Augen. Als ich sie wieder öffne, liegt die Tür vor mir. Ich lächle ein wenig und betrete den Raum der Wünsche. Zu meiner Überraschung ist er voll mit überfüllten Regalen mit Krimskrams. Ich schleiche durch die Gänge, darauf bedacht kein einziges Geräusch zu machen. Endlich, nach wahrscheinlich zehn Minuten, entdecke ich Rons roten Haarschopf. Er sieht mit Mine ein Bücherregal durch. "Hi Leute...", sage ich leise. Der Rotschopf dreht sich erschrocken um und greift sich an die Brust. "Bei Merlins Unterhose, mach das nie wieder!" "Schon gut. Wo ist Harry?" "Da hinten bei den Kesseln. Du solltest zu ihm gehen, er kann jede Hilfe gut gebrauchen." Ich nicke und finde ihn tatsächlich hinter einem anderen Regal. Er sieht mehr als gestresst aus, verständlich. "Hey Potter, brauchst du Unterstützung?" Der Junge, der überlebt hat, sieht mich an und lächelt leicht. "Lucy, gut, dass Fred dich gefunden hat. Es gibt tolle und nicht so gute Neuigkeiten. Ron und Hermine haben einen weiteren Horcrux zerstört. Du weißt schon, den Becher von Helga Hufflepuff. Dann habe ich herausgefunden, dass Ravenclaws Diadem hier sein muss, aber noch haben wir nichts gefunden und uns läuft die Zeit davon..." Ich fange an du grinsen. "Keine Sorge, das finde ich." Kaum habe ich es gesagt, fegt meine schwarze Schlange durch den Raum.  "Hermine! Ron! Kommt her! Lucys Gefährte findet das Diadem!" Sofort kommen beide um die Ecke und wir setzen uns auf den Boden, um wenigstens eine kurze Pause machen zu können. "Und? Was habt ihr in der ganzen Zeit, während ich weg war, getrieben?" Hermines Wangen fangen augenblicklich an zu glühen und ich ziehe die Augenbraue hoch. "Was habe ich verpasst?" Als Ron ihre Hand nimmt und lächelt, wird mir alles klar. "Das gibt's nicht... Oh wow... Sucht man einmal nach seinem Freund, verpasst man die interessantesten Dinge!" Plötzlich spüre ich es. Ein warmes Kribbeln durchfährt meinen Körper, er ist also ganz in der Nähe. Im selben Moment erscheint meine Schlange wieder und wirft mir das Diadem wortwörtlich vor die Füße. Ich lächle. "So hab ich mir das doch vorgestellt. Perfekt." Harry springt auf. "Jetzt müssen wir es nur zerstören! Dann bleiben nur noch die Schlange und Voldemort selbst! Vielleicht war Snapes Tod doch nicht ganz umsonst..." Ich reiße die Augen auf. "Was?!" "Das hatten wir dir eigentlich noch erzählen wollen...", meint meine beste Freundin betrübt. "Das ist eine der schlechten Nachrichten... Er wurde getötet. Von Nagini. Ich habe gesehen, was wirklich geschehen ist, Lucy. Nach all der langen Zeit war Snape noch immer in meine Mutter verliebt gewesen. Bis zur letzten Sekunde seines Lebens. Er war ein Doppelagent, genau wie du und Draco. Ich werde es dir erklären, wenn wir mehr Zeit haben... Jetzt ist der Zeitpunkt schlecht. Obwohl es noch eine Sache gab, die dich betr-" "Jetzt ist Schluss mit lustig, Potter!" Seine Stimme lässt mich zusammenfahren, doch gleichzeitig haucht sie mir wieder Leben ein. Ich springe auf. Ich brauche seine Nähe jetzt. "Lucinda, nicht!" Mine schleudert mich mit einem einzigen Schwung ihres Zauberstabs von ihm zurück. Ich sehe sie fassungslos an. "Wie kannst du es wagen?!" Harry und Ron scheinen verstanden zu haben und halten mich zurück. "Lucy, bitte hör mir zu! Das ist nicht dein Draco!" "Was erzählst du da für einen Mist! Er ist es!" "Nein, Lucy!", schreit mich nun auch Ron an, während meine beste Freundin einen Schutzschild zwischen Draco, Crabbe, Zabini und uns gebracht hat. "Hermine hat es mir erklärt, bevor wir den Horcrux zerstört haben! Es geht dir nicht so schlecht, weil ihr physisch voneinander getrennt wurdet, sondern weil euer Boss diese Veela-Verbindung von Malfoys Seite aus gekappt hat, verdammt! Er kann sich an nichts mehr von alledem erinnern! Du bist sein Feind!" Ich schlage um mich. "Nein, das kann nicht sein! Das ist Quatsch! Das geht überhaupt nicht!" Inzwischen prallen unzählige Flüche an unserem Schutzschild ab und auch ich weiß, dass es dem nicht mehr lange standhalten wird. Hermine dreht sich zu mir um. "Lucy, hör doch auf mich. Bitte... Vor ein paar Tagen hast du zu mir gesagt, dass du deiner Mutter auch vom Charakter her immer ähnlicher wirst. Deine Mutter war nur noch eine Hülle, weil die Verbindung zwischen ihr und Voldemort kurz von deiner Geburt ebenfalls getrennt worden ist!" Mein Blick wandert wieder zu Draco. Seine Augen sind kalt und starr auf mich gerichtet. Hass verstellt sein wunderschönes Gesicht. Hass auf mich. Mir wird klar, dass dieser Mann nicht mehr Mein ist und genau in diesem Augenblick zerspringt der Schutzschild...  

Tja Cookies, jetzt ist es raus! ❤
Voldi hat die Verbindung zwischen unseren beiden Helden getrennt! Jetzt kommen wir aber eindeutig zum Höhepunkt der gesamten zwei Bände. Was sagt ihr zu diesem Kapitel? :)
Jetzt möchte ich die Gelegenheit noch einmal nutzen, um mich bei euch zu bedanken. Euer Zuspruch beim letzten Mal hat mich wahnsinnig ermutigt und morgen werde ich bei den diesjährigen Wattys antreten! Ihr seid wirklich die Besten! ;)
Read you next time ;*
Momofelton ❤

Good Inside ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt