"Avery? Alessandro? Ist alles in Ordnung bei euch?" Ich drehte mich etwas erschrocken um und sah Giulia aus dem Haus kommen. Sie sah uns fragend an uns fing dann plötzlich an zu grinsen. Sie musste unsere etwas verwuschelten Haare und leicht geröteten Lippen gesehen haben und sie machte sich auch sofort einen Reim darauf. "Dio, Alessandro, Avery, das ist ja so süß! Ich habs euch ja gesagt, das war einfach Schicksal!" Sie rannte erstaunlich schnell für ein Mädchen, das Highheels trug auf uns zu und packte mich aufgeregt am Arm. "Und, wie wars? Ich meine er ist sicher ein absolut furchtbarer Küsser, aber seid ihr jetzt etwa zusammen?" Ich war immer noch ein bisschen durch den Wind und Giulia verwirrte mich gerade noch mehr. Alessandro war auf jeden Fall alles andere als ein schlechter Küsser. Aber waren wir jetzt zusammen? Ich hatte keine Ahnung. Und wollte ich das überhaupt? Ich schloss kurz die Augen und dachte nach. Allein der Gedanke gab mir ein warmes Gefühl und ein seltsames Kribbeln in der Brust. Sei nich albern, Avery-Domenica, was weißt du über Beziehungen? Du hattest noch nie eine und was willst du schon über Liebe im allgemeinen Wissen? Du warst zu beschäftigt, Leben zu vernichten um über Liebe zu lernen. Du würdest ihn nur zerstören. Ich zuckte zusammen. "Ja, sind wir", antwortete Alessandro bewundernswert ruhig. Giulia grinste breit und rannte auf Daniel und Riccardo zu, die gerade um die Ecke kamen. Ich hörte von weitem, wie sie in schnellem Italienisch auf die beiden einredete. Alessandro sah mich entschuldigend an. "Tut mir leid, aber ich konnte einfach der Versuchung nicht widerstehen, das zu sagen. Ich hätte dich vorher fragen müssen." Ich schob eine Haarsträhne zur Seite, die ihm in die Stirn gefallen war. "Ich hätte sowieso ja gesagt." Er lächelte und gab mir einen schnellen Kuss. "Awwww, wie niiiiedlich!", kommentierte Daniel in einer absolut albernen Fistelstimme. Ich wurde rot und Alessandro verdrehte die Augen. Daniel lachte. "Ich glaube, ihr seid das einzige Pärchen der Welt, das sich kennen gelernt hat, weil das Mädchen versucht hat, den Typen zu töten." Mir schoss noch mehr Blut in die Wangen, das war schließlich nichts, worauf ich stolz war. Ich wandte mich von Daniel ab und suchte Riccardos Blick. Auch wenn wir Frieden geschlossen hatten wusste ich nicht, wie er auf diese Neuigkeiten reagieren würde. Einen Moment lang hatte ich wahnsinnige Angst, wieder Hass und Anschuldigung in seinem Gesicht zu sehen, aber er lächelte mir nur zu und nickte leicht. Ich könnte es niemals in Worte fassen, wie viel mir dieses eine winzige Nicken bedeutete. Es war ein Zeichen, dass meine Vergangenheit zwar immer ein Teil von mir bleiben würde, aber mich nicht mehr verfolgte und davon abhielt, die Zukunft zu leben. "Heißt du jetzt eigentlich Avery oder Domenica?", fragte Riccardo dann. "Avery", antwortete ich ohne zu zögern. Domenica verband ich immer noch viel zu sehr mit dem Schicksal meiner Familie. "Ist eigentlich meine gesamte Familie von den Falcones getötet worden, oder haben welche überlebt?", fragte ich dann. Ich machte mir nicht einmal die Mühe, zu hoffen. Die Falcones schienen ziemlich gründlich zu sein. "Fast alle, aber dein Großvater ist vorher an einem Herzinfarkt verstorben und deine Tante Francesca an Krebs. Außerdem hast du eine Tante, die überlebt hat.", erzählte Daniel beiläufig. Ich sah ihn überrascht an. Ich hatte eine Tante, die überlebt hatte? Vor einer Woche noch wusste ich nicht einmal, dass ich überhaupt jemals Tanten gehabt hatte, lebendig oder tot. Giulia ergänzte:"Ich glaube, sie heißt Annabella Carnevare, sie hat Gabrieles Onkel geheiratet, den Anführer der Carnevares. Du bist jetzt also mit Gabriele verwandt." Ich erinnerte mich an Gabriele Carnevare, er war der große, dunkelhaarige junge Mann mit den langen Haaren, den ich gleich nach meiner Ankunft im Palazzo di Lauro kennen gelernt hatte. Meine Tante hatte also seinen Onkel geheiratet. Ich dachte an die Porträts zurück. Annabella war die dunkelhaarige, grünäugige Frau gewesen. Sie war offenbar die einzige, die die Attentate und das Massaker überlebt hatte. "Möchtest du sie kennen lernen?", fragte Giulia vorsichtig. Ich schüttelte schnell den Kopf, der Gedanke machte mir im Moment Angst. "Nein, erstmal nicht", sagte ich fest. "Aber ich möchte das Haus sehen." Die vier sahen mich skeptisch an. "Avery", fing Alessandro behutsam an. "In diesem Haus wurde nichts verändert seit dem Massaker. Es ist schon für andere kein leichter Anblick und für dich-" "Nein", unterbrach ich ihn. "Es ist bestimmt kein leichter Anblick, aber wie muss es erst für meine Familie gewesen sein, die hier wirklich um ihr Leben gekämpft hat und grausam abgeschlachtet wurde? Das mindeste das ich ihnen schulde ist, es mir anzusehen!"
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Don't Mess With The Mafia
ActionHi, ich bin Avery Swan, sechzehn, Auftragskillerin. Ich gebe zu, ein seltener Beruf für Sechzehnjährige, aber es ist eben eine Menge schiefgelaufen in meinem Leben... Aber gibt es einen Menschen, der es schaffen kann, meine zerbrochenen Splitter wie...