11. September 2015, 7:42
,,Hannah", hallte Adams Stimme durch die noch so gut wie leergefegten Flure unserer Schule und ließen mir einen Kalten Schauer über den Rücken laufen.
Obwohl ich mir geschworen hatte, Adam aus dem Weg zu gehen - oder viel mehr seinen Fragen, welche er mir bezüglich Brandon stellen würde -, blieb ich abrupt stehen und drehte mich zu dem Jungen mit dem braunen Haar, welches ihm ungemacht in die Stirn fiel, um. Seine braunen Augen waren ungewöhnlicherweise von dunklen Schatten geziert, was ihm einen erschöpften Eindruck verlieh.
Adam holte mich schnell ein und als er vor mir zum Stehen kam, hielt ich für einen Moment die Luft an. ,,Adam", begrüßte ich ihn daraufhin mit einem kurzen Nicken und senkte anschließend meinen Blick, kaute nervös auf meiner Lippe herum. Es war unmöglich, seinem Blick länger als ein paar Sekunden standzuhalten.
,,Wie geht es dir?", erkundigte mein Gegenüber sich, musterte mich dabei unentwegt, was meine Nervosität bloß zusätzlich schürte.
Und obwohl ich diese Frage bei anderen stets mit einem Lächeln abtat und ihnen versicherte, dass alles in Ordnung sei, hatte ich bei Adam nicht das Gefühl, ich müsste mich verstellen. Er fragte nicht aus reiner Höflichkeit, wie es mir ging. Nein. Ihm schien es wirklich von Bedeutung zu sein.
Vorsichtig hob ich meinen Blick wieder, um ihm in die Augen zu sehen.
,,Ich weiß, worauf das hinausläuft, Adam", seufzte ich. ,,Dieses Gespräch wird genau dort weitergehen, wo es am Samstagabend im Krankenhaus geendet hat, nicht wahr?"
Ich habe dich durchschaut, Adam Diaz.
Die Lippen des Braunhaarigen formten sich zu einem sanften Lächeln. ,,Du hast es erfasst, Hannah" Sofort verschränkte ich auf Abstand gehend meine Arme vor meiner Brust, in welcher mein Herz immer schneller pochte. ,,Bitte zwing mich nicht, darüber zu sprechen", hauchte ich. Ich wollte nicht über das sprechen, was in jener Nacht zwischen dem Bruder meiner ehemals besten Freundin und mir geschehen ist... Obwohl - vielleicht wollte ich es doch. Vielleicht war es sogar genau das, was ich brauchte. Aber so sehr ich es gewollt hätte, ich konnte nicht. In meinem Kopf ging ich jede einzelne Variante durch, wie ich es Adam hätte beichten können, doch meine Lippen blieben verschlossen.
,,Du musst nicht darüber reden, solange du es nicht kannst", versicherte Adam mir und neigte seinen Kopf ein wenig zu mir hinab, um mir auf Augenhöhe zu begegnen. Dabei behielt er jedoch bedacht den Abstand zwischen uns ein, wofür ich ihm dankbar war. ,,Ich möchte nur eine Antwort auf meine Frage: Hat Brandon dir wehgetan?"
Auf seine Worte hin, füllten sich meine Augen umgehend mit Tränen und meine weichen Knie drohten, unter meinem Gewicht schlapp zu machen. Ich wollte weglaufen, doch meine Beine blieben wie angewurzelt an Ort und Stelle stehen und ich wusste, dass es kein Entkommen aus dieser Situation mehr gäbe, wenn ich nicht meinen Mund auf machte
Mir blieben zwei Optionen: Entweder, ich sagte Adam die Wahrheit, was bedeutete, dass er der erste - vielleicht auch einzige - Mensch wäre, dem ich mich damit anvertraute oder ich stritt es ab und setzte dabei mein bestes Lächeln auf, welches jedoch, in Anbetracht meines derzeitigen Zustandes, vermutlich mehr der verzerrten Maske eines Clowns ähneln würde, als einem überzeugenden Mädchen.
Adam erkannte den Kampf, den seine Frage in mir ausgelöst hatte und doch sah er mich weiterhin wartend auf eine Antwort mit diesen wunderschönen, braunen Augen an, welche ihren warmen Schimmer verloren und einen nun vielmehr ernsten, schmerzerfüllten Ausdruck angenommen hatten. Die Flügel seiner mit Sommersprossen übersäten Nase flatterten unruhig im Rhythmus seines unregelmäßigen Atems.
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Eighteen
Teen FictionAbgeschlossen ✔️ Hannahs 18. Geburtstag beginnt mit einer großen Tragödie, als sie auf ihrer eigenen Party Opfer sexuellen Missbrauchs wird. Danach ist für sie nichts mehr, wie es einmal gewesen ist. Plötzlich entstehende Gerüchte sorgen dafür, das...