Kapitel 5:
„Das ist die erste Direktorin dieser Schule", erklärte mir Sarah freundlich und trat zu mir, als hätte sie alle Zeit der Welt. Sie stand da und blickte mit mir stumm hinauf auf das Gemälde, während ich sie aus den Augenwinkel betrachte. Sie wirkte nachdenklich und ein wenig traurig. Ob sie diese Frau kannte? Mein Blick glitt auf das Datum. Unwahrscheinlich, dazu war diese Frau schon vor zu langer Zeit gestorben. Aber vielleicht verehrte sie diese ja. Wer wusste das schon. Ich jedenfalls nicht.
Ich hingegen konnte kaum auf sie achten. Hatte ich den Verstand verloren? Ich konnte schwören, dass die Frau auf dem Portrait geblinzelt hatte!
„Sie wirkt irgendwie...", begann ich, wusste jedoch nicht, was ich sagen sollte. Außerdem wollte ich auch nicht gleich am ersten Tag etwas wirklich Dummes sagen.
„Unheimlich?", schlug die junge Frau vor, die gefühlt in meinem Alter war. Je länger ich mit ihr zusammen war, desto mehr hatte ich das Gefühl eine Freundin und keine Direktorin neben mir zu haben. Wirklich seltsam.
Ich nickte zustimmend.
„Das geht vielen Schülern so. Ich habe Brom schon oft gebeten die Lampen hier endlich einmal richtig einzustellen, doch das wird wohl nichts. Immer wieder sorgen die Schatten dafür, dass die Schüler sich vor den Gemälden gruseln", seufzte sie. „In der Nacht ist es besonders schlimm. Dabei sind es doch nur Gemälde", klagte sie und tat mir damit fast leid.
Ich konnte mir gut vorstellen, dass sie als Direktorin einer solchen großen Schule viel zu tun hatte.
„Um in die nächste Etage zu kommen, musst du diesen Gang entlang und dann die Wendeltreppe dort hinauf", wies sie mir an und deutete mit ihrem Finger den Gang mit den gruseligen Gemälden entlang. Dann zog sie etwas aus ihrer Tasche. Es war ein kleiner, silberner Schlüssel, der an einem Kettchen ging. Diesen überreichte sie mir.
„Deine Zimmernummer ist die 275. Nicht zu verfehlen", fügte sie hinzu und damit schien das Thema für sie beendet. Als sie sich abwandte, schien ihr allerdings noch etwas einzufallen. „Deine Sachen sind schon auf deinem Zimmer." Ein Nicken ihrerseits und nun war das Thema komplett durch. Sie drehte sich um und ließ mich zurück. Nun, wenn man bedachte, wie viel sie mir bereits in ihrem Büro erzählt hatte, waren weitere Worte wohl unnötig. Nur konnte ich mich immer noch nicht an viel erinnern. Hätte ich doch bloß zugehört! Doch in der Gegenwart meiner Eltern hatte ich mich einfach zu beschützt gefühlt, um mir klar darüber zu sein, was auf mich zukam.
Ich atmete tief ein und machte mich auf den Weg, um mein Zimmer zu suchen.
Der Gang war wirklich unheimlich, vor allem, da das Licht einige Schatten warf, die ich mir nicht erklären konnte. Es ließ mich vorsichtig werden und ich beobachtete meine Umgebung sehr genau.
Meine Aufmerksamkeit wurde erneut von einem Schattenspiel auf einem Bild auf sich gezogen und ich trat näher an das Portrait. Eine jüngere Frau. Wohl auch eine Direktorin. Sie wirkte freundlich, aber auch irgendwie falsch. Mir persönlich wirkte das Bild zu lebendig. Als würde sie mich ansehen.
Unheimlich irgendwie. Ich bekam Angst, dass sie mich jeden Moment anspringen konnte.
„Buh."
Ich zuckte heftig zusammen und kreischte atemlos auf, während mein Herz heftig in meiner Brust schlug.
In meiner Erstarrung brauchte ich einen Augenblick zu lange, um mich herum zu drehen und so konnte ich gerade noch erkennen, wie ein junger Mann mit wasserstoffblonden Haaren und einem Körper wie ein Sportler um die Ecke bog und verschwand.
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Dragon Hill ~Verfluchte Kinder~
FantasyIch habe mich schon immer gefragt, was manche Leute dazu brachte, dumme Dinge zu tun. Jetzt weiß ich es, denn das hier war eindeutig dumm. Anders konnte ich es mir nicht erklären, warum ich mich auf diese blöde Idee einließ, auch wenn sie von mir ka...