15. Kapitel

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Mia lag in ihrem Bett. Sie drehte sich von links nach rechts und konnte einfach nicht einschlafen. Sie hatte noch viel gelesen. Dieser Robert, Rafael oder wie auch immer war anscheinend unberechenbar. Zwischendurch kamen die Erinnerungen an diesen Tag wie Sonnenstrahlen in ihre Gedanken. Sie konnte sich an seine Lippen erinnern. Den salzigen Geschmack von Meerwasser. Sie drehte sich wieder zu ihrem Wecker. Ihr blieb nur noch eine halbe Stunde. Sie nahm ihn in die Hand. Diese leuchtenden Zahlen die sich jede Minute veränderten. Mia konnte sie einfach nicht mehr sehen. Sie warf den Wecker gegen die Wand. Es knallte und er fiel zu Boden. Bis auf einen Riss blieb er allerdings unversehrt. Sie starrte an ihre Zimmerdecke. Ihr Handy lag noch auf dem Nachttisch. Es war so laut wie möglich gestellt. Wenn irgendwas passieren sollte musste sie sofort wach sein. Wenn der Schlaf denn noch kommen würde.
Die halbe Stunde ging vorüber. Um Mitternacht stoppte so auch das Gedankenkarussell. Ohne Erinnerungen konnte Mia endlich einschlafen. Es war eine Traumlose Nacht.

Michael bemühte sich so leise wie möglich durch den Flur zu gehen. Vor einer Tür blieb er stehen. In seinen Notizen war diese als Mias Tür beschrieben. Er stellte sich nah heran und legte seinen Kopf an die kalte Oberfläche. Es war alles still darin. Sie schlief wahrscheinlich schon. Das sollte er auch langsam. Denn die Müdigkeit zog ihm bereits die Augen zu. Er versuchte sich wieder die Bilder vor Augen zu rufen. Doch es klappte kaum. Die ganze Zeit bis er im Bett lag dachte er an nichts anderes. Doch trotz voller Konzentration fiel es ihm immer schwerer. Schließlich schlief er ein.

Am nächsten Morgen saß Mia mit einer Tasse Kaffee in Arthurs Küche. Sie hatte ihre Dokumentation vor sich liegen und unterhielt sich mit Anne.
Diese war wieder in der Küche tätig gewesen während ihr Mann schon mit der Forschung begonnen hatte. Mia hatte sich ihr anvertraut. Sie hegte Bedenken dass Arthur von Michaels Aktion erfuhr. Doch sie wollte nicht alleine davon wissen.

Ihre Neugier wurde auch immer größer. Mia hatte heute früh an Michaels Tür geklopft. Als sie keine Antwort bekommen hatte, beschloss sie ihn schlafen zu lassen. Sie hatte keine Ahnung wie lange er fort gewesen war. Die Tatsache dass sie nicht einmal wusste ob er zurück gekommen war machte sie verrückt. Ihr Handy lag vor ihr. Durch ein Tippen zeigte es ihr die Uhrzeit. "Ich werde ihn wecken." Mia stand auf. "Ich dachte du wolltest bis 10 Uhr warten.", merkte Anne an. "Ich halte das nicht mehr aus aber ich möchte auch nicht Arthur fragen ob ich über Überwachungskameras ins Zimmer schauen kann. Dabei kommt man sich auch so schlecht vor."

Mia verlies den Raum und eilte zu Michaels Zimmer. Sie klopfte energisch gegen die Tür. Michael nahm das Klopfen erst kaum wahr. Doch nach einer Weile wurde es noch lauter. Er setzte sich verschlafen auf. Es hämmerte erneut gegen die Tür. Er lief darauf zu, entriegelte sie und öffnete sogleich. Die Frau dahinter musste sich dagegen gelehnt haben so dass sie nun schwungvoll ins Zimmer stolperte. Sie fing sich allerdings innerhalb von Sekunden wieder und umarmte ihn. "Entschuldige dieses unsanfte Wecken aber ich habe mir ziemliche Sorgen gemacht.", meinte sie. Er schaute in ihre blauen Augen. Diese kamen ihm bekannt vor. Er war sich ziemlich sicher diese Augen schon gesehen zu haben. Von dieser Frau hatte er gelesen und entweder spielte seine Fantasie verrückt oder er hatte auch eine Art Erinnerung an sie. Die einzige die er nicht der Nacht zuordnen konnte. "Du bist Mia.", bemerkte er. Sie wirkte verwundert. "Ja, die in deiner Dokumentation steht." Er lächelte. "Lass uns einen Ausflug machen. Hast du schon gefrühstückt?" Sie legte den Kopf leicht schief. "Ja habe ich, aber wo willst du hin?" Michael strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. "Das wirst du schon noch sehen."

Als Michael frühstückte versuchte Mia ihn die ganze Zeit über den gestrigen Abend auszufragen. Er blieb jedoch hart und vertröstete sie auf später. Die beiden fuhren wieder zu dem Feld dass Michael schon besucht hatte. Am Tag sah alles so viel freundlicher aus. Die Sonne schien warm auf die Rückstände des vorher angebauten Getreides. Michael hielt sein Notizbuch in der Hand. Er konnte es garnicht erwarten Mia alles mitzuteilen. Sie musterte das Feld vor sich verwundert und folgte Michael schließlich. Er wusste nicht wie sie letztendlich reagieren würde. Einerseits war es eine gute Nachricht dass es möglich war sich zu erinnern. Andererseits mussten sie sich entscheiden ob sie trotzdem noch an ihren Forschungen festhalten würden oder doch den eigentlichen Grund heraus fanden. Nach einer Weile setzte sich Michael hin und schlug sein Notizbuch auf. Mia ließ sich neben ihm auf dem erdigen Boden nieder. Er reichte ihr sein Notizbuch. "Lese es bitte.", forderte er sie auf. Während ihr Blick über die Seiten glitt beobachtete er ihren Gesichtsausdruck. In Gedanken suchte er sich wieder die Bilder zusammen. Warum hatte er sie behalten können? Die Erinnerungen verschwanden laut seiner Dokumentation stets vollständig. Nach einer Weile schaute Mia ihn an. "Ich...ich kann das nicht glauben. Wie kann das so einfach sein? Einen Vertrag unterschreiben und auf einmal kann man sich erinnern? Wieso hat er dir das alles überhaupt verraten?" Er sah sie einen Moment lang ruhig an. "Er ist dein Bruder Mia. Das hast du dir in deiner Dokumentation verschwiegen. Du hast ihm nicht geglaubt." Sie klappte das kleine Notizbuch zu. "Ich weiß immernoch nicht ob ich ohm glauben kann. Er hat dir dies zwar erzählt aber hast du  getestet ob er sich wirklich erinnern kann? Kannst du wissen ob er uns nicht einfach nur von unserer Arbeit abbringen möchte?" Michael schüttelte den Kopf und Mia stand auf. "Ich werde herausfinden ob er die Wahrheit sagt. Trotzdem müssen weiter an unserem Projekt arbeiten. Wenn wir ihm vertrauen können kann er uns vielleicht einen Weg in Zentrale der Regierung zeigen." Michael sprang sofort auf. "Die Zentrale? Das ist furchtbar gefährlich Mia." Sie verschränkte ihre Arme und baute sich vor ihm auf. "Was du gestern gemacht hast war auch gefährlich. Wenn auch in kleinerem Ausmaße. Jetzt gebe mir bitte seine Nummer." Michael nahm sein Buch und blätterte zur entsprechenden Seite. Er berührte ihre Schulter und reichte es ihr. "Da ist noch etwas dass ich dir sagen muss." Sie drehte sich zu ihm. Er versuchte die richtigen Worte zu finden obwohl es ihn ganz verrückt machte sie so nah bei sich zu haben. "Nun sag schon.", meinte sie ungeduldig aber sanft. "Letzte Nacht ist noch etwas außergewöhnliches passiert." Er holte tief Luft. "Ich kann mich an ein paar Dinge erinnern." Sie lauschte ihm angespannt. "Ich konnte mich an dich erinnern Mia. Einzelne Bilder zumindest. Deshalb habe ich dich heute Morgen richtig erkannt. Nicht nur nach der Beschreibung von irgendwelchen Worten oder durch das Ansehen eines Fotos. Es war anders." Sie trat einen Schritt auf ihn zu. "Wie ist das möglich?", fragte sie. "Ich weiß es nicht.", gestand Michael. "Die Erinnerungen scheinen auch schwächer zu werden. Dennoch sind sie noch da." Mia zog ihn in ihre Arme. "Was auch immer da vor sich geht. Wir werden es heraus finden." Michael hielt sie einfach nur dicht an sich gedrückt. Am liebsten würde er sie nicht mehr los lassen. Nicht in diese Welt voller Fragen und Gefahren. Doch die Zeit schritt voran und sie hatten noch viel vor.

Amnesie - Gestohlene ErinnerungenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt