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Tyler

"Ty ganz ruhig! Du fängst an zu Hyperventilieren!" Josh ließ mich schlagartig los um mir zu zeigen, dass ich langsam ein und ausatmen soll. Der Tränenfluss hatte aufgehört, meine Augen waren jedoch gerötet zurückgeblieben. Der pinkhaarige Junge mir gegenüber griff nach meinen Händen. Langsam fing ich an mich wieder zu fassen, mich wieder zu beruhigen.

"Josh?" "Ja?", fragte er mich neugierig. Eine ganze Weile war vergangen in welcher wir uns schweigend in dem Gang gegenüberstanden. "Ich erzähl dir was ich hab aber bitte erzähl es niemanden. Weder Pete noch Brendon noch Frank. Versprich es mir!" Meine Stimme war lauter geworden, gebrochen und rau. Seine traurigen bernsteinfarben Augen blickten tief in meine. Er nickte.

"Ich hab Krebs. Lungenkrebs um genau zu sein. Der Arzt hat mir erzählt, dass es für eine Op schon zu spät sei, er untersucht mich aber nochmal. Also ob der Tumor schon gestreut hat oder ob es Tochtergeschwüre gibt." Während ich es ihm beichtete spürte ich die Trauer in mit erneut aufsteigen. Meine Augen brannten noch immer. Josh stand wie versteinert vor mir. Blickte mich noch trauriger, noch betrübter an als zuvor. Er wusste nicht was er sagen sollte, dass war mir klar. Ich wusste ja selber nicht einmal wie ich dabei reagieren sollte. Was ich tun sollte, wie ich vorgehen sollte. Schweigend wendete ich mich von dem neuen ab, ging ein paar Schritte auf den Ausgang zu. Josh hetzte mir hinterher.

Die Sonne war hinter einem großen, dunklen Wolkenschiff verschwunden. Der Wind wurde von Minute zu Minute stärker und unerträglicher. Aber immerhin besser als zu schwitzen. Bald würde es regnen, ich konnte es riechen, in der Luft schmecken. An der Bushaltestelle hielt ich an. Josh war schweigend neben mir hergelaufen.

"Tyler..." Er hielt kurz inne, legte seinen Kopf in den Nacken um sicher zu gehen ob er soeben tatsächlich von einem Regentropfen erwischt wurde. Ich fing an zu schmunzeln. Ein verwirrter Josh war verdammt niedlich. Ich konnte ihm ansehen wie er seine Gedanken erneut dem vorherigen Geschehnis widmete. "Willst du vielleicht mit zu mir kommen? Wir können einem Kaffee trinken und uns in Ruhe unterhalten."

"Willkommen bei den Duns, Mr. Joseph. Oder sollte ich sie eher zukünftiger Mr. Dun nennen?", scherzte Josh als er die Haustür aufschloss. Mir schoss bei dem letzten Satz eine unangenehme Röte auf die Wangen. Josh wusste nicht, dass ich schwul war und hatte somit keine Ahnung was dieser Satz mit mir anstellte. Ich grinste ihn nur schief an, da sprach er auch schon weiter: "Spaß. Meine Eltern sind noch bei der Arbeit. Die kommen erst heute Abend wieder. Wir haben also das ganze Haus für uns. Was möchtest du trinken? Du kannst deine Schuhe anbehalten. Ich mach uns beiden einen Kaffee." Schweigend folgte ich Josh in die geräumige Küche. Mit ein paar Handgriffe hatte er auch schon die Kaffeemaschine eingeschaltet.

"Warum hast du es den anderen noch nicht erzählt? Ich meine wir kennen uns erst seit 24 Stunden. Warum ich?" Josh und ich hatten es uns an dem großen, schwarzen Esstisch gemütlich gemacht. Er mir gegenüber. Sein Haar leuchtete förmlich. Ich nahm einen Schluck des heißen Gebräus. Versuchte Zeit zu schinden, mir meine Worte zurechtzulegen. Schließlich Antwortete ich ihm einfach mit dem erst besten das mir in den Sinn kam. "Bei dir bin ich mir sicher, dass du es keinem erzählst. Würde ich das Frank erzählen dann wüsste es nach einem Tag die ganze Schule. Sowas verbreitet sich wie ein Lauffeuer." Zufrieden nickte der Junge mit dem pinkfarbenen Haar.

"Wissen deine Eltern davon?" "Nein. Ich kann Ihnen das noch nicht erzählen, es gibt bei uns zu Hause schon genug Probleme. Zudem möchte ich nicht bemuttert werden. Ich weiß, dass ich krank bin aber das heißt nicht, dass ich anders behandelt werden muss." "Mein Onkel hatte auch Krebs und die genau gleiche Einstellung."

"Mein Beileid." Meine Finger rieb ich vorsichtig an der warmen Tasse hin und her. Josh stellte seine erneut unter die Maschine, ließ sich nochmals einen Kaffee raus. Er fing an zu kichern. "Das muss es dir nicht. Das kommt einfach davon wenn man jeden Tag eineinhalb Schachteln kippen raucht. Zudem hat er schon mit fünfzehn damit angefangen." Langsam ging er um den Tisch herum, direkt auf mich zu. Ließ sich auf dem Stuhl neben mir plumpsen. Seine blaue, unbedruckte Tasse hielt er sicher in den Händen. Er nahm einen kurzen Schluck ehe er weiter erzählte.

"Ich hab mich fast jeden Tag um ihn gekümmert. Auch er hatte seine Chance auf eine Operation verpasst, doch das war ihm egal." Josh griff nach meinen Händen. "Ich war bis er starb an seiner Seite. Ich weiß was ich machen muss, dass es dir gut geht." Eine einzelne Tränen glitt aus seinem rechten Auge. "Gemeinsam schaffen wir das. Ich werde niemals von deiner Seite weichen egal wie gut wir uns noch kennen lernen oder wie sehr du mich eines Tages vielleicht hassen wirst. Ich hab schon eine Person in meinem Leben verloren, dich werde ich nicht auch noch verlieren. Der Krebs wird nicht Siegen. Kein zweites Mal."

I will not kiss you-Joshler (German)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt