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Patrick zog seinen Kopf etwas ertappt zurück und sah Manu hinterher, wie der in seinem Zimmer verschwand und abhob. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss, weswegen er außer einem gedämpften Murmeln nichts hörte. Und so sah er weiter fern, bis nach ungefähr fünf Minuten die Tür aufflog. Er drehte sich zu Manu. Der Babysitter hatte rote Augen und ein verweintes Gesicht, seine zitternden Hände hielten das Handy fest umschlossen und er schluchzte laut auf. Sofort sprang Patrick auf und nahm ihn in die Arme, drückte den vor Weinen bebenden Körper an sich und fragte sich, wer wohl angerufen hatte, dass der junge Mann derartig mitgenommen war. Patrick hielt ihn fest und so standen sie eine Weile, bis Manus Tränenfluss wohl versiegt war. Patrick führte ihn zum Sofa und drückte ihn sanft darauf. Zögernd setzte er sich neben ihn. "Was ist los?" Er bemühte sich, nicht drängend zu klingen und seine Stimme klang überraschend sanft und leise. "Vanessa hat Schluss gemacht", flüsterte Manu mit gebrochener Stimme und Patrick wusste genau, wie er sich fühlte. Leer und ungeliebt.

"Was? Wieso?"

"Sie hat einen anderen", heulte Manu wieder los und Patrick legte unbeholfen einen Arm um den Brünetten und strich ihm langsam über den Rücken. Auch wenn er das Gefühl kannte, wusste er nicht, wie er Manu helfen konnte. Er selbst wollte damals nicht getröstet werden, er hatte niemanden an sich heran gelassen. Marco war damals schier am verzweifeln gewesen, als er Paddy nicht helfen konnte und jetzt wusste er auch, wie er sich damals gefühlt haben musste.

Doch Manu lehnte sich einfach nur traurig an ihn und presste, wie letztes Mal, sein Gesicht gegen Patricks Schulter. "Was mache ich falsch?", nuschelte er verzweifelt. Patrick reichte ihm ein Taschentuch und schüttelte den Kopf. "Du machst nichts falsch, Manu. Sie weiß nicht, was sie verpasst, wenn sie dich verlässt", ermutigte er ihn und strich ihm weiter über den Rücken.

"Iss wenigstens zwei Löffel", bat Patrick den Babysitter, der mit blassem Gesicht und gequollenen Augen vor ihm saß, jetzt am Esstisch. Irgendwie hatte Patrick es geschafft, ihn zum Aufstehen zu bewegen, auch wenn er erahnen konnte, dass Manuel weder Lust zum Aufstehen noch zum Essen hatte. "Manu, du musst essen. Bitte. Es hilft niemandem, wenn du nichts isst" Patrick rührte in der Nudelsuppe herum und schöpfte einen Löffel. "Ich hab keinen Appetit", klang Manus raue Stimme zu ihm herüber und ein grünes Augenpaar sah ihn traurig an. "Ich weiß." Entmutigt hob Patrick den Löffel höher. "Mach einfach den Mund auf. Vertrau mir", und ganz spontan führte er den Löffel an Manus Mund, der sich zögernd öffnete.

Zwei weitere Löffel folgten, dann schob Patrick den Teller weg. "Na geht doch. Willst du noch ein bisschen fernsehen oder reden oder so?", bot er mit sanfter Stimme an, doch Manu schüttelte leicht den Kopf. "Ich will schlafen gehen. Aber danke, Patrick."

Manu lag schon lang im Bett, mit abgelehnter Tür und Patrick spülte noch die Teller ab. Er wollte noch kurz zu Manu reinschauen, bevor er schlafen ging. Doch als er an Manus Bett stand, griff eine kalte Hand nach seiner und Manu flüsterte in die Dunkelheit: "Kannst du bitte dableiben? Nur bis ich eingeschlafen bin... Ich will jetzt nicht allein sein, Patrick."

Das war der Plan, doch nach zehn Minuten waren sie irgendwie soweit, dass Patrick neben Manu im Bett saß, während Manu sich weinend an ihm klammerte und fragte, wieso das Leben so scheiße war. Wieso es ihm immer die Personen wegnahm, die ihn am meisten liebten. Wieso es ihn am Ende des Tages immer allein dastehen ließ. Er war zwar nicht näher darauf eingegangen, doch Patrick ging davon aus, dass er seinen Vater meinte, der jede Minute seiner Krankheit erliegen könnte.

Er murmelte leise Worte und strich ihm immer wieder über den Kopf, als er beschloss, die Nacht über hier zu bleiben. Er spürte, dass Manu nicht allein sein wollte. Nicht jetzt, nicht heute Nacht und nicht die nächsten Tage. Und er nahm sich vor, sich so gut wie möglich um Manu zu kümmern.

KürbisTumor - SimsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt