Das konnte nicht sein. Nein. Das war ein Fehler. Eindeutig. Er war hier schon einmal gewesen. Und er hatte wohl kaum aus Versehen Tür 15 mit Tür 9 verwechselt. So ähnlich waren sich diese Zahlen nun wirklich nicht. Trotzdem, das war falsch. Er hatte in der letzten Tür alles richtiggemacht, es gab keinen Grund dafür, dass er jetzt schon wieder in Kathleens Zimmer stand.
Verzweifelt sah er sich nach Manuel um, der hatte ihn beim letzten Mal auch hier rausbringen können, das musste diesmal wieder funktionieren. Doch von Manuel war weit und breit keine Spur. Die Einzige in seiner Umgebung war Kathleen selbst, die auch nicht gerade den Anschein machte, als würde sie hier noch lange bleiben. Mit bereitstehender Handtasche und gerade dabei ihre Winterjacke anzuziehen (den fetten Schal hatte sie bereits um) war sie drauf und dran, dass Haus zu verlassen. Wie sie ja bereits ihrem Herzchen Kollegen mitgeteilt hatte, erinnerte er sich.
Er sah seine einzige Chance und schlüpfte -für sie immer noch unsichtbar- im letzten Moment durch den Türspalt, bevor sie die Haustür abschloss. Dann verfolgte er sie, bis die beiden auf einem Weihnachtsmarkt ankamen...
Da war er! Da war Manuel - Hinten, direkt neben diesem Stand. Er rannte los, zu seinen Freuden bewegten sich seine Beine auch, und bettelte ihn, noch bevor er zum Stehen kam, an: „Bitte, ich will das nicht sehen!" In seinem Kopf sah er noch immer genau die Bilder vom letzten Mal, spürte die Gefühle, die er nie mehr fühlen wollte. „Ich mach' alles, aber bitte tu mir das nicht nochmal an." Der kleine, geisterhafte Junge hatte ihn wortlos am Arm genommen und führte ihn nun langsam hinter die beleuchteten Stände, dahin, wo es ruhig war. Und er ließ sich widerstandslos dorthin leiten.
Stellte nur fest, dass seine eigene Hautfarbe den selben blassen Schimmer wie die seines Führenden hatte. Und dann, zu seinem Entsetzten, stand sie schon wieder vor ihm.Er wollte sich losreißen und wieder abhauen, doch Manuel hielt ihn ab: „Halt. Bleib hier und warte erstmal ab." Er gehorchte. Sie bemühte sich sichtlich unauffällig zu sein und dann kam er hinter einem Schneehügel hervor. Die Wut keimte erneut in ihm hoch. Wer auch immer dieser Typ war, er würde-
„Ich weiß wirklich nicht mehr, was ich machen soll?" Was hatte denn er jetzt verpasst? Der Typ war nicht ihr neuer Angebeteter. Sie... klang verzweifelt. Als würde sie um Rat suchen. Aber warum? „Ich meine, ich tue alles für ihn, aber Patrick beachtet mich ja nicht mal mehr. Liegt es an mir? Bin ich so langweilig?"
„Wer ist das?", fragte er ergriffen an Manuel gewandt. „Ich dachte schon du fragst nie", er schmunzelte, „dass ist der Bruder ihrer besten Freundin. Die hat ihn darauf angesetzt herauszufinden, warum du so mit ihr umgehst." „Das heißt... du wusstest die ganze Zeit mit wem SIE SCHREIBT!?"
Zeitgleich wurde er jedoch wieder weich, als sich die traurige Stimme seiner Freundin zurück in seine Realität drängte. „Ich verstehe einfach nicht, was ich falsch mache, dass er so zu mir ist. Ich liebe ihn doch."Entsetzen. Unwissenheit. Das beschrieb seine Gedanken wohl am besten. Sie hatte absolut nichts falsch gemacht, sie war nicht langweilig, er hatte bloß nicht gewusst, dass sie derartig für ihn empfand. Aber... selbst wenn er es gewusst hätte, hätte er irgendwas anders gemacht? Dieser Bruder riet ihr, dass er selbst einfach ein hoffnungsloser Fall sei und sie sich am besten jemand besseren suchen solle. Gott war er es satt sowas hören zu müssen. „Hey!", waren die letzten Worte Manuels, die er noch wahrnahm, bevor sein Blick mal wieder an einer verlumpten Gestalt hängen blieb.
Er wurde misstrauisch. Der Typ sah nicht so aus wie der beim letzten Mal. Und auch nicht so, als hätte er rein gute Absichten. Und vor allem schien er geradewegs auf Kathleen zu zuschleichen. Die anderen Beiden schienen den gruseligen Dude nicht zu sehen und ehe er sich besinnen konnte, dass er doch nicht mal sichtbar war, rannte er auf seine Freundin zu um sie zu warnen. Was dann passierte, kam unerwartet.
Er fiel volle Schnauze in den glitzernden Schnee und rutsche noch ein Stück, bis er vor den eben noch zu Rettenden zum Stehen kam.
Als er hochblickte, stand sie alleine da. Vermutlich war dieser Bruder bei seinem Anblick abgehauen. Und kaum, dass sie ihm aufgeholfen hatte, begann seine Rede, seine ellenlange Entschuldigung, die klischeehafter nicht hätte enden können. „Ich kann dir das wirklich nicht erklären. Ich hab' Gefühle, ja, aber die passen einfach nicht. In mir drin stimmt einfach was nicht. Bitte denk nur nicht, dass es an dir liegt." Tatsächlich akzeptierte sie es. Versicherte ihm, dass sie garantiert nicht mehr wütend sei.
Ob die Schrift auf der Tür jetzt sein eigener oder ihr Verdienst war, war unklar, fest stand nur, dass die goldenen Buchstaben das Wort Verzeihen formten.
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#Adventskalender2017 ~ Hinter verschlossenen Türen
FanfictionPatrick Meyer. Eine Person, die die meisten seiner Mitmenschen wohl als unausstehlich, arrogant und unfassbar abgehoben beschreiben würden. Ein Mensch, der alles andere als ein Vorzeigebeispiel für den angenehmen Zeitgenossen ist. Ein Charakter, de...