19. Kapitel

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Die Sonne tauchte den Himmel in warme Farben. An anderen Tagen hätte dies Freude in Mia ausgelöst. Vielleicht auch Fragen und Melancholie. Heute war es einfach nur der Punkt den sie mit ihren Augen fixierte während ihre Gedanken Achterbahn fuhren. Sie drehte sich zu Michael um. Sie erinnerte sich wie sie vor Rafaels Tür in den Arm genommen hatte. Er meinte alles würde gut werden. Gut. Was für ein kleines Wort für so viele Möglichkeiten. Für so einen langen Weg.

Michael blinzelte und öffnete seine Augen. Er musste lächeln als er Mia neben sich liegen sah. Die Augen geschlossen und die dunkeln Haare halb über dem Gesicht. Er strich sie ihr hinters Ohr. Da öffnete sie ihre Augen. "Guten Morgen." flüsterte sie. "Guten Morgen.", antwortete Michael und gab ihr einen kurzen Kuss.

Nach dem Frühstück brach Michael zur Arbeit auf. Es war für ihn schwer zu glauben dass das vor nicht allzu langer Zeit einen so hohen Stellenwert für ihn hatte. Es war seine Abwechslung gewesen. Ein großer Teil seiner Dokumentation drehte sich darum. Doch diese Teile schienen ihm nicht wichtig genug um sie alle zu verinnerlichen. Kannte er einen Tag, dann die anderen ungefähr auch. Eine Eleichterung, aber keine Bereicherung beim lesen.

Ein Auto fuhr vor das große Haus am Rand der Stadt. Kameras fixierten es aber den Insassen machten sie nichts aus. Es waren ganz in schwarz gekleidete Männer. Sie traten vor die weiße Fassade und einer von ihnen zog eine kleine Ferndienung aus seiner Tasche. Nach einem Knopfdruck öffnete sich die Schiebetür. Alle Männer betraten das Haus und schauten in jedes Zimmer.

Der letzte Eintrag war so lange her. Für Rafael waren die vergangenen Tage nirgendwo zu finden. In seiner Dokumentation stand etwas von einem Arbeitsvertrag. Durch diesen sollte es möglich sein sich zu erinnern aber er konnte es nicht. Dann waren da noch zwei Handys. Zu keinem von ihnen kannte er eine Pin. In seinen Unterlagem war bis jetzt auch keine aufzufinden. Wie sollte er da Mia wieder anrufen. Von ihr war etwas in ganz alten Dokumentationen zu lesen. Doch ob es dieselbe traurige Frau der letzten Nacht war konnte Rafael nicht sagen.

Auf einmal trat ein Mann ins Zimmer. Erschrocken wich Rafael auf dem Sofa zurück. Sein Besucher zog eine Pistole. "Sie stehen jetzt auf und kommen mit uns mit.", befahl er. Der junge Mann gehorschte sofort. Weitere ganz in schwarz gekleidete Personen traten ein. Sie hielten Rafaels Hände hinter seinem Rücken zusammen. "Was hab ich getan? Wo bringen sie mich hin?", presste er aus zusammengebissenen Zähnen hervor. Die Männer warfen sich einen Blick zu. "Es würde nichts bringen dir das zu sagen, denn bald bringt es garnichts mehr dir etwas zu sagen."

Mia saß in ihrem Zimmer und betrachtete Rafaels Nummer auf dem Display des Handys. Sie tätigte den Anruf und hörte Freizeichen zu. Derselbe Ton wiederholte sich immer wieder bis eine Stimme sie darauf hinwies dass niemand zu erreichen war. Irritiert wählte sir einfach nochmal. Mittlerweile müsste er sich doch sogar aus seinen Unterlagen etwas über sie zusammen gesucht haben. Mia war sich so sicher gewesen nicht enttäuscht zu werden. Sie hatte ihm alles geglaubt und den Abend genossen. Er war ein Teil ihrer Familie. Sogar der Plan für die Suche nach ihren Eltern stand fest. Wieder meldete sich die Stimme. Mia beschloss es später nochmal zu versuchen oder Rafael einen weiteren Besuch abzustatten.

Sie vertiefte sich in ihre Arbeit. Die ganze Truppe stand unter Hochspannung. So kurz vor dem Ziel wollten sie noch einmal alles geben. Der geplante Chip nahm langsam Gestalt an. Die Frage wie er getestet werden sollte stand allerdings immer noch im Raum. Mia holte sich schon ihren zweiten Kaffee. Sie wollte endlich wissen was mit Rafael los war. Vielleicht war ihm etwas zugestoßen oder es war alles wieder eine Lpge gewesen. Doch es ergab für sie keinen Sinn. Außer er wollte sie emotional fertig machen. Mia stellte ihr Glas weg und schnappte sich ihre Handtasche. Sie nahm die Autokarte heraus und lief zum Parkplatz. Dabei wäre sie fast in Anne gerannt. "Gut dass ich dich treffe.", meinte Mia und hielt die überraschte Freundin fest. "Ich werde nochmal zu Rafael fahren. Irgendwas stimmt da nicht." Anne blickte sie immernoch irritiert an. "Vielleicht ist er nicht da weil er arbeiten muss?", meinte sie. Mia überlegte einen Moment lang. "Das kann sein aber ich möchte es trotzdem versuchen." Nach diesen Worten machte sie sich auf den Weg zu ihrem Wagen. Sie hielt die Karte an die Tür und stieg ein. Das Auto fuhr los und sie vertiefte sich in ihre Bücher.

Michael saß vor seinem Pc und blätterte in einem Ordner. Die Zimmernummer des Büros seines Chefs war schnell gefunden. Er holte tief Luft und fragte sich dabei wie man eine Kündigung am besten formulierte. Die Arbeit schien ihm gerade fern aber was ist wenn sie später wieder wichtig wird. Wenn sie es schaffen sollten sich zu erinnern dann brauchten sie trotzdem einen Verdienst. Sie würden bei Arthur ausziehen und dann weiter sehen. Auf einmal schrillte ein schrecklicher Ton durch den Raum. Michael holte das Handy aus seiner Tasche. Dieser Klingelton war einfach nicht auszuhalten. Er las noch schnell Mias Namen auf dem Display bevor er abnahm. Sie klang ganz aufgebracht. "Michael? Ich bin noch einmal zu Rafael gefahren. Ich habe ihn ganz oft angerufen und er ist nicht rangegangen. Ich hatte einfach ein schlechtes Gefühl bei der Sache verstehst du und jetzt..." Mia machte eine kurze Pause um Luft zu holen. "Sein Auto ist weg und an der Klingel steht kein Name. Dann habe ich ein Schreiben an der Tür gesehen. Darauf steht das Rafael hier nicht mehr zu erreichen ist und keinen Kontakt mehr wünscht." Michael hatte sich bemüht jede Information aufzunehmen. "Vielleicht steckt die Regierung dahinter? Sie könnten uns belauscht haben.", vermutete er. "Oh nein.", hauchte Mia fassungslos. Ihr Bruder ist vielleicht verhaftet worden und ihren Plan konnten sie vergessen. Doch Mia konnte sich nicht erklären warum Rafael sich auf einmal nicht mehr erinnern konnte. Sie vermutete aber dass die Regierung dies gleich als Strafe zu verschulden hatte.

Als sie bei Arthur zur Tür herein trat stürmte dieser ihr gleich entgegen. Seine Armbänder und Ketten rasselten aufgeregt. "Heute Abend findet eine wichtige Besprechung statt.", verkündete er. "Sag Michael bescheid sobald er kommt." Mia wollte fragen um was es ging doch der Mann verschwand bereits wieder die Treppen hinauf. Sie beschloss Anne zu suchen um ihr das Neueste zu erzählen.

Michael traf die beiden in der Küche an als er zurück kam. Niemand wollte den ihnen den Anlass für das Treffen am Abend verraten aber alle wirken ziemlich aufgeregt und nervös. Es gab anscheinend einen guten Grund.

Amnesie - Gestohlene ErinnerungenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt