Korea ich komme!

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"Hast du auch wirklich alles dabei?", fragte Mama. „Mama bitte, ich hab doch schon tausend mal gesagt ich hab alles. Macht euch keine Sorgen, ich bin im Null-komma-nichts wieder da. Es sind doch nur ein paar Monate.", erwiderte ich, genau wissend, dass es hier nicht darum ging ob ich was vergessen hatte, nein, sie wollen nur Zeit schinden um sich nicht von mir verabschieden zu müssen. Aber das war wohl sowieso zu spät, immerhin standen wir schon mitten am Flughafen, vorm Check-In um genau zu sein. „Ich werd dich so vermissen Elia!", schluchzte meine beste Freundin Lara. Ich seufzte: „Ich dich doch auch, bitte macht es mir nicht so unglaublich schwer." Ich konnte nicht mal sagen ob ich sie wirklich vermissen werde, ich war ehrlich gesagt viel zu aufgeregt und freute mich auf ein Leben in Korea ganz auf mich allein gestellt. Ich war schon immer lieber alleine, nicht dass ich antisozial oder so wäre, ich mochte es einfach nur gern mich um mich selbst zu kümmern und ich mochte es wenn ich auf sonst niemanden Rücksicht nehmen musste. Das klang jetzt vielleicht egoistisch aber im Prinzip fand ich es immer am besten wenn die Menschen sich vorher um ihren eigenen Dreck kümmern und sich dann erst bei anderen einmischen, auch wenn man leider oft darum gebeten wird. „Ich muss jetzt wirklich los Leute!", sagte ich zu meiner Mum und meiner besten Freundin. Ich umarmte sie beide nochmal und hielt mein Ticket anschließend an das Lesegerät um zum Sicherheitscheck zu gelangen. Ich winkte nochmal bis ich schließlich außer Sichtweite war und machte mich auf den Weg. Auf den Weg zum Gate, nach Seoul, zur Korea University, wo ich mein zukünftiges Jahr als Austauschstudentin verbringen werde.

Das ist wohl ein guter Zeitpunkt um mich vorzustellen: Ich bin Elia, 21 Jahre alt und studiere im 5. Semester Medizin. Vom äußerlichen her war ich wohl gar kein (für koreanische Verhältnisse) attraktiver Typ. Ich hatte ein braun-graues Ombré, war ziemlich muskulös und eher kurvig gebaut, das lag wohl daran, dass ich schon seit ich denken kann Hip Hop und Streetdance mache, aber nicht in einer Gruppe wie das normale Leute machen. Wie vorher erwähnt bin ich ja eher Einzelgänger und tanze eigentlich immer alleine. Ich hatte mittlerweile auch ein paar Tattos und ein Nasenpiercing zierte mein Gesicht. Meine Augen waren Eisblau, das war eines der wenigen Dinge, die ich an mir mochte. Der Grund warum ich unbedingt in Korea studieren wollte war eigentlich eher simpel. Ich hatte vor einigen Jahren mal eine Doku über Korea gesehen, wie modern dort alles war und trotz des typischen asiatischen Großstadtflairs doch noch sehr auf Kultur geachtet wird. Und gerade diese Kultur faszinierte mich schon lange. Nachdem mein Auslandsjahr beschlossene Sache war begann ich auch sofort koreanisch zu lernen, es war echt verdammt hart aber Gott sei Dank tat ich mir mit Sprachen schon immer sehr leicht. Hangeul konnte ich innerhalb von 2 Stunden lesen und schreiben und der Rest kam mit Büchern und Apps und mittlerweile konnte ich mich glaub ich schon ganz gut mit anderen auf Koreanisch unterhalten. Von fließender Sprache war ich natürlich noch weit entfernt aber ich hoffte ehrlich gesagt, dass ich mein Koreanisch vor Ort sehr verbessern kann. Von der Persönlichkeit her bin ich eher ein taffer Mensch, ich bin anfangs zwar eher schüchtern aber wenn mir jemand sympathisch ist taue ich schnell auf und bin für jeden Spaß zu haben. Man darf es eben nur nicht übertreiben meiner Meinung nach.

Während ihr nun mein Gefasel ertragen habt, bin ich auch schon im Flugzeug angekommen und wir sind gestartet. Auf 10 ½ Stunden fröhlichen Flug, Juhu! Glücklicherweise saß neben mir nur eine zierliche Koreanerin, die würde mich also nicht stören. Ich nahm mir im Flieger immer einen Gangplatz damit ich meine Füße ausstrecken konnte. Mit 1,72 Meter bin ich immerhin schon etwas größer als andere Frauen. Ich setzte meine Kopfhörer auf und startete meine Playlist, nach kurzer Zeit driftete ich auch schon ins Land der Träume. Gott sei Dank hatte ich den Schlaf am Vortag verweigert, somit war ich jetzt auch richtig müde.

Einige Stunden Später weckte mich auch schon die Durchsage des Piloten: „Sehr geehrte Damen und Herren! Wir landen in Kürze am Incheon Airport. Sie erwartet tropisches Wetter mit 30°C und einer Luftfeuchtigkeit von 89%. Ich darf mich im Namen der vollen Besatzung von Ihnen verabschieden und hoffe, Sie hatten einen angenehmen Flug mit Korean Air."

Ich riss meine Augen auf. 30° und 89% Luftfeuchte? Das hört sich wie ein echter Alptraum an. Vor allem, weil ich noch mit Pullover und Ersatzjacke in diesem Flugzeug hocke, ich sollte wohl schnellstmöglich zusehen das nachher in meinem Koffer zu verstauen.

Nachdem alle anderen das Flugzeug verlassen hatten und ich währenddessen noch gemütlich auf meinem Platz sitzen blieb und mein Zeug zusammenpackte, begab auch ich mich aus dem Flugzeug, holte meine Koffer vom Gepäckband, stellte mich bei der Visakontrolle an und am Ende stand ich schließlich in der Ankunftshalle. Normalerweise gab es Leute von der KU die einen abholten, doch ich beschloss dummerweise einige Tage später anzureisen und somit musste ich wohl selbst meinen Weg nach Anam finden, wo sich der Campus und die Studentenwohnheime befanden. Aber kein Problem, ich konnte ja einfach die U-Bahn nehmen.

Suchend sah ich mich um, konnte unter den ganzen koreanischen Zeichen leider nirgends das Wort „U-Bahn" finden. In einer Ecke sah ich einen einsamen Typen sitzen. Er trug ein Cap tief in sein Gesicht gezogen und ein Mundschutz verdeckte den Rest. Tja willkommen in Asien oder? Er sah aus als wäre er etwa in meinem Alter, also dachte ich es wäre wohl eine gute Idee ihn nach dem Weg zu fragen. Langsam rollte ich mit meinen zwei Koffern auf ihn zu und versuchte mir in Gedanken schon mal die richtigen Worte auf Koreanisch zurechtzulegen. „Entschuldigung, ich bin gerade hier angekommen und wollte fragen ob du vielleicht weißt wo die U-Bahn fährt?", sagte ich wohl etwas zu laut, denn der Typ vor mir zuckte erschrocken zusammen und starrte mich panisch an. Hatte er mich etwa nicht verstanden? Ich dachte eigentlich meine Aussprache wäre nicht so grottig. Ich schaute ihn noch einige Sekunden fragend an, doch es kam noch immer keine Antwort, also beschloss ich einfach woanders nachzufragen. „Entschuldige für die Störung, vergiss es einfach.", sagte ich noch an ihn gewandt und drehte mich schon um.

„Nein warte!", rief der Typ doch plötzlich. Somit drehte ich mich wieder zu ihm. Er blickte nochmal vorsichtig nach links und rechts, so als ob er Angst hätte, dass ihn jemand verfolgt. Echt schräg der Mann. Schließlich nahm er seinen Mundschutz ab und zum Vorschein kam ein eigentlich wirklich schönes Gesicht. „Tut mir leid das zu sagen, aber du bist am Incheon Flughafen, da fährt leider keine U-Bahn.", grinste er mich an. Oh Gott wie peinlich! „Oh wie dumm von mir, ich hätte mich wohl doch vorher erkundigen sollen. Naja danke jedenfalls.", erwiderte ich und wollte weggehen, doch er hielt mich wieder auf. „Warte! Wo musst du denn hin? Es ist ziemlich schwierig am Sonntag Abend hier ein Taxi zu bekommen."

„Naja das ist echt dumm. Ich muss nach Anam, also was schlägst du vor wie ich da am besten hinkomme?", fragte ich ihn nett, er wirkte irgendwie sympathisch. Das machte wahrscheinlich sein Dauergrinsen. „Naja ich bin eigentlich nur hier um einen Freund abzuholen, wenn du magst können wir dich gerne dort absetzen. Studierst du an der KU?", fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen. „Du willst mich mitnehmen? Ich kenn dich doch nicht mal und du mich auch nicht. Und ja, ich studiere an der KU.", erwiderte ich verwirrt. Er schaute mich kurz perplex an, so als wäre er verwirrt, dass ich ihn nicht kannte. „Naja also mein Name ist Jin. Somit kennst du mich jetzt. Wie heißt du?" Wieder grinste er mich an.

Hardest Goodbye {BTS Jimin}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt