|21| Kapitel

43 3 0
                                    

Zac riss überrascht die Augen auf und senkte den Blick auf das Messer das zwischen seinen Rippen steckte.
Nathaniel Kathrator hatte die Hände noch immer um den Griff geschlungen, bis er ihn dann abrupt losließ und Zac anstarrte.
Der Assassine keuchte auf, wich ein paar Schritte nach hinten, zog die Klinge ruckartig aus seinem Körper und ließ das Messer zu Boden fallen.

Der Kronprinz schluckte, doch als sich Zac auf ihn stürzte, wich er den Hieben rasch aus und versuchte zur Tür des Zimmers zu kommen, doch da war der Assassine schneller, packte Nathaniel und schloss die Hände um den Hals des Prinzen. Er stieß ihn nach hinten, rammte ihm seine Faust ins Gesicht und sah zu wie Nathaniel zu Boden fiel.
Jetzt griff er auf seine Messer zurück und holte dieses mal aus, ohne zu zögern.
Die Klingen bohrten sich durch die Schultern des Prinzen und nagelten ihn an dem Boden fest. Bevor er schreien konnte, verdeckte Zac ihm mit seiner behandschuhten Hand dem Mund.
Blut floss aus den Wunden und tränkte den Teppich des Gemachs in eine rote Farbe. Nathaniels Gesicht war vor Schmerz verzerrt und Tränen glitzerten in seinen aufgerissenen Augen.

Der Assassine drehte das Messer in seiner Hand, sodass die Klinge nach hinten zeigte und setzte sie dem Thronfolger an die Kehle.

Ein ihm bekanntes Gefühl der Macht breitete sich in Zac aus.
Er entschied über das Leben dieses Mannes, er war mächtiger als jeder Lord, jeder König. Zumindest in diesem Moment.

Der nach Gnade flehende Ausdruck in Nathaniels Augen verstärkte sein Gefühl. Denn über Gnade entschied er selbst, und er verweigerte sie dem Prinzen.

Er holte aus, doch in diesem Moment rutschte Nathaniel unter ihm weg.

Der Thronfolger keuchte, als er sich ruckartig von den Messern befreite, indem er seine Hände um die Griffe legte und rasch daran zog, bis ihm für einen Moment schwarz vor Augen wurde.
Mit zitternden Händen bekam er die nächstgelegene Waffe zum Greifen: den Schürhaken des Kamins.

"Jetzt reicht's aber langsam mal, Prinz." Murmelte Zac leise und ballte die Fäuste.

Nathaniel starrte ihn noch einen Moment verstört an, dann attackierte er den Assassinen mit der improvisierten Waffe.
Zac hatte zunächst keine Probleme, dem Schürhaken auszuweichen, da der Prinz wenig Kontrolle darüber hatte. Doch der Assassine wusste, die Zeit raste.
Die Kampfgeräusche würden zu hören sein und früher oder später würde es hier von Wachen wimmeln.
Er musste es jetzt beenden.
Er sollte es tun.

Zacs Schlag brachte Nathaniel ins Taumeln und der Kronprinz stolperte rückwärts bis er Halt an einer Kommode fand. Mit einem gehetzten Ausdruck in den Augen sah er auf und die Blicke der beiden jungen Männer begegneten sich.

Der Assassine hielt inne.
Dieses gierige, nach blutdürstende Machtgefühl war verblasst. Irgendetwas hinderte Zac daran, Nathaniel Kathrator umzubringen.
Er konnte nicht sagen, was es war. Er konnte aber auch nicht hinweg, wie die Erinnerung an Jalia in ihm hochkam.
Während die Waffe des Assassinen sich langsam senkte, wusste Zac, dass dies einer der Momente war, vor denen Azmar ihn gewarnt hatte:
Denn die größte Angst hatte ein Assassine weder vor Tod noch Schmerz, sondern dem eigenem Gewissen.

Noch eine Sekunde länger starrten sie einander an.
Nathaniel hatte ihn erkannt, allein darum war Zac verpflichtet ihn zu töten.
Er war sein Opfer, um Jalias Freiheit zu erlangen.
Er war der Sohn eines Königs, der sich nicht um sein Volk außerhalb der prunkvollen Städte scherte. Einem Kriegstreiber. Einem verdammten Aristokraten.
All dies sprach gegen das Leben des Mannes, doch sein Gewissen hielt Zac zurück.

Und da das Gewissen einen jeden Menschen ausmachte, übte es mehr Macht auf ihn aus.

Zac schwang sich aus dem Fenster und rutschte kontrolliert an der Mauer zum Innenhof unter den königlichen Gemächern herab.
Sobald er Gras unter den Stiefeln spürte, richtete er sich auf und blieb wie erstarrt stehen, beim vertrauten Klick, das ein Bolzen machte wenn er mit einer Armbrust verankert war.

"Bleibt stehen und legt die Hände an Euren Kopf!" Befahl eine tiefe Stimme und Zac sah sich verwirrt um.
Aus den Schatten um ihn herum, traten mehrere Schützten hervor.
Das Wappen des Hauses Kathrator prangte auf ihren schimmernden Harnischen.
An die zwei Dutzend bewaffnete Männer richteten Armbrüste auf den jungen Assassinen und umzingelten ihn.

Zac saß in der Falle.
Und das letzte was er sah, bevor er zu Boden sackte, war die goldene Kathrator Sonne auf roten Hintergrund. Für ihn ging sie unter.

◀▫▶

Kane ging unruhig auf und ab.
Es war früh am Morgen und der Assassine war nach Sa-Huens Auftritt nicht mehr zu Bett gegangen.
Doch inzwischen bereitete ihm etwas ganz anderes Sorgen.

"Was ist los? Du musst dich ausruhen." Ria lehnte im Türrahmen seiner Räumlichkeiten und beobachtete sein nervöses Herumgelaufe nun schon seit geraumer Zeit.
"Ich würde ja gerne ..." Kane hielt inne und fuhr sich mit der Hand durch das schwarze Haar. "Mal davon abgesehen, habe ich seit über acht Stunden nichts mehr von Zac gehört. Er ist am frühen Abend los, er sollte längst zurück sein."
Ria kniff die Augen zusammen und setzte dann einen Fuß über die Schwelle. "Gib ihm Zeit. Vielleicht schläft er in der Stadt, oder ist so wie du und hetzt schlaflos herum." Letzteres fügte sie mit einem Lächeln hinzu und legte Kane dann eine Hand in den Nacken, drehte seinen Kopf zu ihr und sah ihm ruhig in die Augen. "Mach dir um ihn keine Sorge. Bereite dich auf Ratane auf."

Ratane.

Der Name ließ Kane erschaudern, die Tatsache dass er dem König der Assassinen bald begegnen würde, wollte noch immer nicht ganz in seinen Kopf.

"Ja, Ratane ... wie soll ich mich auf ihn vorbereiten? Was soll ich tun?" Murmelte er und senkte den Blick. "Ich habe das alles nicht so ganz durchdacht, als ich Tairen getötet habe, stellt sich nun heraus."
Ria fasste Kane mit ihrer anderen Hand ans Kinn und hob leicht seinen Kopf an. "Das wird dich nicht davon abhalten, großartig zu werden. Vertrau mir, ich weiß das." Sie grinste nun etwas und küsste sanft seine Lippen.
Kane schloss die Augen und genoss das warme Gefühl des Kusses, dann schlang er die Arme um ihre schmale Taille und lächelte.
"Dann sollten wir mal ins Bett, richtig?" Raunte er und seine goldenen Augen blitzten amüsiert auf, als Ria den Assassinen zum Bett stieß.






MURATIS |1| AssassinenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt