31.

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Der Schnee wurde mit jedem Tag mehr. Die ganze Stadt verwandelte sich für Tyler in ein einziges Winterwunderland. Er liebte es, doch wusste er, dass es wahrscheinlich sein letztes Mal war so etwas mitzuerleben. Seine Situation verschlechterte sich. Seine Kraft schwand aus seinen Beinen, seinen Armen, seinem Herzen. Er war bereit zu sterben. Doch zunächst musste er noch eine Sache von seiner to-do-List abstreichen.

Josh

"Komm Josh, Komm!"

Wie ein energiegeladener Ball rollte mein Freund den langen Gang des Krankenhauses entlang. Er wollte so schnell wie nur irgendwie möglich nach draußen. Krankenschwestern und Ärzte sprangen aus dem Weg während ich ihm, mit der vollen Scham in meinem Gesicht, hinterherrannte. Meine Mütze rutschte mir immer weiter ins Gesicht. "Tyler, bitte warte doch."

Schnaufend stand ich neben meinem Freund vor dem Ausgang. Er hustete laut auf, was mir das Blut in den Adern gefrieren ließ. Er war so schwach geworden. So zerbrechlich. Seine braunen Augen fingen an mich zu mustern.

"Was hast du?" Schnell schüttelte ich meinen Kopf. "Ach nichts." "Josh Dun. Man soll doch nicht lügen."

Gespielt patzig streckte ich ihm die Zunge raus und verschränkte meine Arme vor meiner Brust. Ich war mir ja selbst nicht wirklich sicher was mit mir los war. Hatte ich Angst, war ich traurig oder war die Liebe, die ich Tyler gegenüber hegte der Grund für mein so unnatürliches Verhalten? Den ganzen Morgen lang hatte ich mich schon so komisch gefühlt.

"Komm Ty, lass uns nach draußen gehen. Du wolltest da ja noch was erledigen." "Hast du auch alles mitgebracht?" Ich nickte schnell. Der Geruch von Desinfektionsmittel stieg mir stechend in die Nase. "Hab alles im Auto, aber zunächst", schnell schob ich Tyler in die kalte Außenwelt welche er schon seit etlichen Tagen nicht mehr betreten hatte, "gehen wir was trinken."

Ohne jegliche Einwände hatte ich meinen Freund in einen kleinen Coffeeshop gebracht. Lichterketten hingen an der ganzen Decke und leuchteten warm auf uns herab. Die runden Tische waren weihnachtlich dekoriert und auch der kleine Tresen blieb von der festlichen Stimmung nicht verschont. Hier hatte ich mir das erste mal eingestanden, dass ich was für Tyler fühle. "Also Ty, wo willst du sitzen?" Seine strahlenden Augen wanderten schnell hin und her, ehe sie an einem kleinen Tisch vor dem großen Fenster hingen blieben. "Können wir da hin?"

Nachdem ich ihn zaghaft und langsam an den ausgewählten Platz geschoben hatte setzte ich mich ihm gegenüber. Auch seine Jacke hatte ich ihm vorsichtig ausgezogen und anschließend über die Griffe an der Hinterseite seines Rollstuhls gehängt.

"Was ist mit dir Josh? Willst du dir deine Jacke und deine Mütze nicht auch ausziehen?"
Meine Augen blieben an den Eiskristallen, welche an der kalten Glasscheibe klebten, hängen. "Josh?" Zuckte zusammen, eine unangenehme Röte schoss mir heute schon zum zweiten Mal ins Gesicht. "Oh, natürlich. Schau du doch mal was du trinken willst. Ich bezahle."

Tyler

Eigentlich wollte ich nichts trinken, um Josh jedoch nicht zu enttäuschen griff ich mit einem gespielten Grinsen nach der kleinen Getränkekarte welche seelenruhig in der Mitte der Tischplatte stand. Spürte wie meine Augen anfingen zu brennen.

Während ich alles was auf der Karte stand begutachtete hörte ich, wie Josh seine Jacke, sowie seine Mütze auszog und als er aufstand konnte ich nicht anders als mit Tränen in den Augen zu ihm aufzublicken.

"Josh..."

Es war nur ein hauchen, ein stilles flüstern, kaum hörbar.

Er hatte sein Haar erneut knallig Pink gefärbt. Die selbe Farbe, welche er zu Beginn dieser ganzen Geschichte hatte. Wie sollte ich jetzt noch von ihm loslassen? Alle Erinnerungen an uns vielen mir wieder ein.

Ich erinnerte mich an unser erstes Aufeinandertreffen in Biologie. An das erste mal, als ich bei ihm war. Als er mir bei einem Anfall aus der Dusche geholfen hatte. An die Wärme die von ihm ausging, als er mich vor dem Sommergewitter beschützt hatte. Das eine heimliche mal aus ich ihm erzählt hatte, dass ich ihn liebe. Seine Anwesenheit als ich meinen Eltern von meiner Krankheit erzählt hatte. Jedes der prickeln wenn er mich berührt hatte. Er war immer für mich da gewesen, wie er es mir damals versprochen hatte.

Weitere Tränen sammelten sich in meinen trüben Augen, um weiter auf den kühlen Parkett zu tropfen.

"Jish..."

Wie versteinert stand er vor mir. Er hatte Angst, das merkte ich. Auch dieses Gefühl das es seit unserem ersten Treffen zwischen uns gab war stärker als zuvor. Lächelte meinen Freund glücklich an. Er hatte mein Leben echt lebenswert gemacht. Flüsterte ihm erneut ein einziges Wort zu.

"Danke."

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Oh wow ich hab es tatsächlich geschafft ein neues Kapitel zu schreiben. Ich will euch ja nicht traurig oder so machen aber es werden nur noch maximal fünf bis sieben Kapitel kommen, dann ist diese FF beendet.
Wer dennoch (anschließend) was von mir lesen will: I am not afraid anymore - Joshler wird nach dieser FF geuploaded.

Und Danke für die ganzen reads and votes 💞💜

I will not kiss you-Joshler (German)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt