Ich wachte auf, weil unter mir im Barraum irgendjemand saugte. Wurde auch längst Zeit. Ich rieb mir die Augen und stand von meinem Metallbett auf.
Unschöne Erinnerungen an den gestrigen Auftrag gingen mir durch den Kopf. Ich hatte normalerweise keine Schuldgefühle, aber manchmal passierte es dann doch. Ich war eben noch nicht ganz taub im Herzen geworden. Außerdem hatte ich bei meinen Nachforschungen über die Frau herausgefunden, dass sie einen fünfjährigen Sohn hatte, der bei ihrem Exmann lebte. Die Frau tat mir nicht besonders leid, wenn sie Menschen wie meinen Auftraggebern in die Quere gekommen war, konnte sie nicht ganz unschuldig gewesen sein. Aber das Kind war unschuldig und es tat mir wirklich Leid. Ich wusste, wie sehr es einen aus der Bahn werfen konnte jemanden zu verlieren. Keine Erinnerungen! Denk nicht daran, lass es nicht rein, solche Gedanken machen dich nur schwach und verwundbar, Avery!
Ich riss mich zusammen und ging ins Bad. Die Wohnung war groß und geräumig und könnte schön sein, wenn ich sie einrichten würde. Aber ich hatte noch nicht einmal die Kartons ausgepackt, obwohl ich hier schon ein Jahr lang wohnte. Ich nahm es mir immer wieder vor, aber tat es dann doch nie.
Ich sah in den Spiegel und zuckte zusammen: Ein bleiches Gesicht mit dunklen Augenringen und Blutspritzern auf der Wange starrte mich an. Meine rot gefärbten Haare waren strähnig und meine blauen Augen hatten einen stumpfen Blick. Ich schaute auf die Uhr und stellte erleichtert fest, dass ich noch genug Zeit hatte, um etwas gegen dieses furchtbare Aussehen zu unternehmen. Ich sah wirklich aus wie eine Figur aus einem schlechten Horrorfilm!
Ich duschte und wusch mir gründlich die Haare. Dann entfernte ich die Blutspritzer in meinem Gesicht und cremte es ein, damit die Haut nicht mehr so rissig war. Zum Schluss schminkte ich mich noch mit Wimperntusche und viel Concealer und Makeup, damit meine Gesichtsfarbe nicht mehr so kränklich war. Ich zog schwarze Jeans und ein rotes Top an und dazu meine üblichen schwarzen Lederboots. Sie waren nicht schön, hatten aber mit Metall verstärkte Spitzen, was im Kampf nicht unpraktisch war. Ich zog meine raue Army-Jacke an und bewaffnete mich noch, indem ich mir einen Dolch in den linken Schuh und einen Taser in den BH steckte. Dann verließ ich meine Wohnung und ging die Treppe zum Barraum runter.
Dort war eine Putzfrau gerade damit beschäftigt, Erbrochenes und zerbrochene Gläser vom Boden aufzusammeln. Ich verließ da trostlose Gebäude und ging in richtung Sally's Café. Sally's Café war ein langweiliges Café in der Gegend, das immer kurz vor der Pleite stand. Ich traf mich dort immer mit meinen Auftraggebern, da es wahnsinnig unverdächtig war.
Ich betrat Sally's Café und setzte mich an den verabredeten Tisch. Ich sah mich gelangweilt im halbleeren Cafe um und spiegelte mich dann im Serviettenhalter. Im Gegensatz zum Morgen war ich zufrieden mit meinen Aussehen, ich müsste nur den Haaransatz, der schon ganz braun war, nachfärben.
"Störe ich sie?", fragte plötzlich eine sarkastische Stimme.
Ich stellte den Serviettenhalter zurück und sah auf. Ich erkannte den herablassenden Typen vom letzten Mal, das ich für diesen Auftraggeber gearbeitet hatte. Ich musste mir merken, dass ich bei Gelegenheit frage, ob er nicht einen freundlicheren Kontaktmann vorbeischicken kann.
"Naja, man kann nicht sagen, dass ich besondere Lust habe, mit dir zu reden, Kumpel. Also schlage ich vor du gibst mir einfach mein Geld und gehst?"
Der Typ sah ein bisschen beleidigt aus und machte dann ein.seltsames Geräusch, eine Mischung aus Schnauben und sarkastischem Lachen. Dabei schaffte er es tatsächlich, den Serviettenhalter mit Speichel zu besprühen. Ich schnalzte genervt mit der Zunge und verdrehte die Augen. Der Typ setzte sich an den Tisch gegenüber mir und begann zu reden.
"So leicht wird das jetzt leider nicht. Obwohl du es nicht wirklich Blutig genug gestaltet hast, erhätst du die Bezahlung für den letzten Mord.", sagte er und nahm einen Geldbeutel aus der Tasche. Er zählte mir die Scheine direkt in die Hand, sodass ich sehen konnte, dass ich nicht betrogen wurde. Ich zählte sie sofort nach.
"Dieser Auftrag ist abgeschlossen, aber falls du noch etwas Geld brauchst, Kleine, gibt es noch einen Auftrag, den du erledigen könntest."
Ich sah auf. Kurz durchzuckten mich Bilder von gestern, dann sah ich interessiert auf.
"Auf wen hat dein Auftraggeber es diesmal abgesehen?", fragte ich gespielt beiläufig. Der Typ kicherte.
Und dann hörte ich seinen Namen das erste mal:
"Alessandro Di Lauro"
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Don't Mess With The Mafia
ActionHi, ich bin Avery Swan, sechzehn, Auftragskillerin. Ich gebe zu, ein seltener Beruf für Sechzehnjährige, aber es ist eben eine Menge schiefgelaufen in meinem Leben... Aber gibt es einen Menschen, der es schaffen kann, meine zerbrochenen Splitter wie...