Vierzehn

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Das Personal schwieg über den Vorfall. Mina fragte gar nicht erst, ob sie von Aidens Kräften wussten. Oder den Grund dafür kannten. Sie versuchte mit dem Grafen zu sprechen. Der hatte sich seit früh am Morgen in seinem Büro eingeschlossen und schickte jeden weg, der sich seiner Tür auch nur näherte. 

Den Kindern wollte Mina erst etwas erzählen, wenn Aiden wieder auf den Beinen war. Zwar brach es ihr das Herz, wenn sie nach ihm fragten und sie ihnen sagen musste, dass sie nichts wusste, aber sie durften ihn nicht in diesem Zustand sehen. 

Sie war gerade mit einem Tablett, auf dem sie einen Kamillentee und ein Zitronenwasser balancierte, auf dem Weg ins oberste Geschoss. Ihre Gedanken waren jedoch ganz woanders. Sie wusste einfach nicht, wie sie Aiden helfen konnte. Wie sie allen hier helfen konnte. Das konnte nicht ewig so weiter gehen. 

Mina war so in Gedanken, dass sie die letzte Stufe übersah und hingefallen wäre. Allerdings hatte sie jemand rechtzeitig an den Schultern festgehalten. Nur der Tee und das Wasser schwappten etwas über.

Sie blickte hoch und schaute Mr. Moore ins Gesicht. "Danke.", sagte sie lächelnd. Der alte Mann lächelte zurück. "Kein Problem. Alles in Ordnung, Miss?" "Ja, klar." Er ging eine Weile neben ihr im Flur her. 

"Haben Sie schon das Neueste gehört?", fragte Mr. Moore in die Stille hinein. "Was für Neuigkeiten?" "Mr. Carter will morgen Abend eine Gala ausrichten." "Was!?" Vor Schreck hätte sie beinahe das Tablett fallen lassen. "Wieso um alles in der Welt das denn? Es ist wohl gerade ein alles andere als passender Moment für eine Feier!" "Ich weiß, Miss. Deshalb ist ja so beunruhigend. Wir sollen bis morgen um neun Uhr alles fertig haben. Dann kommen die ersten Gäste. Oh und er möchte, dass Sie und der junge Mr. Carter auch auftauchen." "Ich weiß zwar nicht, was das bringen soll, aber ich komme. Nur für Aiden kann ich nichts garantieren." "Schon gut. Das wissen wir." Mit diesen Worten ließ er sie wieder allein. 

Verwirrt kam Mina vor Aidens Tür an. Sie klopfte nicht. Sie war immer noch ein bisschen sauer. Als sie jedoch den jungen Grafen am Fenster stehen sah, mit all den Verbänden und dem traurigen Ausdruck in den Augen, verflog ihre Wut. Er schien sie erst zu bemerken, als sie das Tablett abstellte und neben ihn trat. 

"Geht es dir gut?", fragte sie. "Ja." "Du lügst." "Wenn du weißt, dass ich lüge, warum fragst dann überhaupt?" "Ich wollte wissen, ob mir nicht wenigstens einmal die Wahrheit sagen kannst." "Ich hab dich nie angelogen." "Du hast mir aber auch nie erzählt was wirklich mit dir los ist! Jedes Mal gehst du einfach weg und sagst mir, dass ich mich raushalten soll!" "Das ist nur zu deinem Schutz!" "Wovor muss ich denn beschützt werden? Vor dir? Im Garten hättest du mich angreifen können, hast es aber nicht getan! Also erzähl mir nicht, dass du für mich irgendeiner Weise gefährlich bist. Das kann und will ich auch nicht glauben!" 

Er trat näher an sie heran. Wieder umfing sie dieser wundervolle Waldgeruch. "Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du einen echten Dickschädel hast?", raunte er. Sie konnte sich ein einfaches Grinsen nicht verkneifen. "Wenn du wüsstest..." Er beugte leicht den Kopf, als wolle er sie küssen. Ein Klopfen an der Tür ließ beide auseinander fahren. "Herein.", sagte Aiden. Sie rannte förmlich zur Tür und drängelte sich an Mrs. Ortega vorbei, die ihr mit einem Eimer und einem Wischmopp nachstarrte. 


Die Schöne und das Biest (Märchenadaption)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt