Kapitel 16: Casa della Mea

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Eine Viertelstunde später saß ich mit Daniel und Riccardo auf der Rückbank eines silbernen Rolls Royce. Ich fragte mich immer noch, wieso die Mafia keine unauffälligen Autos besaß, aber wenigstens war es diesesmal kein schwarzer Porsche. Giulia und Alessandro stritten sich gerade darum, wer fahren durfte.

"Du fährst als wärst du ein betrunkener der aus der Irrenanstalt ausgebrochen ist! Wenn du fährst haben wir sofort die Polizei am Hals!"

"Und du siehst aus wie sechzehn! Außerdem fahre ich, weil ich die ältere bin! Basta!", fauchte Giulia. Sie wechselten ins Italienische und gestikulierten hitzig beim reden. Es war eigentlich ein relativ interessanter Anblick, vor allem, weil ich kein Wort verstand. Riccardo setzte sich Kopfhörer auf, er schien das immer zu tun, wenn das Gespräch ihn nicht interessierte. Daniel stöhnte. "Das ist immer so mit den beiden", erzählte er ziemlich genervt. "Sie fahren beide leidenschaftlich gerne und bestehen immer darauf, zu fahren. Keine Ahnung, was sie am fahren so toll finden, ich finde es eher wenig spannend. Aber seit Alessandros achtzehnten Geburtstag streiten sie sich jedesmal wieder, wer am Steuer sitzt."

Ich sah ihn überrascht an. "Achtzehnten? Ich dachte immer, man kann mit sechzehn den Führerschein machen." Er grinste. "Bei uns in Amerika ja, aber die Italiener müssen noch zwei Jahre länger warten. Dafür sind sie mit Achtzehn dann schon volljährig." Ich war erstaunt, Ich hatte noch nie daran gedacht, dass man in Europa zu einem anderen Zeitpunkt volljährig werden könnte. Ich hatte insgesamt noch nie viel über Europa nachgedacht. Daniel sah mich belustigt an. "Ehrlich Avery, wann bist du das letzte mal zur Schule gegangen?" Ich sah ihn gespielt beleidigt an und begann dann zu lachen. Ich war froh, dass er mich nicht bemitleidete wegen dem, was mir passiert war. Es war zwar immer freundlich gemeint, aber an einem bestimmten Punkt hatte man einfach genug von Mitleid.

Alessandro und Giulia stritten sich immer noch.

"Wenn ihr euch nicht bald einigt, kommen wir heute nicht mehr weit!", meinte Riccardo schließlich  genervt. Alessandro sah auf seine Armbanduhr und Giulia setzte sich in der Zeit einfach ans Steuer. Ich stöhnte auf, ich hatte Giulias Fahrstil ja schon kennengelernt und hatte eigentlich kein besonders großes Bedürfnis das so schnell wieder zu erleben. Alessandro warf mir einen mitleidigen Blick zu, gab sich dann aber geschlagen und setzte sich auf den Beifahrersitz. Sobald Alessandro die Tür geschlossen hatte trat Giulia auf Gaspedal und fuhr los, als ob sie noch nie etwas von dem Wort Geschwindigkeitslimit gehört hatte. Schon bald hatten wir Florenz hinter uns gelassen und die Landschaft vor den Autofenstern zog beunruhigend schnell an uns vorbei.

"Keine Sorge, wir fahren nicht weit.", meinte Alessandro, als er meinen Gesichtsausdruck sah. Ich lächelte. "Wir könnten Musik hören!", schlug Giulia vor und machte das Radio an. Sie drehte die Lautstärke ganz auf, sodass die Musik fast schon in den Ohren weh tat. Irgendetwas rockiges wurde gespielt und Riccardo nahm seine Kopfhörer ab und hörte interessiert zu. Der Rocksong wurde von irgendeinem Italienischen Schlager abgelöst, dessen Text offenbar alle außer ich auswendig konnten, aber Alessandro übersetzte ihn für mich ins Englische. Es folgten einige aktuelle Chartlieder, mehr oder weniger gut. Ich kannte sie alle nicht, ich hatte in den letzten Wochen eher weniger Zeit mit den aktuellen Hits verbracht.

Ein neues Lied stimmte an, diesmal ein leiseres, langsameres. Es begann mit einem Gitarrenvorspiel, dann setzte eine Frauenstimme mit dem Text ein.

"I remember tears streaming down your face when i said I'd never let you go." Die Stimme kam mir seltsam bekannt vor. Sie erinnerte mich aus irgendeinem Grund an Regentage.

"When all those shadows almost killed your light. I remember you say, don't leave me here alone"

Der Geschmack von geschmolzener Schokolade und Marshmallows. "Giulia, wer singt dieses Lied?", fragte ich, obwohl ich die Antwort ganz genau kannte. "Taylor Swift, wieso?"

Don't Mess With The MafiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt