|9| Kapitel

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Es war am Abend des selben Tages, als Zac und Kane sich auf das hohe Dach einer alten, mediterranen Stadtvilla zwischen den vielen kleinen Gassen von Amerun saßen und die Beine am Abgrund herab hängen ließen, wie sie es bereits als Jungen ab dem Alter von 13 Jahren getan hatten.

Von hier sah man über die meisten Teile der Stadt und die vielen kleinen Lichter ließen sogar ein Drecksloch wie Amerun bei Dämmerung schön aussehen.
Im östlichen Teil der Stadt ragte das Schloss, wie ein gigantischer Schatten empor und Zac konnte von seinem Platz aus erkennen, wie die Diener nacheinander die Laternen in den Gärten entzündeten.
Nun, wirkte der Palast schon freundlicher und der Blick des Assassinen glitt weiter, bis Kane neben ihm seufzte und einen verdächtig aussehenden Tonkrug aus seiner Tasche nahm.
"Was ist das?" Fragte er seinen Freund, dieser grinste und hielt ihm das Getränk hin. "Willst du das wirklich wissen? Trinks doch lieber und probier."
Zac zog die Augenbrauen hoch und zog bei dem herben Geruch die Nase kraus, doch dann nahm er Kane den Krug ab und nahm einen Schluck.
"Boah, das schmeckt ja scheußlich." Würgte er lachend und drückte das Gefäß zurück in Kanes Hände, der amüsiert zusah. "Der Blinde im Armenviertel hat das zusammen gebraut. Was drinnen ist, weiß er selbst nicht, hat er gesagt."
"Und da soll ich vorkosten, oder was?" Kane lächelte. "Naja, jetzt weiß ich, dass ich den Mist hier vom Dach kippen kann."
Zac grinste. "So wie mit dieser schrecklichen Kelle Wein, als wir sechzehn waren. Das war so widerlich."
"Du hast diesen Scheiß aufgetrieben, Zac! Der Ging auf deine Kippe."
Die Assassinen grinsten einander an und Zac stellte fest, dass er seinen Freund schon lange nicht mehr so entspannt erlebt hatte, also sprach er den Grund für seine Vermutung an.
"Und, was war das mit Ria?"
"Ria?" Kane drehte ihm sofort den Kopf zu. "Wie, was meinst du?"
Zac grinste und machte eine Geste, die Kane daran erinnerte, dass er alles gesehen hatte.
Er schien plötzlich etwas verlegen. "Na und? Passt doch alles ... oder?"
Zac musterte seinen Freund. "Ja, passt alles." Stimmte er ihm zu und einen Moment schwiegen sie.
"Wie läuft es eigentlich bei dir und dem Job?" Wechselte Kane das Thema.
"Achso, ja, du warst schließlich beschäftigt als ich mich um die Vorbereitungen gekümmert habe." Zac warf ihm einen Blick zu und Kane kniff nun die Augen zusammen. "Vorbereitungen?"

Er erzählte seinem Freund von dem Ball und schilderte ihm den Weg, den er nehmen würde, um unbemerkt ins Schloss zu gelangen, wo er sich dann als gewöhnlicher Gast tarnen würde.
Zac berichtete Kane außerdem von den neuen Klingen, die er sich hatte anfertigen lassen.

"Dein Plan klingt gut." Stellte der andere Assassine fest und schien nachzudenken. "Aber du weißt, das viel schief gehen kann." Fügte er warnend hinzu, was Zac mit einem Nicken bestätigte.

Sie ließen nun auch dieses Thema auf sich beruhen und unterhielten sich über allerlei alte Geschichten und bei der Gelegenheit, richtete Zac seinem Freund auch noch Jalias Grüße aus, was dieser belächelte.
Außerdem, sprachen sie über Tairen Kesar, in lästerlich-, bis feindseligen Ton.
"Ich habe Tairen heute Mittag mit Bher angetroffen. Ihr Gespräch wirkte ziemlich ernst, es ging um Azmar."
Besorgnis blitze in Kanes dunkelblauen Augen auf. "Und um was noch?"
Zac versuchte sich zu erinnern. "Kinder, glaub ich. Oh, es ging um etwas, was Tairen wissen wollte, er dachte Azmar hätte es Bher gesagt, doch dieser hatte auch keine Ahnung."

Keine Antwort.

Er drehte den Kopf und sah Kane von der Seite an, er starrte mit leeren Blick auf die Stadt hinab.

Hatte er ihm überhaupt zugehört?

"Kane." Er sah ihn auffordernd an, doch sein Freund wandte sich ihm nur langsam zu. "Gehen wir zurück?" Schlug der Schwarzhaarige schließlich vor und Zac willigte mit einem Nicken ein.

Kane erhob sich und sprang vom Dach der alten Statvilla, Zac folgte direkt hinter ihm und nachdem sie auf einem niedrigeren Ziegeldach gelandet waren, übernahm er die Führung und rannte die Kante entlang, setzte leichtfüßig über einen Spalt zwischen den Häusern hinweg und eilte weiter immer tiefer in die Dunkelheit der Nacht.

▶⚫◀

Zurück in der Residenz der Assassinen, überfiel Zac eine Welle der Müdigkeit, weshalb er gleich in sein Zimmer hocheilte.

Eigentlich hatte er nur vorgehabt rechtzeitig zu verschwinden, um Kane alleine mit Ria Azmar zulassen, als diese jedoch bereits mit Bher in der Küche saß und Kane mit einem Kuss begrüßte, verdrückte sich Zac sofort und war nun froh darüber, etwas Ruhe zu haben.

Er sortierte die Rechnungen, der für den Auftrag finanzierten Gegenstände und steckte sie sorgfältig zu den Anderen in einer Schublade.
In einem weiteren Fach lagen alte vergilbte Dokumente und Aufzeichnungen, die noch von Azmar unterzeichnet worden waren. Dies waren die Ausgaben, die der frühere Anführer der Assassinen für seine Ausbildung ausgegeben hatte.
Insgesamt ein Betrag im sechsstelligen Bereich.
Die Schublade seiner Ausgaben war gefüllt mit Zahlen bis zur zehntausend, insgesamt. Doch sein Lieblingsordner war der, in dem die Bestätigten Zahlungen für seine Dienste aufgelistet waren.
Der Nettobetrag, bereits mit abgerechneten Ausgaben, würde, sobald er den Lohn seines jetzigen Auftrags kassierte, die langersehnte und ersparte sechste Stelle füllen und ihn so Freiheit schenken.

Die Zahlen aus Tinte auf unsauberen Papier, verstärkten Zacs Wunsch sich einfach in das weiche Bett fallen zu lassen und zu schlafen, bis ihn die Mittagssonne weckte.

Er schloss den Schreibtisch ab.

Eigentlich, hatte er doch alles erledigt.
Jegliche Vorbereitungen waren getroffen, was sollte er denn noch organisieren?

Mit einem zufriedenen Lächeln zog er sich aus und legte sich ins Bett.
Die Kerze auf dem kleinen Tisch flackerte noch hell, doch der Assassine konnte nicht einmal mehr ein Buch lesen.
Mit einem letzten Blick durch den Raum, wobei er kurz an dem Eichenscheid am Regal hängen blieb, fielen ihm die Augen zu er wurde in wirre Träume gerissen.

MURATIS |1| AssassinenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt