Zwanzig

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Den ganzen nächsten Tag begegnete Mina Aiden nicht. Er hatte sich wohl in seinem Zimmer verkrochen. Oder er hatte sich bereits aus dem Staub gemacht. Aber sie wollte das nicht glauben. Andererseits hatte er wohl am vorherigen Abend seine klare Meinung ihr gegenüber geäußert. Ethan und Olivia strahlten seit der Gala richtig.

"Hattet ihr Spaß?", fragte sie die beiden als sie mit ihnen Karten spielte. Olivia grinste breit. "Und wie! Vor allem Ethan! Er hat nämlich mit Mrs. Grahams Tochter getanzt!" Dieser knuffte seine Schwester in die Seite. "Hey, du Petze!" Mina konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. "Und? Gab es einen Gute-Nacht-Kuss?" Ethans Wangen färbten sich augenblicklich rot. "Ich ... ähm ... also ... NEIN!" Olivia kugelte sich vor Lachen. Schließlich lächelte auch Ethan. Mina liebte die beiden inzwischen wie ihre eigenen Geschwister. 

Sie versuchte sich nur auf die beiden zu konzentrieren. Sie wollte nicht an Aiden denken, aber sie machte sich Sorgen. Sie musste sich auf den Abend vorbereiten. Es war egal, was Aiden gesagt hatte. Sie musste ihm helfen. 

Sobald die Sonne hinter den Bergen verschwunden war, setzte sie sich in den Garten und wartete. Sie wartete und wartete ... nichts geschah. Natürlich gab es keine Uhr und langsam verlor sie das Zeitgefühl, aber sie war sich sicher, dass sie gut zwei Stunden nur da saß.

Zumindest schienen die Sterne am Himmel. Dadurch war sie nicht ganz allein. In diesem Moment fragte sie sich, was wohl passiert wäre, wenn sie einfach zu Hause geblieben wäre. Sie könnte mit ihrem Bruder und ihrem Großvater in ihrem Garten in Mirrorvalley sitzen und den hausgemachten Tee nach dem Rezept ihrer Großmutter trinken. Sie könnte bei ihrer Familie sein. 

Und dennoch war Mina irgendwie froh, dass sie sich für den Job entschieden hatte. Sie bereute es nicht, Aiden kennengelernt zu haben. Sie bereute es nicht, Ethan, Olivia und die guten Menschen, die sich schon so lange um die Carters kümmerten, kennengelernt zu haben. 

"Du bist dir nie sicher, was du wirklich willst, oder, Mina Connor?" Erschrocken drehte sich Mina zu der Quelle der Stimme um. Eine sehr, sehr alte Frau stand vor. Ihre schlohweißen Haare hingen ihr in Wellen über die Schultern. Ein fast bodenlanger, schwarzer Mantel überdeckte das weiße Kleid, das sie trug. Ihre Augen waren weder braun noch bernsteinfarben, nein, sie waren richtig goldfarben. 

"Woher kennen Sie meinen Namen?" Die Frau lächelte leicht. "Ich bin gerade vor dir aus dem Nichts aufgetaucht und das ist deine erste Frage?" "Schön, dann sagen Sie mir, ob Sie die Magierin sind, die Aiden verflucht hat." Damit schien sie ihr Interesse gewonnen zu haben. Ihr Lächeln ging in ein verschlagenes Grinsen über. "Und warum willst du das wissen?" Mina schluckte schwer. "Ich ... ich möchte Sie darum bitten, dass Sie Aiden von dem Fluch befreien!" 

Die alte Dame lachte. Sie stand einfach nur da und lachte. Mina hatte wirklich keine Ahnung, was an ihrer Bitte so witzig war. Langsam wurde es ihr zu bunt. Sie stemmte die Hände in die Hüften. Etwas, das ihr doch ein wenig schwer fiel, denn die Magierin wirkte trotz ihres Alters etwas einschüchternd. "Was genau amüsiert Sie so sehr?" "Die Tatsache, dass er es dir nicht gesagt hat." "Wer soll mir was gesagt haben?" "Aiden. Bei seinem Ego wundert es mich, dass er dir nicht erzählt hat, wie man den Fluch brechen kann." "Warum heben Sie den Fluch nicht einfach auf und wir alle können unser Leben glücklich weiterführen?" 

Plötzlich wirkte die alte Frau ernst. "Ich kann den Zauber nicht aufheben. Entweder er wird gebrochen oder er währt ewig." "Wie kann man ihn brechen?" 

"Indem man etwas tut, das ich nie von dir verlangen würde." Eine dritte Stimme erhob sich. Diesmal war es die von Aiden. Seine Augen glühten förmlich, als wäre er kurz davor, wieder zum Biest zu werden. 

Die Schöne und das Biest (Märchenadaption)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt