Kapitel 38

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Eine ältere Frau empfing uns und deutete die Treppe hinauf. „Dort findet ihr einen Gemeinschaftsraum. Verzeiht, dass es keine Einzelzimmer mehr gibt, aber diese sind alle belegt. Es gibt sehr viele Bands, die sich auf den Weg hier her gemacht haben", sagte sie mit einem Lächeln, das mich an eine nette, alte Großmutter erinnerte.

„Am Ende des Ganges findet ihr die Bäder", erklärte sie und führte uns dann zu einer Tür. Dort gab es auf jeder Seite fünf Betten und zwei große Kleiderschränke.

„Ich hoffe ihr habt eine geruhsame Nacht." Sie lächelte uns noch einmal an, ehe sie den Raum verließ und wenig später kam auch Orion zurück.

Ich achtete nicht weiter auf die anderen, suchte mir ein Bett, ließ meinen kleinen Koffer, den irgendjemand wohl für mich fertig gemacht hatte, neben dem Bett fallen und begann mich auszuziehen.

„Aurora, du kannst doch nicht...", begann Odin geschockt und auch Kian stammelte etwas vor sich hin.

„Ich bin müde, ich geh schlafen", erklärte ich und achtete nicht darauf, dass Venom mich mit einem Grinsen im Gesicht betrachtete, während Jack nicht wusste, ob er hinschauen, oder wegschauen sollte.

Nachdem ich nur noch Unterwäsche trug, schlüpfte ich unter die Decke, drehte mich zur Wand und tat so, als würde ich schlafen.

Eine Weile passierte nicht viel, während ich zuhörte, wie die anderen ihre Sachen einräumten. Ich hatte wirklich keine Lust auf Smaltalk. Dazu war ich zu erschöpft. Nicht körperlich, aber mein Geist war nicht ganz da. Dennoch hörte ich die anderen leise reden.

Sie hatten sich wohl in der Nähe des kleinen Tisches niedergelassen.

„Warum haben wir uns ausgerechnet dieses Dorf ausgesucht?", fragte Daliah leise. „Die Leute hier sind komisch", fügte sie hinzu und ich hörte ihre Nervosität bis hier her, obwohl ich am anderen Ende des Raumes lag.

„Hier findet in den nächsten Tagen einer der Contests statt und es lag am nächsten", erklärte Kian, während ich jemanden in etwas blättern hörte. Vielleicht eine Zeitschrift, oder ein Flyer, ich konnte es nicht sagen. Trotzdem war ich irgendwie neugierig, was sie so besprachen.

„Glaubt ihr die Leute hier könnten gefährlich werden?", fragte Jack deutlich angespannt.

„Nein, aber sie wirken, als wollten sie keine Fremden hier haben und trotzdem freuen sie sich, dass wir hier sind", erklärte Odin langsam und ich fragte mich, wie man so widersprüchlich fühlen konnte. „So etwas habe ich früher nur erlebt, wenn ein Drache Besuch hatte", erklärte Odin weiter. „Dann waren die Dorfbewohner nicht erfreut Fremde und möglicherweise gefährliche Leute an ihren Drachen zu lassen, gleichzeitig hätten diese aber nicht gezögert sie zu den Treffen zu schleifen, denn es gehörte sich nicht einer Einladung nicht nach zu kommen."

„Glaubst du hier gibt es ein magisches Wesen?", fragte Sarah nachdenklich und besorgt.

Ich versuchte meinen Kopf weiter unter der Decke zu vergraben, um meine Ruhe zu haben, als ich etwas hörte. Nur sehr leise, doch es war unglaublich angenehm.

Ein Stuhl wurde zurückgeschoben und auch ich konnte dem Drang nicht widerstehen und schälte mich aus dem Bett. Kurz darauf stand ich neben Venom am offenen Fenster und hielt mein Ohr hinaus in den Wind.

Eine sanfte Melodie streifte mein Ohr und es war, als würde der Wind in den Blättern ein Lied singen. Es beruhigte mich auf eine Art und Weise, die ich nicht beschreiben konnte. Aber ich fühlte mich plötzlich viel ausgeglichener. Als wäre überhaupt nichts wichtig.

Ich lauschte eine ganze Weile, als ich plötzlich spürte, wie mir jemand etwas über die Schultern legte. Ein Blick nach hinten verriet mir, dass es Kian war, der mich aus meinen Gedanken gerissen hatte.

„Es ist kalt, du solltest wenigstens etwas anziehen", erklärte er mir und ich zog das Tuch enger um mich. Eigentlich war es nicht kalt, aber die Geste wärmte mich trotzdem und brachte mich beinahe zu einem Lächeln.

Kian musterte mich nachdenklich, ehe er zu Venom blickte und bemerkte, dass auch dieser abwesend war. Er schüttelte den Kopf und klopfte ihn auf die Schulter. Venom zuckte nicht einmal.

„Glaubt ihr das könnte ein Drache sein?", fragte ich, weil ich mich gerade gut genug fühlte, um ein wenig Konversation betreiben. Hätte ich allerdings gewusst, zu was diese Frage führte, hätte ich geschwiegen.

„Das können wir nur herausfinden, indem wir nachschauen", erklärte Venom und hatte schon einen Fuß auf dem Fensterbrett.

„Warte, wir sind...", rief ich, doch da war er schon gesprungen. „Dritten Stock", seufzte ich und blickte nach unten. Dieser Typ war wirklich unglaublich. Ich erwartete ihn verletzt vorzufinden, doch er grinste nur zu mir nach oben.

„Mach dir keine Sorgen, Drachen können sowas", erklärte mir Kian und tätschelte beruhigend meine Schulter. Ach so? Wir konnten sowas?

Ich wusste nicht genau warum, aber irgendwie gefiel mir die Vorstellung etwas Verrücktes zu tun und kaum war der Gedanke zu Ende, war ich Venom schon hinterher gesprungen.

Ich spürte den Luftzug und dann den harten Boden, auf dem ich mit meinen Füßen aufkam und kurz in die Hocke ging.

Oh, Kian hatte Recht. Es war überhaupt nicht schlimm.

Ich drehte mich zum Fenster um und musterte Daliah und Sarah, die sich beide aus dem Fenster lehnten und mir panische Blicke zu warfen.

Innerlich musste ich grinsen, doch äußerlich blieb ich ruhig und hob meine Hand, ehe ich Venom in den nahegelegenen Wald hinein folgte.

Es wurde Zeit meine Gedanken mit etwas abzulenken und diese verrückte Suchaktion kam mir gerade gelegen.


Dragon Hill ~Verfluchte Kinder~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt