Kapitel 3:
Das Auto hielt und ich wusste, dass ich aussteigen musste, doch ich war so nervös, dass ich mein Herz heftig in meiner Brust schlagen hörte. Ich war der Meinung, dass es bestimmt jeder hören konnte, doch meine Eltern sagten nichts.
Sie stiegen aus und ich konnte nur weiterhin sitzen bleiben, während ich zwischen ihren Sitzen hindurch auf das riesige Eingangstor starrte.
Wo war ich denn hier? Das war doch kein Internat. Das war ein Herrenhaus und es würde mich nicht wundern, wenn man hier auch Dienstmädchen fand, oder so etwas in der Art.
Es war schön, ohne Frage. Das kleine Vordach, das von Efeu bewachsen war. Die Säulen, von denen leise und fast unbemerkt Wasser floss, hatten ihren ganz speziellen Reiz. Doch all das hier war nicht, wie ich es mir vorgestellt hatte. Alles wirkte persönlich und gemütlich. Wo war das gewohnte Anstaltsgefühl und die unpersönlichen, weißen, schlichten Fassaden? Und vor allem: Wo waren die Schüler? Müsste es nicht jetzt von Schülern wimmeln? Pause gab es hier wohl nicht, oder die ganzen Schüler waren Sonnenscheu, oder hatten einfach keinen Hunger auf Mittag. Ähnlich wie ich. Vor Nervosität war mir der Hunger schon lange vergangen und das belegte Brot, das ich vor ein paar Stunden gegessen hatte, schien noch immer zu reichen.
Diese Fassade war alles andere, als schlicht. Vielleicht auf den ersten Blick, doch wer länger hin blickte, konnte Muster erkennen, die sich über das ganze Gebäude zogen.
Meine Tür öffnete sich und ich zuckte überrascht zusammen, ließ mir aber nichts anmerken. Die Idee vielleicht doch wieder nach Hause zu fahren, hatte sich schon zu sehr in meinen Kopf gebrannt. „Aurora, möchtest du, dass wir wieder umkehren?", fragte meine Mom fast schon hoffnungsvoll. Wie sie sich wohl fühlte, wenn sie daran dachte, dass sie ihre Tochter hier abgeben musste?
Wahrscheinlich ähnlich hilflos und resigniert wie ich. Dennoch blieb ich bei dieser Idee!
„Nein, schon in Ordnung, Mom", sagte ich lächelnd, auch wenn mir nicht danach war. Diese Umgebung erschlug mich förmlich. Wie sollte ich denn hier bitte zurechtkommen?
Ich versuchte Mut zu fassen und irgendwie gelang es mir, aus zu steigen. Und dass, obwohl meine Beine sich anfühlten wie Pudding und nervös zitterten. Ich musste mich wirklich zusammenreißen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren und unelegant zu Boden zu krachen.
Erschlagen von der Umgebung und dem Duft nach Natur, blieb ich jedoch nicht weit vom Auto entfernt stehen, um mich ein wenig an die Umgebung zu gewöhnen und mein heftig klopfendes Herz zu beruhigen.
Das war jetzt der entscheidende Schritt.
Ich sagte mir, dass es nicht für lange war und ich mit den meisten Situationen, die hier auf mich warteten, vertraut war, doch das beruhigte mich nicht.
Auch der Entschluss niemanden zu vertrauen, mich nicht tiefgründiger mit anderen anzufreunden und sie nicht an mich heran zu lassen, brachte mir kaum mehr Selbstbeherrschung ein.
Stattdessen spürte ich wieder diesen Schmerz, den man nur kannte, wenn man verraten wurden war.
Aber das war schon längst verjährt.
Entschlossen atmete ich tief ein, um mich wieder auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren.
Je länger ich mich in den Gärten umblickte, desto weniger hatte ich das Gefühl, hier hinein zu passen.
Vielleicht hätte ich meine Haare hochstecken sollen. Oder wenigstens ein Kleid anziehen.
Obwohl der schwarze Rock und das rote Oberteil eine gewisse Eleganz ausstrahlten, waren sie für eine solche Umgebung doch unpassend.
![](https://img.wattpad.com/cover/123280018-288-k67467.jpg)
DU LIEST GERADE
Dragon Hill ~Verfluchte Kinder~
FantastikIch habe mich schon immer gefragt, was manche Leute dazu brachte, dumme Dinge zu tun. Jetzt weiß ich es, denn das hier war eindeutig dumm. Anders konnte ich es mir nicht erklären, warum ich mich auf diese blöde Idee einließ, auch wenn sie von mir ka...