Z W E I U N D Z W A N Z I G

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Seit der letzten Tür verfolgte ihn eine ständige Paranoia, ein Misstrauen gegenüber allem, das auch nur Geräusche von sich gab. Er wollte das alles nur noch möglichst schnell hinter sich bekommen um endlich wieder in seinem vertrauten, sicheren Zuhause sein zu können. Dazu musste er nur eben die letzten 3 Türen auch noch überstehen.

Er war zum Glück mal wieder an einem ihm bekannten Ort. Der Skateplatz, auf dem er sich regelmäßig mit seinen Jungs zum – unwichtig was sie bei ihren Treffen gemacht hatten, jedenfalls waren auch heute wieder ein paar ihm bekannte Gesichter anwesend.

Allen voran einige der Leute, die er bereits in diesem Haus schon kennengelernt hatte. Tim und Freddie, seine altbekannten Freunde und zu seiner Verwunderung auch Lukas und Bergmann. Eilig lief er zu ihnen rüber und begrüßte sie freudig. „Hey Jungs, was geht?" Seinen Freunden gab er einen Handschlag, den anderen beiden nickte er bloß zu. „Ach, nicht viel, dies das...", erklärte Tim, der gerade dabei war eine Schachtel aus seiner Jackentasche zu ziehen. Er wusste genau, was jetzt kam. „Du auch?", Tim nickte ihm zu, Patrick war immer der erste, dem eine Zigarette angeboten wurde. Jetzt, wo er darüber nachdachte, sagte das irgendwie schon ziemlich viel über ihn aus.

Früher hätte er sofort ja gesagt, aber jetzt? Er hatte zu viel durchgemacht, wusste zu genau, wie falsch es war und lehnte, zu seiner eigenen Überraschung sogar ziemlich deutlich, ab. „Nein. Rauchen ist Mist." Freddie und Tim sahen ihn beide gleichermaßen überrascht an. „Junge bist du high oder haben dir deine Eltern irgendwie ‚ne Gehirnwäsche verpasst?", Freddies Stimme war anklagend, als wäre Patrick nicht mehr der Freund, den er kannte.

Doch Patrick antwortete ihnen nicht mehr. Nicht, weil es eine unheimlich bedeutsame und symbolische Geste war, in die man so viel reininterpretieren konnte, nein, er wusste einfach nicht, was er sonst noch hätte entgegnen können. Er drehte sich lediglich zu den anderen beiden um und begann stattdessen mit ihnen ein Gespräch. „Also, Lukas, wie geht's zur Zeit deiner Oma?" Der Blonde wirkte auf einmal unheimlich eingeschüchtert, als wäre er nicht darauf vorbereitet gewesen, dass jemand wie Patrick ihn ansprach. „Nicht so... also – sie ist Okay." Er merkte, dass der Junge seine Probleme den anderen offenkundig nicht aufzwingen wollte. Also akzeptierte Patrick das und versuchte, das weitere Gespräch auf anderen Themen aufzubauen.

„Patrick, wenn du dann mit deinem Kaffeekränzchen fertig wärst, wir hatten vor heute Abend nochmal 'ne Runde sprayen zu gehen, ich hoffe du lässt dir wenigstens das nicht entgehen?" Freddie und Tim hatten länger keinen Mucks mehr von sich gegeben, mit dieser Frage dagegen schienen sie ihn wohl endgültig nochmal auf die Probe stellen zu wollen. Wenn er jetzt nachgab, dann wäre alles umsonst gewesen. Dann wäre er, wenn er hier raustrat, keinen Schritt weiter als zuvor. Aber Patrick war sich seiner Sache sicher. „Ich fürchte, ihr werdet heute Abend auf mich verzichten müssen. Beziehungsweise... streicht mich einfach gleich für sämtliche zukünftigen Sprayer Touren, ich hab' damit abgeschlossen." Und auch wenn die anderen ihr Entsetzen kaum verbergen konnten, er selbst spürte nichts als Zuversicht.

Der Glaube daran, dass das was er sich vorgenommen hatte, entgegen all seiner alten Prinzipien und Taten, trotzdem richtig war. Entgegen der Forderungen seiner Freunde, den Anstiftungen, den verdrehten Augen.

Diese Tür mit dem Wort Glaube war ihm bisher bei weitem am schwersten gefallen.

#Adventskalender2017 ~ Hinter verschlossenen TürenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt