Kapitel 5

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1. September 2015, 15:00

Noch nie in meinem Leben war ich so erleichtert, das Läuten der Schulglocke zu hören, wie in diesem Augenblick. Das Läuten bedeutete für mich, endlich gehen zu dürfen und nicht länger den dummen Sprüchen meiner genauso dummen Mitschülern ausgesetzt zu sein.

Zumindest für heute. Morgen würde das alles wieder von vorne anfangen und dann immer so weiter.

Ein ewiger Kreislauf.

Diesen ewig erscheinenden Kreislauf würde ich noch bis zu meinem Abschluss im Juli ausgesetzt sein. Erst dann würde ich es schaffen aus diesem ewigen Kreislauf auszubrechen und mein neues Leben zu starten. Weit weg von hier an einem Ort, an dem mich keiner kannte. Einem Ort, an dem ich mich ganz neu erfinden konnte und neue Leute treffe.

An einem schönen Ort.

Hoffentlich packe ich es bis dahin, dachte ich und verließ völlig in meinen Gedanken versunken das Schulgebäude. Ich hatte mir nicht viel Zeit gelassen beim Zusammenpacken meiner Sachen. Um ehrlich zu sein hatte ich bereits einige Minuten vor dem Klingeln damit begonnen, meine Schulsachen einzupacken und die letzten Minuten bis hin zur letzten Sekunde mitgezählt.

So sehr wollte ich hier weg.

,,Hey!", rief mir eine Stimme nach und im nächsten Augenblick legte sich eine kühle, große Hand auf meine zierliche Schulter und stoppte mich. ,,Wohin so eilig?"

Ohne mich umdrehen zu müssen, erkannte ich die Stimme meines Mitschülers Jasper. Mit aller Kraft nahm ich einen tiefen Atemzug und schloss für einen kurzen Augenblick die Augen, ehe ich mich dazu aufraffen konnte, mich zu ihm umzudrehen, um ihm in die Augen zu blicken, während ich in einem leicht genervten Ton erwiderte: ,,Nach Hause"

Mit diesen Worten schlug ich seine Hand von meiner Schulter. Er hatte mich schon viel zu lange berührt, als dass ich noch länger hätte ruhig bleiben können. Jetzt wollte ich nur noch gehen.

,,Warte doch mal, Hannah", forderte er mich auf und wollte nach meinem Arm greifen, doch ich schaffte es, ihm auszuweichen und blieb nicht stehen, während Jasper meinem Schritt standhielt.

,,Ich habe es wirklich eilig", sagte ich laut und deutlich in der Hoffnung, er würde darauf hören, es akzeptieren und endlich gut sein lassen, jedoch war Jasper einer von der hartnäckigen Sorte.

Statt mich in Frieden zu lassen, stellte er sich mir in den Weg und zwang mich damit, abrupt zu stoppen, da ich sonst in ihn reingelaufen wäre. ,,Jetzt warte doch mal", forderte er mich erneut auf und grinste dabei über beide Ohren.

Das Grinsen auf seinen Lippen gefiel mir nicht. Zwar konnte ich die Bedeutung seines Grinsens nicht einschätzen, jedoch wusste ich, dass es nichts Gutes verheißen konnte. Wenn man Jasper auch nur ein wenig kannte, wusste man das einfach. Selbst ich.

Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend, verschränkte ich die Arme vor der Brust und entschied mich, mir anzuhören, was er zu sagen hatte, damit er mich endlich in Ruhe ließ.

,,Sorry für den blöden Spruch heute morgen", wich ihm schließlich über die Lippen. Für einen kurzen Moment dachte ich angespannt über die eben über seine Lippen gekommenen Worte nach. Das war eine Entschuldigung. Hatte Jasper Price sich eben wirklich bei mir - ausgerechnet mir - entschuldigt?

Verwirrt nickte ich einfach nur. ,,Ich hoffe natürlich, dass du mir nicht all zu böse bist, Hannah", hauchte er mit einem verführerischen Ton und kam mir näher, wobei er nach meiner Hand griff.

Sofort gingen bei mir sämtliche Alarmglocken los und ich entzog Jasper meine Hand, stieß ihn von mir weg. ,,Du spinnst doch!", meckerte ich ihn an.

Die Aufmerksamkeit aller noch auf dem Gelände anwesender Schüler lag somit auf uns. Neugierig wie sie waren, blieben sie stehen und beobachteten uns. Jasper sah sich um und für den Bruchteil einer Sekunde erkannte ich, dass es ihm unangenehm war, dass er sich in die Enge getrieben fühlte.

,,Du Schlampe", knurrte Jasper und suchte daraufhin schnell das Weite.

Meine Augen wanderten über den Schulhof in jedes einzelne Gesicht derjenigen, die schaulustig wie sie waren, stehen geblieben waren. Plötzlich trafen meine Augen auf die des neuen Schülers. Er stand mit dem Handy in der Hand an einen Zaun gelehnt und sah mich besorgt an.

Augenblicklich wendete ich meinen Blick ab, richtete ihn auf den Boden und setzte schleunigst meinen Weg nach Hause fort.

Das war zu viel für mich.. was ging bloß in Jaspers Kopf vor sich, dass er mich erst so bedrängte und auf meine Abfuhr hin so durchdrehte?

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