Ankunft in Chinatown

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"Ich bezweifele, dass es ihr gut geht. Aber ich werde euch später davon erzählen."

Cheryl's Sicht

Schritte.
Stimmen.
Langsam öffne ich die Augen und die Dunkelheit um mich herum verschwand.
Jedenfalls teilweise. Beim näheren Betrachten der Umgebung, erkenne ich einen Wald.
Wald? Das ist doch der Weg nach Chinatown...
"Professor! Cheryl ist aufgewacht!", höre ich die Stimme des kleineren Luke.
Anscheinend sind er und der Professor wohlbehalten in der Zukunft angekommen.
"Wirklich? Ein Glück!"
Huh? War das nicht gerade die Stimme von Flora?
Der kleine Luke war stehen geblieben und plötzlich stoppte auch ich.
Werde ich etwa von jemanden getragen?
"Ist alles in Ordnung, Cheryl?", fragt der Professor und steht neben mir.
Schlaftrunken sehe ich ihn aus halb geöffneten Augen an und nicke leicht.
"Wir haben uns Sorgen um dich gemacht! Was ist denn passiert? Warum warst du nicht im Hotel?"
"Bombadiere sie doch nicht gleich mit so vielen Fragen. Sie ist gerade aufgewacht.", sagt der ältere Luke zu seinem jüngeren Ich. Seine Stimme war so nah, anscheinend trägt er mich.
"Genau! Nehme gefälligst etwas Rücksicht, die arme Cheryl!", sagt Flora und klingt dabei ein wenig vorwurfsvoll.
"Tut mir leid. Aber ich bin nur so froh, dass sie endlich wach ist!", rechtfertigt sich der kleine Luke.
Ich bringe mühevoll ein Lächeln Zustande, "Entschuldigung, ich wollte nicht, dass ihr euch Sorgen um mich machen müsst."
Meine Stimme klingt kratzig.
"Halb so wild. Hauptsache, du bist gesund und munter.", versucht mich der Professor aufzuheitern.
"Wo sind wir?", frage ich.
"Auf dem Weg nach Chinatown.", antwortet der ältere Luke, welcher mich auf schon die ganze Zeit auf seinem Rücken trägt.
Auch jetzt trägt er mich weiterhin, da Flora, der jüngere Luke und Layton weitergelaufen sind.
"Stehen da nicht diese Raufbolde und versperren den Weg?", frage ich und schließe die Augen wieder.
"Doch, schon. Aber der Papagei, mit dem Luke sich angefreundet hat, hat einen bestimmten Spruch von ihrem Boss aufgeschnappt und kann ihn imitieren. Somit können wir sie verscheuchen.", der ältere Luke klingt zufrieden.
"Da habe ich wohl eine ganze Menge verpasst, wie?"
"In der Tat. Ich war schon in Sorge, du würdest überhaupt nicht mehr aufwachen.", jetzt klingt er wieder ernst.
"Du kannst mich dann auch runterlassen...", sage ich leise und verstärke meinen Griff an seinen Schultern etwas.
"Wir sind gleich am Tor. Dort lasse ich dich runter."
Ich nicke.
"Der Professor sagte, er wusste nicht, dass du in den Park gegangen bist. Was hast du dir dabei gedacht? Das war gefährlich.", flüstert der ältere Luke, als das Tor langsam in Sichtweite kam.
"Ich brauchte einfach ein bisschen Zeit für mich.", antworte ich mit genauso gesenkter Stimme wie Luke.
Ich bemerke, das jener seinen Kopf dreht und er mich über seine Schulter hinweg ansieht.

Ich weinte und schrie. Irgendwann war meine Stimme kratzig und meine Schreie erstickten. Trotzdem hörten die Tränen nicht auf zu fließen.
"Cheryl?!"
Diese mir wohlbekannte Stimme ließ mich den Kopf heben. Der ältere Luke sieht mich mit vor Schock weit aufgerissen Augen an.
"Was machst du denn hier? Ich dachte, du wärst mit dem Professor zurück in eure Zeit gereist?"
"Das... das waren wir auch... aber ich...", ich unterbreche meine kratzige Stimme und schluchze.
"Cheryl, beruhige dich erstmal...", sagt Luke, kniet sich vor mich und nimmt meine Hände in seine, "Was ist passiert?"
"Ich... allein... nach Scotland Yard... hab mich erinnert... Archiev..."
"Ich versteh nicht, was du mir sagen willst.", sagt der ältere Luke und zieht besorgt die Augenbrauen zusammen, bevor er sich neben mich auf die Bank setzt und mich an sich zieht.
"Jetzt beruhige dich. Ich bin hier. Alles wird gut." Er streichelt mir über den Kopf, während ich versuche meine Tränen wieder unter Kontrolle zu bringen, jedoch erfolglos.
"Luke...", ich sehe zu dem Braunhaarigen hoch und er erwiedert meinen Blick, "ich habe... meine Familie bei einer Explosion verloren...."
Mit diesen Worten kam die Trauer und die Verzweiflung erneut in mir auf. Ich schluchze wieder und mein Blick senkt sich auf den Boden.
"Ich... bin allein..."
Sofort drückt Luke mich fest an sich, streichelt mir wieder über den Kopf - das fühlte sich so vertraut an.
"Nein, du bist nicht allein. Ich bin bei dir. Ich werde immer bei dir sein, Cheryl."
Seine Worte wurden immer leiser, bis ich schließlich in einen erschöpften Schlaf fiel...

"Tut mir leid, wegen vorhin.", nuschele ich.
Luke atmete hörbar ein, "Ich wüsste keinen Grund, warum dir das leidtun müsste."
"Du hattest sicherlich besseres zu tun..."
"Ich habe auf den Professor und Luke gewartet.", erwiedert er, als wäre es kein Problem, dass er so lange von mir in Anspruch genommen wurde.
"Ehrlich gesagt ist es mir sogar etwas peinlich, dass du mich so gesehen hast."
Der Braunhaarige lacht auf und lächelt mich schelmisch an.

"So, da wären wir.", sagt der kleine Luke und wir bleiben mit sicherem Abstand von dem Tor stehen.
Der kleine Luke gibt dem Papagei das Zeichen, jenen Spruch zu sagen.
Als ein tiefes "Zieh leine, du Kasper!" aus dem Schnabel des Papageien ertönt, sehe ich diesen verwundert an. Ich wusste gar nicht, das Papageien selbst so tiefe Stimmen nachahmen können.
Der ältere Luke lässt mich runter.
Kaum das ich stehe, knicken meine Beine weg, doch wiedereinmal kam mir der große Luke zur Hilfe.
"Du bist ziemlich wackelig auf den Beinen.", sagt er und deutet mit einer leichten Kopfbewegung, dass ich mich bei ihm einhänkeln soll.
Ich nehme das Angebot an, immerhin hatte ich nicht das Bedürfnis, nur wegen meiner momentan wackeligen Beine auf dem Boden zu sitzen.

"Das ist also Chinatown...", sage ich leise und sehe mich staunend um, nachdem wir die Halunken mithilfe des Papageien verjagt und das große Tor geöffnet haben.
"Beeindruckend, nicht wahr?", lächelt der große Luke neben mir und schaut auf das große, typisch asiatische Tor.
"Wir sollten uns ein wenig umhören, um das Versteck meines bösen Pendants zu finden.", sagt der Professor und wir machen uns, frischen Mutes, ans Werk.

"Na, sieh mal einer an, wer da ist.", sagte ein Mann, als wir vor einem weiteren verschlossenem Tor stehen, welches uns von der Pagode, dem Versteck des Clans und Hauptquartier des bösen Laytons, trennt.
Es war der Mann, dem wir bereits auf dem Weg zum Kasino begegnet waren.
Auch diesesmal wollte er uns nicht durchlassen. Angeblich war der Herr des Hauses gerade nicht da.
"Da müssen wir uns wohl etwas anderes überlegen..." murmele ich und sehe das Clanmitglied an, welches uns noch immer misstrauisch beäugt.
"Professor, ich schlage vor, wir begeben uns auf Spurensuche.", schlägt der ältere Luke neben mir vor, "Bestimmt können wir Layton ausfindig machen."
"Ganz deiner Meinung. Lasst uns die Leute aus der Gegend nach ihm befragen." Der Professor war einverstanden.
Also befragten wir die Anwohner.
Mehr blieb uns ohnehin nicht übrig.

Wir begegnen einem Mann names Rudolph, welcher uns einen heißen Tipp zum Aufenthaltsort des bösen Professor Layton geben will.
Jedoch will er erst mit der Sprache herausrücken, wenn wir seiner Frau eine Nachricht überbracht haben.
Also schickte uns der Gute Herr zu seiner Frau, die eine Tierhandlung am Rand von Chinatown betreibt.
"Da drin scheint es ziemlich eng zu sein. Ich werde hier warten.", sage ich und bleibe vor dem Geschäft stehen. Der Professor sieht mich einen Moment an, als würde er überlegen.
"Wenn Sie erlauben, Professor, so werde ich mit Cheryl draussen warten und auf sie aufpassen.", der große Luke sieht den Professor an und ich sehe den älteren Luke neben mir an, "Ich bin doch kein Kind mehr..."
"Sicher ist sicher, Cheryl.", wendet der Professor ein, "Nun gut, Luke, du und Cheryl werdet hier warten. Es dürfte nicht allzu lange dauern."

"Du hast ihnen noch nicht erzählt was los war.", bemerkt der große Luke wie beiläufig. In seiner Stimme lag kein vorwurfsvoller Klang, doch es schien ihn zu interessieren.
"Mir war nicht nach reden.", sage ich knapp und ohne ihn anzusehen.
"Ich bin froh, das das ich es schon weiß.", kommentiert er.
Ich sehe zu ihm hoch, er lächelt aufmunternd.
Mit einem leisen Seuftzer lasse ich die Schultern hängen, "Zieh mich damit bitte nicht auf. Und ich möchte mit dem Professor nicht darüber reden."

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_Sylfaen_

Zerbrochene ErinnerungenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt