Acht

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Mina saß in der Bibliothek und scrollte sich durch diverse Unis. Durch das gute Gehalt kam sie ihrem Traum von einem Medizinstudium immer näher.

Das einzige Problem dabei war, dass alle davon soweit und ihrem Zuhause entfernt waren. Sobald dieser Sommerjob vorbei war, musste für ihren Bruder und ihren Großvater da sein. Alleine schafften sie das nicht. Und Mina wäre auch nie auf den Gedanken gekommen, im Ausland zu studieren oder zu leben. 

Ihre Gedanken wurden von einem Krachen unterbrochen. Als wäre irgendwo etwas zerbrochen. Sie klappte den Laptop zu und lugte auf den Flur. Niemand war zu sehen und auch keine Scherben von einer Vase oder einer Statue. Sie ging zum Fenster. Tatsächlich lag eine kleine zerbrochene Vogelstatue auf dem Rasen. Daneben standen zwei Gestalten, die wie wild miteinander stritten. Mina konnte natürlich kein Wort verstehen, aber man erkannte, dass es nicht mehr viel brauchte eher die beiden aufeinander losgingen. 

So schnell sie ihre Füße tragen konnten, lief sie nach unten in den Garten hinaus. Sie blieb erst mal hinter eine Hecke versteckt. "Was sollte dieser Scheiß?", fragte eine kratzige, aufgebrachte Stimme. "Willst du, dass sie es rausfindet?" "Ich hab das im Griff!" "Ja, das sieht man! Ich sollte dich wegsperren, du..." Ein grässliches Geräusch von einer Ohrfeige war zu hören.

"Was ist hier los?", fragte Mina so laut wie möglich. Eine der Gestalten rannte davon, sodass sie nicht mehr erkennen konnte, wer es war. Die andere trat näher auf sie zu. Es war Aiden. "Was soll das hier? Ist etwas passiert?" Ihre Stimme zitterte. "Alles okay. Geh wieder rein." Auf seine hellen Haut konnte man selbst im Dunkeln die Umrisse einer Hand sehen.

"Wer war das? Wer hat dich geschlagen?", verlangte sie zu wissen. "Das geht dich nichts an!", knurrte Aiden und wollte sich abwenden. "Halt!" Sie wollte nach seinem Arm greifen, aber er war schneller und packte ihr Handgelenk. Aiden zog Mina nahe genug an ihn heran, damit sie tief in seine katzenhaften Augen sehen konnte. "Halt dich aus Dingen raus, die dich nichts angehen!" Sie hätte Angst haben sollen. Sie hätte zappeln, wegrennen oder ihn wenigstens anschreien sollen. Aber als ihr dieser vertraute Waldgeruch in die Nase stieg, zwang sie sich, ihm einfach weiter in die Augen zu sehen. Sie war keine Psychologin oder ein Medium, Himmel sie besaß ja nicht mal eine außergewöhnliche Menschenkenntnis. Und dennoch wusste sie, dass in Aidens Augen nicht ein einziger Funken Bösartigkeit lag. Nur Angst. 

"Wovor hast du solche Angst?", fragte sie gerade heraus. Abrupt ließ er sie los. "Du weißt nicht, wovon du sprichst!" Er spie die Worte beinahe aus. Seine Wort klangen bedauernd. Als wollte er ihr etwas sagen, konnte es jedoch nicht. Und dann ... dann ließ er Mina einfach im Garten stehen. Ein Windhauch zog vorbei und sie konnte wieder die Rosen riechen. Und im selben Moment vermisste sie den Waldgeruch.

Die Schöne und das Biest (Märchenadaption)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt