Dress Up

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Aufeinmal trottete Ailee mit einem Stapel Kleider in mein Zimmer und breitete sie allesamt auf meinem Bett aus.
Einige waren überpompös, andere einfach und dezen gehalten, aber in Farben, die mir nicht gefallen wollten.
"Dafür das du was gegen Wonho hast, wundert es mich, dass du jetzt so einen Aufwand hier machst."
Hyungwon lehnte belustigt im Türrahmen und betrachtete die Kleider auf dem Bett.
Ailee zuckte mit den Schultern.
"Ich will das meine Mitbewohnerin nicht in der Gegend sitzt wie ein Trauerkloß, nur weil ihr Überbruder ihr den Kontakt zu dem verbietet, den sie wohl ziemlich zu mögen scheint."
Erklärte sie beiläufig und hielt ein Kleid in meine Richtung.
Ich schüttelte den Kopf.
Es war stechend rot und rot wäre die letzte Farbe die ich tragen würde, wieso wusste ich nicht, aber meine Mutter war da genauso gewesen.
Ailee wühlte weiter in dem Chaos auf meinem Bett herum, während Hyungwon nur den Kopf schüttelte.
"Ich hätte das mit dem 'was nettes anziehen' weglassen sollen." lachte er.

"Aber Wonho bestand darauf." fügte er schulterzuckend hinzu und verzog die Lippen.
"Wieso hat er den Brief dann nicht selber geschrieben?" harkte Ailee nach und hielt mir ein pinkes, viel zu fluffiges Kleid hin.
Ich schüttelte wieder den Kopf.
"Weil er es nicht weiß. Ich hab ihn nur gefragt, was er mit Raiee unternehmen würde, würde er sie ohne ihren Bruder erwischen und da hatte er das erwähnt." säuselte Hyungwon und deutete unauffällig auf ein schwarzes Kleid, was auf dem Bett lag und in meinen Augen ganz niedlich aussah.
Ich nickte.
"Wie wäre es mit dem schwarzen?" fragte er schließlich und deutete nun mit dem Finger auf das Kleid, was er eben mir gezeigt hatte.
Ailee sah es und nahm es in die Hände.
"Schwarz? Hyungwon ich weiß nicht." murmelte Ailee.
"Ich mag es." klinkte ich mich ein und legte den Kopf schief.
"Schwarz geht immer. Ein paar farbige Accessoires dazu, und dann ist es nur noch halb so dunkelschwarz." grinste er breit.
Ailee stimmte zu und reichte mir das Kleid.
"Geh es anprobieren." gab sie sich geschlagen.

Ich nahm es ihre ab und verschwand im Bad, wo ich mir das dunkle Kleid eilig anzog und mich im Spiegel betrachtete.
Noch nie in meinem Leben hatte ich ein Kleid angehabt.
Der Stoff schmiegte sich an mich wie eine zweite Haut.
Die Ärmel waren lang und der Ausschnitt nicht grade tief. Er enthüllte grade mal mein Schlüsselbein und war mit schimmernden Mustern verziert.
Hüftabwärts saß es lockerer und ging mir bis über die Knie.
Ich mochte es, würde es definitiv anbehalten.

Mit einem zufriedenen Lächeln lief ich in mein Zimmer zurück und bekam überraschende Blicke von Hyungwon und Ailee.
Auf ihren Lippen setze sich je ein strahlendes Lächeln ab un sofort beschloss Hyungwon meine Schränke nach Ketten und sonstigem zu durchkämmen, währen Ailee die Berge an Kleider wegräumte.

"Wieso machst du das?" fragte ich Hyungwon, als Ailee aus dem Zimmer war.
Ein wenig verdattert sah er mich an.
"Das mit Wonho? Wieso?" fasste ich mich genauer.
Auf seinen Lippen zeichnete sich ein seeliges Lächeln ab.
"Ich weiß wie schwer es ist verliebt zu sein, oder mitten auf dem Weg dahin zu sein. Ich hab es an mir selber gesehen und sehe es bei Wonho und dir wieder.
Ihr kommt beide nicht aus eurer starre, seid verwirrt. Das ist normal, aber lieber habt jetzt Klarheit und werdet euch sicher, als wenn es zu spät wäre." erklärte er mir.
Verliebt.
Wieder rasselte es in meinem Magen und ich wusste nicht ganz was ich von diesem Wort halten sollte.
Ich wusste nicht viel mehr über Wonho als die anderen und doch hatter er mich in viel zu kurzer Zeit fasziniert.
Als Zeichen, dass ich Hyungwons Worten gefolgt hatte, nickte ich nur und unterdrückte mir ein seufzen.

"Wie geht es eigentlich Kihyun?" fragte Ailee, als sie wieder im Zimmer auftauchte.
Hyungwons Ausdruck änderte sich schlagartig ins trübe und traurige.
"Nicht gut. Er wurde von einer Kugel getroffen. Eine, die mit irgendeinem unansteckendem Virus infiziert war, der das Immunsystem nach und nach auffrisst.
Selbst wenn er wieder auf die Beine kommen würde, könnte ihn ein kleiner Nieser umbringen." erklärte er ihr.
Ailee wirkte mitleidig und verschränkte die Arme.
"Wir müssen endlich was machen. Es spitzt sich alles zu. Irgendwann werden sie uns finden." murmelte sie.
Wer würde uns finden?
Von wessen Kugel wurde Kihyun getroffen und was war in den Tagen passiert, in denen mein Bruder nicht hier war?
"Mein Vater versucht nach einer Lösung zu schauen, aber wir haben Kinder unter uns, die wir noch schützen müssen."
Ailee nickte und schien bemerkt zu haben, dass ich auch noch anwesend war.
Das Thema von eben war vergessen und Ailee half Hyungwon auf der Suche nach irgendeinem Kram, der mein Kleid heller erscheinen lassen könnte.

Am Ende hatten sich Ailee und Hyungwon auf eine Kette einigen können.
Die Kette war golden und in einer goldenen Scheibe hing eine kleine Sanduhr.
Die scheibe hatte ausgestanzte Sterne und herum waren Ringe die sich verdrehen ließen.
"Ailee, ich weiß kaum was über dich, aber eben habe ich festgestellt, dass du ein Harry Potter Fan sein musst." grinste Hyungwon und betrachtete die Kette um meinem Hals.
Ailee lachte. "Du hast mir schließlich die Bücher und Filme in meiner ersten Woche hier aufgedrückt." konterte sie und betrachtete die Kette ebenfalls zufrieden.
"Aber ich kann verstehen, wieso der Film damals gefeiert wurde. Da steckt echt eine menge, heute verbotene, Fantasie mit drin."
Verwirrt sah ich die beiden an und sah wieder auf meine Kette.
"Die Kette die du trägst, ist ein Nachbild aus einem Film, der weit vor dem Krieg wirklich berühmt gewesen war und zu den Filmen gibt es Bücher, aber die sind schwer zu lesen." erklärte Hyungwon mit breitem Grinsen und sah aus dem Fenster.
Die Sonne stand knapp über dem Horizont an der Schwelle zwischen Tag und Abend.
"Wir müssen gleich los." murmelte Wonho und suchte noch ein Paar Schuhe heraus, die in meinen Augen wirklich bequem aussahen, und in einem ganz hellen rosa gehalten waren.
Ich schlüpfte in die Schuhe und sofort zog Hyungwon mich mit sich aus dem Zimmer.

Ailee folgte, blieb jedoch an der Wohnungstür stehen, während Hyungwon den Gang nach meinem Bruder absuchte, der nicht zu sehen war, zum Glück, denn sonst hätte ich mir wieder gewaltig etwas von ihm anhören können.
Von wegen wie schlecht Wonho für mich war und dass ich mich ja von ihm fernhalten sollte.
Wenn er wirklich so schlecht für mich war, wieso ging es mit in seiner Nähe dann so gut?
Das sollte Changkyun mir mal erzählen.
Er wollte doch schließlich, dass ich glücklich werde und nun stellte er sich dagegen, nur weil ihm Wonho nicht passte, zumal wir doch nur Freunde waren, so sah es Wonho zumindest.
"Die Luft ist rein, er scheint mit den anderen noch bei Kihyun zu sein." schnaufte Hyungwon und zog mich schließlich mit sich zu den Fahrstühlen.


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