8.

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Tyler

Ließ mich neben Brendon nieder. Die Cafeteria war mal wieder überfüllt und stickig. Zum Glück hatte man mir einen Platz freihalten. "Wie war dein Wochenende? Irgendwas passiert?" Pete hatte das Wort ergriffen, blickte mich fragend an. Meine Hände begannen schlagartig zu zittern. Sie hatten noch nichts von meinem Unfall mitbekommen. Josh saß mir mit einem breiten, verführerischen Lächeln gegenüber. Nahm einen Bissen seines Apfels.

"Hatte mal wieder Probleme mit meiner Lunge." Der Junge mit den pinkfarbenen Haar gluckste. Verdammt war das niedlich. Ein Schüler rannte an unserem Tisch vorbei. Blickte ihm stumm hinterher. Pete wollte schon zu einer weiteren Frage ansetzen, da wurde er auch schon unterbrochen. "Könnten wir das Thema wechseln? Ty fühlt sich dabei nicht besonders wohl."

Brendon nickte mit hochgezogenen Augenbrauen und einem breiten Grinsen. Wusste was er dachte. Ich hatte den anderen gesagt, dass ich keinen Spitznamen möchte. Bei Josh hatte ich kein Problem damit, ganz im Gegenteil. Ich liebte es wie er es sagte, wie es über seine Lippen strich. Wie ein leises hauchen. Verdrängte meine Gedanken. "Pete, was läuft da eigentlich zwischen dir und Patrick?" "Was läuft da zwischen dir und Josh" äffte er mir lachend nach.

Warum musste er das jetzt machen. Meine Gedanken überschlugen sich, mein Magen verkrampfte. Was war das zwischen uns? Wie konnte ich meine Gefühle beschreiben?

Fakt ist, dass ich Josh noch nicht lange kannte, er es dennoch geschafft hat, dass ich ihn auf eine besondere Weise anziehend empfand. War Josh bei mir so flatterte mein Herz, schlug dreifach so schnell. Meine Augen wanderten von Pete zu Josh. Anschließend wieder zurück. Ohne weiteres sprang ich auf, befreite mich aus der Cafeteria. Erst als die Tür zufiel sah ich mich im Stande zu rennen. Meine Beine trugen mich zu den Toiletten. Verschanzte mich in eine der Kabinen.

Warum war ist ch nur weggerannt? Ich durfte keine Gefühle für Josh entwickeln, nicht in meinem derzeitigen Zustand. Mein Arzt hatte mich gestern angerufen und mir erzählt, dass eine Chemotherapie nicht viel an meiner Lage ändern würde. Er gab mir noch ein Jahr, maximal. Ein Jahr. Ein Jahr um zu lachen und zu weinen. Ein Jahr um zu leben. Schluchzte, wischte mir die Tränen mithilfe meines Ärmels ab. Das schrille klingeln der Schulglocke zwang mich aus meiner Barrikade.

"Mr. Howell?" Genervt drehte sich unser Mathelehrer herum. Blickte sich, ohne eine Veränderung seiner Mimik, im Klassenzimmer um. Josh hatte sich gemeldet. "Ja?" "Ich fühle mich nicht wohl. Wäre es okay wenn ich nach draußen gehe um frische Luft zu schnappen?" Ein nicken.  Sofort sprang mein Mitschüler auf, wankte jedoch unsicher hin und her. Mr. Howells Augen musterten ihn, zeigte anschließend auf mich. "Begleite ihn bitte."

Sobald die Klassentür in ihr Schloss fiel, war nichts mehr von dem kranken Josh übrig. Er rannte die Treppe ohne weiteres nach unten. Riss das Tor zur Außenwelt auf.

Die Hitze kam mir in einem großen Schwall entgegen. Keine Wolke stand an dem ozeanblauen Himmel. Die Sonne strahlte in ihrer vollen Pracht. "Warum bist du weggelaufen?" Josh stand vor mir, hatte beide meiner Handgelenke in seinem Griff. Da wir uns hinter dem Schulgebäude befanden könnte uns niemand beobachten. Wir waren ungestört und alleine. Seine bernsteinfarbenen Augen blicken in meine, sein Gesicht nahe an meinem. Machte einen Schritt zurück.

"Ich bin nicht weggelaufen", versuchte ich ihm stotternd mitzuteilen. Vergeblich. "Mir wurde das einfach unangenehm." "Unangenehm?", hakte er nach. Wie sollte ich ihm das denn Bitteschön erklären? Wie sollte ich ihm sagen, dass ich ihn mochte, sehr sogar? Das zwischen uns aber nie etwas sein wird? Wie sollte ich ihm erzählen, dass ich nur noch ein Jahr mit ihm hatte?

Mein Atem wurde schneller, meine Schläfe pochte. Mein gegenüber lockerte seinen griff, gab mir einen Kuss auf die Stirn. "Ty, du musst es nicht weiter erörtern. Ich will doch nur das beste für dich." "Dann umarm mich und lass mich nie wieder los", murmelte ich vor mich hin, in der Hoffnung, dass er es nicht mitbekommen hatte. Natürlich lag ich mal wieder falsch.

Seine Arme Schlangen um mich, er machte einen Schritt auf mich zu. Spürte den Putz der Mauer an meinem Rücken. Langsam löste er sich von mir, seine rauen Fingerkuppen streiften meine Oberarme. Eine Gänsehaut breitete sich über meinem ganzen Körper aus. Joshs Stirn berührte meine. Ich konnte seinen warmen Atem spüren. Seine wunderbaren Augen hatte er geschlossen. Es herrschte eine angenehme Spannung zwischen uns.

"Wir sollten, wir sollten wieder in den Unterricht."

Sofort machte Josh einen Schritt zurück. Sein pinkfarbenes Haar wirkte blass. Er nickte nur stumm, drehte sich schweigend weg um wieder den öden Unterricht bei zu treten. Ich konnte ihn nicht so zerbrochen gehen lassen, ich durfte ihn nicht gehen lassen. Mir war klar, dass er mich geküsst hätte, wäre ich nicht dazwischen gegangen. "Josh?"

Neugierig blickte er mich an als ich mich auf ihn zubewegte. Die Sonne brannte unangenehm auf meiner bleichen Haut. Griff nach seinen Händen. "Ich hätte dich echt gerne geküsst aber ich darf das nicht. Ich hab nur noch ein Jahr auf dieser verdammten Welt und möchte dich nicht gebrochen zurücklassen."

I will not kiss you-Joshler (German)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt